Goldgelbe Riesling- und schwarzblaue Spätburgundertrauben leuchten in der Herbstsonne. Der Winzer geht durch seine Weinberge, steckt sich hier und da ein paar Beeren in den Mund und bewertet den Reifezustand. Laut Zuckergehalt in Grad Oechsle (gemessen mit dem → Refraktometer) sind diese Trauben schon seit einer Woche reif genug und dennoch wartet er mit der Lese. Warum eigentlich? Reife kann man nicht so einfach messen, denn sie besteht aus vielen Faktoren. Neben dem Zuckergehalt sind auch der Säuregehalt, die Phenolreife und Aromakonzentration wichtig. Aus der Biologie entlehnt man sich den Begriff Physiologische Reife für das Gesamtpaket der idealen Traubenreife nach messbaren Inhaltsstoffen in Kombination mit reifen Aromen. Schlussendlich ist die Balance aus allem wichtig, damit ein leckerer Tropfen entsteht. Reife Aromen schmeckt man in der Traube und später im Wein, egal was die messbaren Werte ergeben. Jeder Winzer hat hierbei seine eigene Philosophie der idealen Physiologie seiner Reife.