Ich bin alt genug, um mich an viele „einfache“ Champagner zu erinnern, die noch den exklusiven Champagner-Geschmack hatten, der den Unterschied zu einfachen Sekten, aber auch zu Schaumweinen nach Champagnermethode ausmachte.
Champagner war früher mal einzigartig. Das hat sich in den letzten Dekaden auffällig geändert.
Dafür gibt es zwei Gründe. Erstens: Viele Winzerhäuser und Schaumweinhersteller vor allem in Spanien und Deutschland setzen vermehrt auf Qualität und Diversifikation, was mit den höheren Verdienstmöglichkeiten zusammenhängt.
Und zweitens: Die etablierten Champagnerhäuser haben in der Massenproduktion zunehmend auf Qualität verzichtet.
Man darf inzwischen vermuten, dass sehr große Häuser zwei bis vier Qualitäten abfüllen. Und für die neuen Märkte (Russland, China) gibt es eventuell (bitte beachten, dass es sich hier nur um kolportierte Vermutungen handelt) minderwertige Ware.
Das bedeutet, dass man heute von den großen Häusern nicht mehr jene Champagner erwarten kann, die den großen Abstand zu anderen Schaumweinen schon beim ersten Schluck klar machen.
Aber da sind ja noch die kleineren Häuser, die schon immer akzeptable und einwandfreie Ware geliefert haben und nicht bei jedem Blitzlicht-Event versuchen, St. Tropez-Flair zu verbreiten. Wobei wir unter „kleine Häuser“ auch Kellereien verstehen müssen, die jährlich zwischen 700.000 und zwei Millionen Flaschen füllen. Wenn nicht sogar mehr.
Von diesem Mittelstand der Champagnerfüller kommen seit Jahren schon die besten einfachen Champagner, die man Novizen vorsetzen muss, damit sie verstehen, wie Champagner einst schmeckte. Unter Novizen verstehe ich auch jene Leute, die all diese Fashion-Show-Champagner der letzten Jahre schlürften. Sie dürfen von vorne beginnen.
Zum Beispiel mit dem Bollinger Brut Special Cuvée, der einfachste Champagner dieses Traditionshauses. Auch er ist sehr feinperlig und auf Eleganz gebaut, hat jedoch mehr Körper und einem angenehm-aufdringlichen Stil. Ein muskulöser Vertreter, der meiner Meinung nach deutlich von der hohen Qualtät der hierfür verwendeten Pinot-Noir Trauben zehrt, die mehr als 50% der Cuvée ausmachen. Saftig, fleischig. Und extrem tauglich, um ein Essen zu begleiten.
Und noch etwas, das ich diesen Novizen mitgeben möchte: die korrekte Aussprache. Bei Bollinger eiern viele rum, genauso wie bei Taittinger. Heißt es nun französisch-gehaucht Bollonschä mit Betonung auf dem „ä“ oder ganz geradeaus Bollinger, als wäre das Haus eine Metzgerei in der Pfalz?
Ich sage Bollinger immer auf die deutsche Art. Und das nicht nur, weil es mir so besser gefällt, sondern weil ich in das Geschichtsbuch der Firma geguckt habe.
Die Historie des Hauses führt uns zur Gründerfamilie Hennequin de Villermonts, die schon im 18. Jahrhundert Wein produzierte.
1803 kam Jacob Joseph Placidus Bollinger im deutschen Jagst zur Welt. Das liegt heute im östlichen Baden-Württemberg, ca. 17 Kilometer nördlich von Aaalen. 1822 packte Bollinger seine sieben Sachen, ging in die Champagne und begann für Müller-Ruinart zu arbeiten. Ruinart? Das hat mit dem Haus gleichen Namens wenig zu tun. Es gab damals bei Veuve Clicquot-Ponsardin einen berühmte Kellermeister namens Anton Müller, der eine Dame aus der Champagnerfamilie Runiart ehelichte und gemeinsam mit ihr sein eigenes Schaumweinhaus gründete. Die Firma existiert heute nicht mehr.
Zu jener Zeit zog es viele Deutsche in die Region. Zum Beispiel Johann-Joseph Krug aus Mainz (das zu seiner Geburt französisch war) oder Florenz-Ludwig Heidsieck aus Brockhagen bei Gütersloh. Beide Namen muss ich nicht erklären.
Bollinger und Villermont bekamen eine Tochter, welche ihrerseits zwei Söhne zur Welt brachte: Joseph und Georges. Die beiden Enkel des alten Bollinger kauften Rebflächen zu und machten die Marke durch fortschrittliches Marketing bekannt. Der Jackpot kam, als 1884 Queen Victoria Bollinger zum offiziellen Hoflieferanten des Britischen Königshauses ernannte.
Mit diesem mehr der weniger unnützen Wissen entlasse ich euch in den Alltag zurück, auf das ihr beim nächsten Smalltalk mit dem Champagnerglas in der Hand brillieren könnt. Lasst es prickeln.
Hier gibt es den Pol Roger noch online zu bestellen, wer mag: http://www.tvino.de/tvitem/2928191?collection=24059554
Auf Amazon gibt es auch Pol Roger zu kaufen:
http://www.amazon.de/Pol-Roger-Champagner-R%C3%A9serve-Flasche/dp/B003P54YLS/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1293613222&sr=8-1
der captain muss den pol roger schon mal empfohlen haben. warum sonst hätt ich ihn im kühler?
soviel auch zum thema ob die tipps bei den matrosen ankommen…
Captain, die Herren Maate,
Wie würde sich denn Ihrer Meinung nach ein Nicolas Feuillatte Grand Reserve ins obige Bild einordnen? Wir sind hier keine ausgewiesenen Kenner des Champagner, empfanden diesen aber als wirklich sehr sehr lecker; vor allem für nur 22 Euro.
Mit besten Wünschen und Grüßen,
Ihr
Leutnant zur See
mir sind einfach leute unsympathisch die bei amazon wein kaufen. im grunde weiss ich das dies dem früheren gedanken des greislers entspricht, aber weinkaufen ist vertrauenssache. wenn man nicht so was wie des captains virtuelle seite kennt verlässt man sich auf jemanden der sich(mehr oder weniger) auskennt.
ansonsten mag ich keine schaumweine, pfui deibl. warum kohlensäure reinpressen wenn auf der anderen seite des weins kohlensäure (auch die natürliche) als schwerer fehler angesehen wird im endprodukt??? naja, damals in der elite und auch heute musste man immer anders sein. hilft, glaub ich.
die armen champagnerhäuser produzieren zu viel in der krise??? trotzdem sind in dieser jahreszeit die keller der verfügbaren brausen leer! zumindest die ich kenne. und manche märkte, wie in den usa, da produzieren sie den eigenen champagner, fast jedes der angestammten champagnerhäuser hat mindestens ein wenn nicht 2 weingüter in kalifornien zur eigenen sektproduktion. mit teilweise happigen preisen, aber auch überraschenden ergebnissen.
die armen champagnerhäuser in der krise. das ich nicht lache. so lange es artikel wie diese gibt ist die krise weit weit weg! frohes neues jahr.
herr leutnant,
billig.. probieren sie den pol roger – ich kann mich da dem maat nur anschliessen!
meine lieblingseinstiegsdroge!!
feuillate ist ein ausgesprochen oxidativer champagner! mehr als die 22 euro ist er nicht wert!
Ich möchte beim Thema Nicolas Feuillatte doch recht deutlich widersprechen: Der Millesime Cuvee 225 ist sehr gut und für einen Palmes d’Or 1997 lasse ich sehr gerne alle vom Maat erwähnten Champagner stehen! Und wenn es dann vielleicht noch der Palmes d’Or Rose, z.B. von 2002 ist … 🙂
Captain, my Captain,
wo ist denn plötzlich der im Dezember 2009 noch von Ihnen gelobte Roederer abgeblieben?
Ich habe mir an den Feiertagen mit meiner Familie ausnahmsweise einen Vintage – Roederer von 2004 gegönnt.
Ein herrlich luxuriöses Vergnügen. Sehr samtig-cremig mit intensiven Aromen von überreifem Obst mit geschmeidiger Säure und gutem Nachhall (nicht nur in der Nase…)
Mit den besten Neujahrswünschen! Carpe diem.
Dr. S. Feiler
bei twitter: Halluxinfo
Gähn…. Pol, Gosset und Bollinger. Supertolle Tipps, die ich auch in der Edeka-Beilage der Lokalpresse hätte finden können. Geht’s noch langweiliger? Ach ja… Möt,Wöv,Mercier.
Mal im Ernst, warum tauchen hier keine ordentlichen Winzerchampagner auf sondern nur die großen Häuser, welche die Food’n’Wine Schreiberlinge schon seit Jahr und Tag feiern?
Für alle die obiges auch langweilig fanden:
Selosse V.O.
Diebolt Valois 2002 B2B GC
Moncuit Delos
Sämtlich an Novizen getestet und für gut befunden.
Und im Massenmarkt? Deutz, Jacuesson 7XX, und ja, von mir aus dann eben auch den Feuillatte RP für 19,90 bei uns im real.
Sehr schöner Artikel, muss ich doch wiedermal einen pol-roger probieren.
Wir haben uns heuer über die Festtage ein paar Flaschen Ruinart blanc de blancs & rose gegönnt, wie ich finde ein Spitzenchampagner, welcher imho moet, veuve & co leicht in den Schatten stellt.
Aber da champagne nicht wirklich mein metier ist, bin ich über tips immer froh.
Was haltet ihr von Ruinart? Hat er auch durch die „Massenproduktion“ gelitten?
lg
Selosse gefällt mir nicht; Delos kenne ich nicht. Und Jacuesson, Deutz oder Feuillatte finde ich allesamt zum Gähnen..
Ich gebe hier meinen Senf dazu: Für perlige und aufregende Momente kann ich als alternative die Linie von HENRIOT empfehlen! Keine Massenware, kein Markenwahn, kein neureichen-gesöff sondern einfach ein klassischer und aufregender Champagner! Fruchtig, perlig,…
Das Weingut HENRIOT gehört noch immer der Familie Henriot (Seit 1808). Kein unromantischer Luxusgüterkonzern welcher den Champagner zur Massenware verdonnert.
HENRIOT gibts unter http://www.vinorama.ch zu kaufen. Leider kenne ich den Markt in Deutschland zu wenig um zu wissen wo man ihn in Deutschland her bekommt.