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Diese Lungarottis

Chiara Lungarotti.
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Ein Wein wie ein schwarzer Hengst: Sagrantino di Montefalco aus dem Imperium der Schwestern Chiara Lungarotti und Teresa Severini.
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Im Jahr 1999 erbten zwei junge Frauen aus Umbrien das über die Landesgrenzen hinaus bekannte Weingut Lungarotti und hatten ein Problem. Sie waren Frauen.

„Damals gab es in der Weinwelt Italiens keine einzige Frau in der eigentlichen Produktion. Es gab zwar Gattinnen und Töchter, aber in den Betrieben fand man nur Sekretärinnen“, sagt Teresa Severini.

Aber sich durchbeißen zu müssen, das war für sie nicht neu. Sie war 1979 die erste Frau an der Universität von Perugia, die ein Diplom in Önologie erwarb. Und sie hatte sich zu Hause im Städtchen Torgiano gegen eine Legende im Weinbau zu behaupten: Giorgio Lungarotti. „Er war wunderbar, liebevoll, voller Ideen und Tatendrang. Aber auch ein richtiger Macho. Er wollte immer das letzte Wort haben, neben ihm standzuhalten und eine eigene Position zu finden, war nicht leicht“, sagt Severini.

Lungarotti war es, der einst Umbrien unter Weinliebhabern überhaupt erst bekannt machte.

Zu Beginn der 60er-Jahre gab es in Italien zwei Weine mit Renommee, den Barolo aus dem Piemont und den Brunello aus der Toskana. Der Rest? Naja, breiten wir gnädig den Mantel des Schweigens darüber. In Umbrien kelterten die Bauern für den Eigenbedarf. Ihre Reben ließen sie an den Stämmen der Olivenbäume emporranken.

Lungarotti legte neue Weinberge an, richtete einen modernen Weinkeller ein und experimentierte mit Rebsorten und Methoden des Weinmachens.

Lest hier meinen Artikel über die italienische Weinlegende:

International berühmt wurde er mit einem ganz besonderen Wein: einer Cuvée aus den einheimischen Sorten Sangiovese und Canaiolo. Zehn Jahren ließ er diesen Tropfen reifen, bevor er ihn verkaufte. Außer ihm besaß damals kein Weinmacher so viel Geduld. Die brachte ihm den Spitznamen „Mouton-Rothschild Italiens“ ein.

Als Giorgio Lungarotti 1999 starb, hinterließ er seinen Töchtern einen florierenden Betrieb mit 120 Mitarbeitern. Alles Männer. Traditionelle italienische Männer.

Und dann kamen Teresa und später ihre Halbschwester Chiara daher und änderten. Nun ja, nicht alles. Aber vieles.

Von den 300 Hektar des Weinguts wurden 100 mit neuen Reben bepflanzt, die Lese der Trauben hatte noch sorgfältiger zu geschehen, die Gärtemperatur des Weines wurde gesenkt – das bringt andere Aromen im fertigen Wein mit sich – und ein neuer Keller gebaut.

Teresa sagte später über die ersten fünf Jahre: „Eine harte Zeit mit sehr viel Arbeit. Deshalb waren auch nicht alle Mitarbeiter begeistert von mir. Da kam eine Frau, übernahm das Kommando und wollte auch noch, dass sie vieles anders machen, als sie es kannten.“ Inzwischen sind die beiden Halbschwestern in der Weinwelt etabliert und füllen die großen Fußstapfen ihres Vaters aus.

Weil mir manchmal nur das Beste gut genug ist, habe ich mir von Lungarotti eine Flasche des Sagrantino Montefalco aus dem Jahr 2008 kommen lassen.

Bevor ich diese öffne, ein paar Worte vorneweg, beim Sagrantino ist das nötig.

Denn diese Rebsorte kann ein wahres Biest sein. Im Weinberg ist sie anspruchsvoll bis kapriziös, im Weinkeller oft schwer zu bändigen und am Gaumen sehr eigenwillig, manchmal sperrig. Kein Wein für Einsteiger.

Aber es gibt keinen zweiten Wein dieser Art. Sagrantino ist absolut unverwechselbar. Diese Konzentration, diese Wucht an Tanninen, das kann kaum eine andere Sorte.

Einen Sagrantino trinkt man nicht mal eben zum Vergnügen. Auf diesen Wein lässt man sich ein, oder man lässt es bleiben.

Im Glas wirkt der Wein sehr dicht, sehr konzentriert, fast schon träge schwappt er hin und her. Der Blick aufs Etikett: 14,5 Prozent Alkohol. Ich nähere mich dem Glas und. Meine Güte, der duftet ja schon, wenn die Nase noch zwei handbreit entfernt ist.

Und wie der duftet: nach eingelegter Pflaume, Kirsche und etwas Rosinen. Dann drängeln sich noch ein paar dunkle Beeren dazu. Beim zweiten Mal in´s Glas schnuppern folgen Noten von Karamell und ein wenig Vanille. Filigran ist diese Nase nicht aber Freunde üppiger Weine kommen hier voll auf ihre Kosten.

Am Gaumen spielen wieder die eingelegte Pflaume eine Hauptrolle, ihr an die Seite stellen sich ein paar getrocknete Feigen und Datteln. Das Tannin ist wie erwartet in ordentlicher Menge vorhanden.

Wie ein schwerer, teurer Perserteppich legt es sich auf Zunge und Gaumen. Es ist gut gebändigt, fast schon zahm für einen Sagrantino. Im Vergleich mit den toskanischen Nachbarn ist das ein schwarzer, ungezähmter Hengst.

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Mein Fazit für diesen Wein: wer sich an eine der spannendsten und anspruchsvollsten Rebsorten Italiens wagen möchte, der ist mit diesem Wein gut bedient. Er ist sozusagen ein Einsteiger-Sagrantino. Diese Weine können noch bedeutend ruppiger zur Sache gehen. Sagrantino di Montefalco-Weine müssen jahrelang reifen, bevor sie trinkbar sind.

Was dazu essen sollte man auf jeden Fall, der hohe Alkohol und die vielen Tannine schreien nach fleischiger Begleitung. Zum Beispiel ein T-Bone-Steak vom Grill. Oder auch ein Entrecôte.

 

Datum: 9.11.2017 (Update 10.11.2017)