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Die besten grauen Burgunder

Grauburgunder-Winzer Peter Wagner.
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Der Captain fragte seine Leser auf Facebook, welcher Grauburgunder am besten schmeckt und kostete alle nach. Hier ist seine graue Liste mit Überraschungen. Weinautor Christoph Hahn probierte mit.
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Grauburgunder: Oje, stöhnt der Weinkenner und wendet sich ab. Aja, sagt der Genießer und greift zu. Selten liegen die Weinwelten so weit auseinander wie bei dieser Rebsorte, von der man nicht mal genau weiß, woher sie kommt. Aus dem Burgund, wo sie heute verboten ist, oder aus der Champagne, wo sie gerade mal einen Hektar Fläche bedeckt? Beides ist möglich. Nur eines ist sicher, der Grauburgunder ist eine Mutation des Spätburgunders, lehrt Felix Bodmanns kluge → Webweinschule.

Milde Säure und Schmelz sind die wichtigsten Eckpunkte (gibt es noch weitere?) der Rebsorte, die man Pinot Grigio ruft, wenn sie aus dem Süden kommt. Weil er meistens nicht viel kostet und (anders als der zickige Riesling) kaum beißt, ist der Grauburgunder Liebling von Wirten und Hoteliers. Wenn man aus Umfragedaten Wein pressen könnte, käme Grauburgunder raus. Grauburgunder, das ist wie wenn CDU, CSU und SPD sich auf eine Rebsorte einigen. Das Ergebnis ist etwas, das keiner braucht, aber doch irgendwie die Gläser füllt und Gelegenheit zum Abkassieren bietet.

Stop! So schlimm ist es nun auch wieder nicht, dass der Captain in die unterste Metapher-Lade greifen muss. Denn Grauburgunder ist nicht Grauburgunder, wenn er in die richtigen Hände gerät. Und weil es manchmal Sinn macht, dem Volk aufs Maul zu schauen (Martin Luther), frug der Captain seine Leser, die ihm auf Facebook folgen (immerhin fast 26.000 an der Zahl) und wollte wissen, welche ihre liebsten Grauburgunder sind. Viele antworteten brav.

Voilá, der Captain und sein wackerer Helfer Christoph Hahn probierten sich durch. Hier ist das Ergebnis, die Top-Grauburgunder der Matrosen:

Allen anderen Flaschen voran muss der Captain natürlich seinen eigenen Grauburgunder Rochen präsentieren (was für ein Name!) und kann das voller Stolz und ohne Eigenlob, weil er an der Herstellung gar nicht beteiligt war, sondern das den Profis Fabian Alber (Kellermeister in Württemberg) und Ausnahme-Sommelier André Macionga überlies. Der Captain kostete nur und entschied danach: Den will ich für meine eigene Weinlinie. Leider (oder gottseidank) gibt es diesen Wein nur in 6er-Paketen zu erwerben. Entweder mit anderen CaptainCork-Flaschen in einer Box mit 6x genau diesem Wein. Im Mund eine Explosion von Geschmack, hervorgerufen durch Extrakt und Würze. Schmelzige Textur von Sauerrahmbutter, die schon vor einer Stunde aus dem Kühlschrank gelegt wurde. Ich schmecke viel Birne, gelben Apfel, etwas Passionsfrucht, ein paar Krümel Muskatnuss, Kartoffelpürree und habe sofort Appetit auf Himmel & Erde.

Hier geht’s zur Weinlinie des Captain:

Der maischevergorene Grauburgunder „M“ von Maximilian Stigler in Ihringen am Kaiserstuhl ist ein sogenannter Naturwein, auch Orange Wine genannt. Genauso sieht er auch aus. Preispunkt: 20 Euro. „M“ steht einerseits für maischevergoren (denn der Saft lag ganze drei Wochen auf der eigenen Pampe) und andererseits für Max, dem 1988 geborene älteren Sohn von Winzer Andreas Stigler, der das Haus mit der Naturweinbewegung in Kontakt brachte. Kuriosität am Rande: Zunächst war der „M“ ein Lagenwein, doch 2018 verwehrte die zuständige Behörde die amtliche Prüfnummer, weil seine von der Norm abweichende Färbung (Lachsrosa) dem Weinrecht widerspricht. So sind sie halt, die unvermeidlichen Plagegeister der Bürokratie. Der „M“ ist ein beeindruckendes Erlebnis! Er prickelt und beißt leicht auf der Zunge, ich schmecke delikaten Schmelz, feine Säure, Bitterorange. Das ist ganz und gar kein typisches Geschmacksbild für einen Grauburgunder.

Hanspeter Ziereisens Grauburgunder Alte Reben aus der edlen Jaspis-Serie ist alles andere als günstig. Dafür eine atemberaubende Grenzerfahrung, wie viele andere Weine aus der Werkstatt dieses Meisters der Unangepasstheit. Frucht? Nicht doch! Hier toben sich die Urgewalten der Natur aus, neben Rauch sind unter anderem nasser Stein und Kräuter zu schmecken. Völlig erklären und sensorisch auseinanderpflücken lässt sich der Jaspis-Grauburgunder nicht, denn Kultwinzer Ziereisen hat da einen echten Zauberstoff gekeltert.

Das Newcomer-Bio-Weingut Trautwein am Kaiserstuhl schickte dem Captain den Lagen-Grauburgunder Fohberg, der einfach nur nach Fisch schreit. Warum das so ist, steht in meinem Trinkbericht:

Trautwein: unser Leben im Weinberg

Peter Wagner (Foto ganz oben) war jahrelang Kellermeister bei Franz Keller am Kaiserstuhl, dann übernahm er das winzige Weingut seines Vaters und keltert heute Weine von erschütternder Trockenheit. Es ist, als würde so ein Wagnerwein alle Süße im Umkreis von 10 Metern absorbieren und irgendwo im All wieder ausspucken. Wagners Lagen-Grauburgunder vom Schlossberg kostet stolze 32 Euro, ist aber jeden Cent wert. Ich rieche Feuerstein, eine gebratene Banane, einen Hauch Vanille. Das ist Spannung! Im Mund toller Zug, Volumen und Frische. Keine Spur Reife und dennoch großer Schmelz. Trocken wie die Oberfläche eines Salzsees, leichte Phenolik.

Der trockene Wagner

Der Henkenberg bei Oberrotweil am Kaiserstuhl heißt Henkenberg, weil man früher dort Menschen aufhängte, bis sie nicht mehr lebten. Konrad Salweys Großes Grauburgunder-Gewächs gleichen Namens kostet 30 Euro, ist jedoch alles andere als eine Strafe. Er lagerte ganze zwei Jahre lang auf der Vollhefe und wurde unfiltriert abgefüllt. Sensorisches Herzstück ist die Frucht eines Apfels, der wie ein besonders schöner Vertreter seiner Art auf einem soliden Sockel aus Säure thront. Kein Respekt erheischender Brocken wie andere Große Gewächse, sondern von tänzerischer Leichtigkeit geprägt. Ein moderner, deutscher Grauburgunder.

Uli Metzgers Grauburgunder aus der Pfalz ist der absolute Preis-Leistungs-Bringer in der Liste des Captain. Ein unkomplizierter, aber kein simpler Wein für knapp über 7 Euro, der tausendmal mehr ins Glas bringt als manch preisgleicher Supermarktwein. Der rinnt mit Aromen von Birne, Honigmelone und Aprikose die Kehle runter wie nix.

Schwarzer Tag mit Uli Metzger

Weiter geht’s mit der Grauburgunder-Bestenliste meiner Leser. Alle unten stehende Weine wurden von Christoph Hahn nachverkostet und beschrieben. Wer mehr über Geschmack und Machart des jeweiligen Weins wissen will, klickt einfach auf das Flaschenbild.

 

Datum: 25.5.2020 (Update 30.1.2021)
 

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