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SERVE: Mädchenblut für Dracula

Einfach nur köstlich.
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Sorry für die doofe Überschrift. Aber der Captain kommt gerade von einer Rumänien-Verkostung und hat dort Wein probiert, der aus der Schwarzen Mädchentraube hergestellt wurde. Am liebsten hätte er die ganze Flasche ausgesaugt.
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Rumänien, das war mal das Weinfass des Kommunismus. Der halbe Ostblock betrank sich mit Fusel aus den Riesenkombinaten des Landes. Dann kam die Wende und mit ihr windige und weniger windige Investoren. Zu jenen, die heute übrig geblieben sind und allen Widerständen zum Trotz (ausufernde Korruption, marode Infrastruktur etc.) immer besseren Wein herstellen, gehört die Familie de Poix.

Zwischen Weltkrieg zwo und dem grausigen Ende der Ceaușescus stand der Weinbau Rumäniens unter dem Motto Mehr ist Mehr. Wein von rund 370.000 Hektar Rebland wurden in die anderen Ostblockländer und nach Westeuropa gepumpt. Das Aufspritten bis 18 Volumenprozent Alkohol war gang und gäbe.

Heute steht Rumänien in der Liste der weinexportierenden Länder auf Rang 10 und das meiste, was von dort kommt, ist keine nähere Betrachtung wert. Schaut man aber durch das Vergrößerungsglas genauer hin, findet man eine kleine Gruppe von Premiumweingütern, die Erstaunliches hervorbringen.

Praktisch überall in Rumänien finden sich feine Terroirs, die nach Winzertalenten schreien. In DOCs mit unaussprechlichen Namen gedeihen autochthone Rebsorten, die ich nur aufliste, weil man ihre Bezeichnungen bequem aus dem Internet herauskopieren kann: Tămâioasă Românească, Crâmpoșie Selecționată, Negru de Drăgășani usw.

Eine Sorte heißt Fetească Neagră, was zu Deutsch Schwarze Mädchentraube heißt. Ein Name, den man leicht im Kopf behält. Die Rebsorte bleibt auch im Gedächtnis, weil sie das Zeug für sehr gute Weine hat, die den Captain (und viele andere) stark an Blaufränkische erinnern.

Zu den Weingütern, die sich besonders hingebungsvoll dieser romantisch benamsten Sorte widmen, zählen zwei Betriebe:

  1. LILIAC, die Gründung des weinseligen österreichischen Immobilienentwicklers Alfred Michael Beck, der den teuersten Wein Rumäniens keltern lässt.
  2. SERVE, gegründet vom Pionier des neuen rumänischen Weinbaus Comte Guy Tyrell de Poix, ein Zahnarzt aus alter Weinbaufamilie. Ihm gehörte auch das Weingut Comte Peraldi auf Korsika. Leider verstarb der Graf 2011. Seither führt seine Witwe den Betrieb. Der Name SERVE steht für Societatea Euro Româna de Vinuri de Excepţie, was man gottseidank nicht übersetzen muss.

Ausländer treiben den rumänischen Qualitätsweinbau voran. Auch der deutsche Bordeauxwinzer Stephan von Neipperg macht in rumänischem Wein. Gemeinsam mit dem umtriebigen Banker Karl-Heinz Hauptmann bewirtschaftet er das Gut Alira rund 70 Kilometer von der Schwarzmeerküste entfernt.

Der deutsche Graf von Bordeaux

Auch Carl Reh (Reh Kendermann), der große Abfüller aus Bingen am Rhein, mischt mit. Der Firma gehört übrigens die erfolgreichste unbekannte Weinmarke Deutschlands: Black Tower. Angeblich 14 Mio. Flaschen pro Jahr werden davon ins Ausland verkauft. Reh Kendermanns rumänisches Weingut heißt Crama Oprisor. Ich kostete einen feinen Weißwein aus autochthoner Rebsorte, die mich sehr an Muskateller erinnerte.

Die Südtiroler Unternehmerfamilie Oberrauch (zu ihrer Textilgruppe Oberalp, die in Rumänien produziert, gehört der bekannte Outdoor-Ausstatter Salewa) betreibt in Transsilvanien das Weingut Villa Vinea. Önologischer Berater ist Celestino Lucin, im Hauptberuf Kellermeister im Weingut Kloster Neustift bei Brixen, wo der Captain neulich Weine probierte. Im familieneigenen Restaurant Haselburg bei Bozen stehen die Tropfen von Villa Vinea auf der Karte.

Auch Südtirol leidet: #ichtrinkezuhause

Zurück zum korsischen Grafen.1994 startete Guy de Poix sein Weingutsprojekt in Dealu Mare, ein Anbaugebiet im Hochland der Südkarpaten nahe bei Bukarest.

Ein Buch von Hugh Johnson hatte ihn auf die Idee gebracht. Man nennt die Region auch das rumänische Bordeaux, denn die Böden sind ideal für rote Sorten – viel Sonne, wenig Regen und eisenhaltige Erde. Neben der Schwarzen Mädchentraube (Feteasca Neagră) baut man bei SERVE auch Riesling, Sauvignon Blanc, Chardonnay, Pinot Noir, Merlot und Cabernet Sauvignon an.

Ich kostete die reinsortige Cuvée (also Lagenmischung) Guy de Poix aus der Rebsorte Feteasca Neagră, die mit mächtigen 15,5 Vol. Alkohol daherkommt, was zunächst wenig einladend wirkt. Wider Erwarten dringt jedoch ein unglaublich erfrischender und beeriger Duft durch meine Nasenlöcher ins Hirn. Ich rieche Cassis, Rote Beete, Sauerkirschkompott, Tabak, teures Kakaopulver (nicht das aus dem Supermarkt) und Lakritze. Im Mund herrlich weich und reif. Wieder Kirschkompott, Trinkschokolade, Bisquit, ganz zarte Tannine. Cremiges Mundgefühl, ordentlicher Zug, verhaltene Säure. Im Abgang Kräuterwürze und eine dunkle, elegante Süßlichkeit.

Dieser Wein war der Höhepunkt der ganzen Verkostung. Natürlich traut sich wieder mal keiner der eierlosen deutschen Importeure an diesen Wein ran, weshalb er in Deutschland auch nicht erhältlich ist.

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Datum: 7.5.2020 (Update 1.5.2022)