Blue Nun heißt wahrscheinlich die weltweit berühmteste Weinmarke Deutschlands - die in Deutschland jedoch (fast) keiner kennt. Blue Nun wurde von der Firma H. Sichel Söhne (Mainz) im Jahr 1923 mit dem Jahrgang 1921 eingeführt und war zwischen den 1950er- und 1980er-Jahren eine sehr beliebte Marke, die von Peter Sichel (geboren 1922) zum globalen Erfolg geführt wurde. Die Sichels waren eine deutsch-jüdische Familie. Als die Nazis an die Macht kamen, floh Peter nach Bordeaux, wo das Familienunternehmen eine Niederlassung unterhielt. Später ging er in die USA, wo er für den Geheimdienst arbeitete, unter anderem in der CIA-Niederlassung von West-Berlin. Die meiste Zeit ihres Bestehens war die "Blaue Nonne" eine weiße Cuvée aus Müller-Thurgau, Silvaner und Gewürztraminer, die bis Ende der 1990er Jahre als "Liebfraumilch" eingestuft wurde - ein Begriff, der zu jener Zeit beliebig für süßliche deutsche Weißweine genutzt wurde. Bis 1995 die Regulierung erfolgte. Seitdem darf "Liebfrauenmilch" nur auf Weißweinen mit den Rebsorten Riesling, Müller-Thurgau, Silvaner und/oder Kerner aus den Anbauregionen Nahe, Pfalz, Rheingau und Rheinhessen mit mindestens 18g Restzucker/Liter stehen, ohne dass die Rebsorten erwähnt werden. Die Idee hinter der Blue Nun war, dass der Markt nach einem verbraucherfreundlichen Etikett als Alternative zu den unlesbaren deutschen Weinetiketten mit gotischer Schrift und langen, komplizierten Namen schrie. Hat sich leider nicht sooo viel geändert seitdem... Ab den 1950er-Jahren wurde Blue Nun als Wein beworben, der während einer ganzen Mahlzeit getrunken werden kann, wodurch das oft einschüchternde Problem der Kombination von Wein und Speisen beseitigt wird. Man kann sagen, dass Blue Nun der erste Wein war, der mit Blick auf einen internationalen Massenmarkt produziert und effektiv vermarktet wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg erfreute sich die Marke in Großbritannien und den USA großer Beliebtheit und wurde zum gleichen Preis wie ein Deuxième Cru aus dem Bordelais verkauft. Auf dem Höhepunkt ihrer Popularität in den Jahren 1984 bis 1985 lag der jährliche Absatz in den USA bei 15 Millionen Flaschen, weitere 8,5 Millionen wurden auf anderen Märkten verkauft. Ab den späten 1980er-Jahren und vor allem in den 1990er-Jahren begannen im Zuge des sogenannten Glykol-Skandals die leicht zu trinkenden, halbsüßen deutschen Weine an Beliebtheit zu verlieren. Infolgedessen sank die Popularität der Marke und der Wein wurde allmählich als geschmacklos und veraltet empfunden. Der Absatz stieg wieder an, nachdem Blue Nun vom deutschen Familienunternehmen Langguth mit Sitz an der Mosel aufgekauft und weniger süß abgefüllt wurde. Der Alkoholgehalt blieb mit 9,5% Vol. weiterhin relativ niedrig. Ab 2001 leitete Langguth eine Markenerweiterung ein und brachte weitere Weine unter dem Namen Blue Nun auf den Markt, darunter eine alkoholfreie Version, einen Merlot aus dem Languedoc und einen spanischen Rosé. 2009 kam Blue Nun Gold auf den Markt, ein Schaumwein mit 22-karätigen Goldplättchen. Man erhoffte sich, dass das Getränk junge Frauen ansprechen und dazu beitragen würde, die Marke hochwertiger zu positionieren. Eine ähnliche Erfolgsgeschichte wie Blue Nun schrieb die deutsche Weinmarke Black Tower von Reh Kendermann, die in Deutschland ebenso wenig bekannt ist, aber als Exportwein weltweit millionenfach verkauft wird.