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Was ist Bio-Wein?

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Biowein ist in aller Munde und klingt immer fein. Aber was genau ist der Unterschied zu "normalem" Wein? Weintester Patrick Hemminger klärt auf.
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An das Thema Biowein muss man nüchtern rangehen, sonst wird man wahnsinnig. Winzer, Weintrinker und Händler diskutieren dieses Thema oft hitzig. Jede Seite wirft der jeweils anderen vor, keine Ahnung zu haben und nicht in der Lage zu sein, ordentlichen Weinbau zu betreiben, geschweige denn guten Wein zu machen oder zu erkennen.

Grob gesagt unterscheidet man im Weinbau drei Arten, ihn zu betreiben: konventionell, biologisch und biodynamisch. Dabei sind die Grenzen oft fließend. Denn auch viele konventionell arbeitende Winzer versuchen, mit möglichst wenig Spritzmitteln auszukommen. Es spart Geld und macht die Feldarbeit gesünder. Konventionell arbeitende Winzern dürfen im Weinberg und im Keller die ganze Klaviatur aller künstlich hergestellten Mittel nutzen. Sie können den Boden nach Herzenslust düngen, Fungizide gegen Pilzbefall und Herbizide gegen Unkraut spritzen. Manche gehen dabei streng nach einem vorgegebenen Spritzplan vor. Da steht genau drin, in welchem Entwicklungsstadium der Reben mit welchen Mitteln gearbeitet werden soll. Außerdem packt der Winzer die Spritze aus, wenn akuter Pilz- oder Schädlingsbefall herrscht.

Künstlich hergestellte Mittel können systemisch wirken, das heißt, sie dringen in die Pflanze ein. Kritiker meinen, dadurch können Rückstände im Wein verbleiben. Konventionelle Winzer sagen papperlapapp, mit modernen Mitteln passiert das nicht mehr.

Anders ist die Lage im ökologischen oder Bio-Weinbau. Es ist ein weit verbreitetes Missverständnis, dass Biowinzer gar nicht spritzen. Falsch, sie spritzen sogar häufiger als ihre konventionell arbeitenden Kollegen. Aber ihre Mittel sind so genannte Kontaktmittel. Sie wirken auf der Oberfläche der Rebe und dringen nicht in sie ein.

Diese Winzer verwenden nur natürlich vorkommende Substanzen. Kupfer (umstritten) und Schwefel sind die wichtigsten. Auch Backpulver und Pflanzentees kommen zum Einsatz. Der renommierte Saarwinzer Florian Lauer zum Beispiel verweigert den Einsatz von Kupferpräparaten, weil sie Kleinstlebewesen töten, sagt er.

Spanier trank täglich 4 Flaschen Biowein und wurde 107

Ökowinzer – besonders in feuchtwarmen Gebieten – werden immer wieder dafür kritisiert, zu viel Kupfer in den Weinbergen zu verspritzen. Allerdings sind die erlaubten Mengen deutlich geringer als im konventionellen Weinbau. Da werden Kupferlösungen auch benutzt. Der größte Unterschied zum konventionellen Winzer ist, dass der Biowinzer vorbeugend arbeitet. Wichtig ist zum Beispiel eine intensive Laubpflege, um das Blätterdach der Reben luftig zu halten. So ist es weniger wahrscheinlich, dass Pflanzen und Trauben von Krankheiten befallen werden.

Das wichtigste in einem Bioweinberg ist ein gesunder Boden, denn nur hier wachsen kräftige Pflanzen, die sich selbst wehren können. Dazu arbeitet der Winzer mit Kompost. Der ernährt den Boden aber nicht direkt die Rebe. Er ist gut für Würmer, nützliche Bakterien und Pilze. Kunstdünger stellt der Rebe zwar Nährstoffe zur Verfügung, das Leben im Boden aber fördert er nicht. Außerdem begrünt ein Biowinzer seinen Weinberg. Das heißt, er sät zwischen den Reben alle möglichen Pflanzen. Das wirkt gegen Unkraut, sorgt für eine lebendige Tierwelt, ist gut gegen manche Schädlinge und verbessert die Humusbildung. Der Winzer erhält einen besseren und lebendigeren Boden, muss aber hart dafür arbeiten.

Stichwort Arbeit. Das ist der größte Unterschied zwischen Biowinzer und konventionellem Winzer. Ökologischer Weinbau ist deutlich arbeitsaufwendiger und riskanter, denn regelmäßig gehen ganze Jahrgänge an die Launen der Natur verloren, wenn im Herbst Feuchtigkeit über die Weinreben kriecht und den Befall mit Pilzsporen begünstigt, die sich durch die Schalen der Weinbeeren fressen und die Ernte vernichten. In solchen Fällen hat der Winzer die Wahl, ausnahmsweise zu geächteten Spritzmitteln zu greifen und damit die Bio-Zertifizierung zu verlieren.

Bis zum Jahr 2012 war Biowein lediglich „Wein aus biologisch angebauten Trauben“. Im Keller durfte der Winzer schalten und walten wie seine konventionellen Kollegen. Das ist seit wenigen Jahren anders. Auch diese Arbeit unterliegt ökologischen Bestimmungen, die allerdings in der Kritik stehen. Denn sie sind angeblich zu industriefreundlich. So dürfen auch Biowinzer geschmacksverändernde Stoffe aus der konventionellen Kellerwirtschaft einsetzen. Und natürlich Reinzuchthefen.

Generell erkennt Ihr diese Weine am europäischen Biosiegel. Auf manchen Flaschen entdeckt Ihr zusätzlich das Logo eines Verbandes wie Ecovin, Bioland, Naturland oder Demeter. Dann könnt Ihr davon ausgehen, dass dieser Wein strengeren Bestimmungen unterliegt. Bei Demeter sogar den biologisch-dynamischen.

Somit sind wir beim Thema biodynamischer Weinbau angekommen. Die Biodynamie betrachten manche als verbesserte, andere als extreme Form des Bio-Weinbaus.

„Biowein hilft mehr als eine Feinstaub-Plakette“

Grundlage sind die Theorien zur Landwirtschaft des Anthroposophen Rudolf Steiner aus den 1920er Jahren. Demnach wird der Weinberg als ein lebender Organismus betrachtet. Der Winzer kann ihn so pflegen, dass er sich selbst erhält. Die Arbeit wird nach dem Tages- und Jahreszeitenrhythmus der kosmischen Kreisläufe ausgelegt. Das bedeutet, dass zum Beispiel, dass der Winzer seine Reben zu ganz bestimmten Zeiten schneidet, wenn der Mond günstig steht.

Die wichtigsten Präparate, die er einsetzt, sind Hornmist und Hornkiesel. Um sie herzustellen, füllt der Winzer Kuhmist oder Quarzmehl in ein Kuhhorn und vergräbt es für sechs Monate. Danach verspritzt er Hornmist am Nachmittag bei sinkender Sonne über dem Boden des Weinbergs, um die Mikroorganismen zu stimulieren. Hornkiesel kommt morgens auf die Reben, das soll helfen, den Stoffwechsel zu regulieren.

Über die Qualität des Weins sagt jede Art Bio-Etikett am Ende recht wenig aus. Ich habe schon miese biologisch und biodynamisch erzeugte Weine getrunken. Genauso hatte ich schon sensationelle konventionelle Tropfen im Glas und andersherum. Wenn der Winzer gut ist, macht er einen guten Wein. Egal mit welcher Methode.

 

Datum: 3.1.2020