Randersacker Pfülben Silvaner Kabinett Trocken
Trocken ist nicht gleich trocken. Was deutsche Winzer darunter verstehen, unterscheidet sich von dem, was die restliche Welt darunter versteht. Es ist ein deutscher Sonderweg, der mir gegen den Strich geht, weil er verlogen ist.
Zunächst erklärt: Was ist trockener Wein?
Wenn wir von »trocken« reden ist das eine sog. Geschmacksangabe, die gesetzlich fest definiert ist, nämlich nach der Menge des Zuckers im Wein. Liegt der Zucker pro Liter unterhalb von 9 Gramm, darf der Wein als »trocken« verkauft werden.
Doch obwohl die Mehrheit trockene Weißweine verlangt, sind die Deutschen keine echten Trockentrinker. Das ist paradox.
Eigentlich will der deutsche Weinfreund süffige Frucht und bloß keine Säure. Was verlangt wird, passt eher zum Geschmacksbild der molligen, halbtrockenen Weine. Nur ist das Attribut »halbtrocken« seit den 80er Jahren ein gebranntes Kind. Weiß- und Rotweine, die man als feinherb oder als halbtrocken bezeichnet, werden von modernen Weintrinkern gemieden wie die Pest.
Das war nicht immer so. Der Wohlstandsbürger am Nierentischchen der Nachkriegszeit goss das pappsüße Zeug mit Vorliebe in sich hinein. Römerkelch und muffige Drosselgassenfolklore waren die leutselige Ästhetik der Stunde. Aber das ist lange her und heute genauso out wie die damalige fette, ungesunde Kost. Damit will der gesundheitsbewusste Deutsche nichts mehr zu tun haben. Jetzt isst man leicht, grün und gesund und verlangt, na logo, „trockenen“ Weißwein. Das hatte man in den 80ern im Italienurlaub gelernt und mit über die Alpen gebracht. Das war mondän und zeitgemäß. Fortan wurde Omas süßes Zeug aus den braunen Schlegelflaschen mit Frakturschrift-Etiketten gemieden.
Aber trocken ist nicht gleich trocken! Obwohl bis heute ein Ende der Trockenwelle nicht abzusehen ist, müssen echte trockene Weißweine aus Deutschland mit der Lupe gesucht werden.
Mit »echt« sind jene Weißweine gemeint, die unter 4 Gramm Restzucker enthalten. Sie wirken kantiger, lassen die Säure unverdeckter erscheinen und wirken edler.
Die großen, noblen Weißweine der Welt werden so ausgebaut und Franzosen wie Italiener würden nicht im Traum daran denken, teutonisch-süßelnde, pseudotrockene Weißweine in ihre Keller zu legen. Nur in Deutschland sieht das anders aus. Wer hier auf Nummer sicher gehen will und elegante knochentrockene Weißweine will, kauft stilbewusst die französischen Klassiker.
Den Trend zum saftigen Zuckerschwänzchen beobachte ich schon länger bei deutschen Weißweinen. Sie werden bewusst hochgefahren bis an die Grenze von 9 Gramm Restzucker.
“Darf es noch ein, zwei Gramm mehr sein?” scheint heute das gängige Motto unter Deutschlands Winzern zu sein. Bis halt zu eben jenen 9 Gramm, dann ist Schluss mit lustig! Es ist die rote Linie, dahinter beginnt das halbtrockene Reich von Mordor: Vermintes Terrain und schwer zu verkaufen, es liegt wie Blei in den Regalen. “Halbtrocken” schreibt kein Winzer freiwillig aufs Etikett – es wird höchstens mit Kalkül verschwiegen. Deswegen gilt es, das Überschreiten dieser Linie tunlichst zu unterlassen. „Die Kundschaft will das so!“, vernimmt man dann vom Handel und sie alle tragen zum Spielchen mit dem Ausreizen der trockenen Geschmacksgrenze bei. Restzucker bis zur Grenze des Erlaubten und trotzdem gesetzlich trocken sein – moderne Kellertechnik macht das möglich. Ich nenne das Geschmacksdesign.
Doch was ist falsch an den vielen fruchtig-saftigen, deutschen Weißweinen, die zwar nicht knochentrocken, dafür aber wunderbar süffig sind und sich zum Solo-Trinken eignen?
Ja, was ist daran so verwerflich?
Die Weine sind es jedenfalls nicht! Jeder Wein hat seine Berechtigung. Punkt.
Verwerflich finde ich die kalkulierte Verlogenheit von Handel, Erzeugern und Gesetzgebern, die Weine unter dem Label »trocken« an den Endverbraucher bringen, obwohl die alles andere als trocken schmecken. Ihnen eigen ist ein meist undefinierbarer Zwittergeschmack, der weder knochentrocken noch edelsüß ist, wie man das beispielsweise von Trockenbeerenauslesen kennt.
Nichts Ganzes und nichts Halbes. Eher der Geschmack von Kinderlimonade. Dezent süßelnd, aber nicht zu viel. Solche Grauzonen kaschieren die Feinheiten, die Bodentypizitäten, machen die Weißweine gefällig, manchmal sogar kitschig.
Ja, Ausnahmen gibt es, aber die sind leider nicht die Regel.
Das ehrwürdige Label “trocken” wird durch solch biederes Gesüßel jedenfalls besudelt, wo es Klarheit schaffen sollte. Deshalb muss man strengere Grenzen ziehen, wenn nicht gesetzlich, dann freiwillig. Die Linie von 9 Gramm ist jedenfalls zu hoch angesetzt. Ich sage: runter vom Zucker, wenn »trocken« draufstehen soll!
Um mein erhitztes Gemüt abzukühlen, mache ich mir jetzt einen mördertrockenen Silvaner auf. Von einem Weingut, dessen Namen schon alles sagt: Trockene Schmitts.
Die Vinophilen Historiker sagen dir, dass es in D sehr wohl eine Tradition für trockene Weine in D gab. Schau dir mal die analytischen Werte in diesem Babo-Artikel zum 1857er an. Da ist fast alles unter 5 g RZ/L. Nur die ganz dicken geschosse hatten merklich RZ.
welcher artikel? bitte link?
Hier:
http://books.google.de/books?id=9bJBAAAAcAAJ&pg=PA321&lpg=PA321&dq=babo+1862&source=bl&ots=_OnNNmIkbu&sig=FkU2eh60QGFpEE45vENzHIfcgfE&hl=de&sa=X&ei=VJaGUKipC-Xk4QTgyIDoAQ&ved=0CFAQ6AEwBg#v=onepage&q=babo%20&f=false
S. 321 ff
Auch hier: Die Deutschen sind keine Brasilianer und Riesling kein Chardonnay. Es gibt Winzer, die bekommen den Zucker ganz gut in den Griff und es gibt Winzer, die das nicht tun.
Beim Chardonnay wird auch viel mit BSA gearbeitet. Andere Struktur, andere Tradition etc.
Ich dachte, das Thema wäre durch.
Ja es stimmt. Die Mehrzahl der „trockenen“ Weine ist nicht trocken. Steht aber drauf. Wird so verkauft und getrunken. So weit so schlecht. Das die Mehrheit feinherb oder halbtrocken meidet wie die Pest halte ich für anzweifelbar. Unser Blickwinkel auf den Weine bezieht sich doch auf in Wahrheit auf wenige % des hiesigen Weinkonsums. Außerhalb unseres Elfenbeintürmchens wird getrunken was man kennt und billig ist.
Andreas,
ja, die bekannte Elfenbeinturm-These. Nur stützt sich meine Beobachtung auf den uninteressierten Mainstream und aus Sicht des Einzelhandels. Da muss für die Mehrheit „trocken“ auf dem Etikett stehen. Soll aber wunderschön saftig schmecken. Würde man den vielen Kunden blind einen feinherben Wein zum Probieren vorsetzen, würden sich viele für diesen entscheiden. Tun sie aber nicht, weil es eben nicht trocken ist. Frag mal bei den Händlern nach. Bei vielen gelten genau diese nicht-trockenen Sachen als kaum verkäuflich. Daher empfinde ich es verlogen, wenn man dem Kunden suggeriert, diese Limonadenweißweine seien trocken, weil die gerade mal so in den zulässigen Grenzen liegen.
@ Herr Steinmetz: Wieviel Restzucker hat Ihr (ganz vorzüglich gelungener) sur lie-Riesling 2011?
wo ist das problem wenn mit restzucker der wein fruchtig ausgebaut wird? es muss schmecken, der normalkunden soll es mögen, denn er soll es schließlich kaufen und nicht der weinfreak, der höchstens mal einen gemischten secherpack beim winzer kauft. so sieht die welt doch aus!!!
Irgendwie verwirrt mich das.
Wieviel Prozent der Weintrinker bevorzugen denn die „wirklich trockenen“ Weine. Was spricht z.B. bei einem Riesling mit rassiger Säure gegen 7-8 g/l Zucker. Wenn ich diesen Artikel richtig interpretiere, zeigen sich trockene Weissweine mit 8 g/l Zucker limonadig, charakterlos und langweilig. Dieser Mainstream wir also absolut verächtet.
Schaue ich allerdings mal in einige Artikel aus der Vergangenheit finde ich viele, in denen Winzer, die absoluten Mainstream produzieren, hochgelobt und in ein sehr positives Licht gerückt werden. Diese produzieren sogar viele Rotweine, die teilweise sehr weichgespült (entsäuert) und mit ein paar Gramm Restzucker ausgestattet sind.
So, jetzt hab ich hoffentlich ein Fass aufgemacht. Nächster Artikel bitte zum Thema feinherbe Rotweine 🙂
Sie haben da was missverstanden. Ich spreche ja den saftigen 8,9,10 g/l Zucker Weißweinen nicht die Existenzberechtigung ab. Ebenso wenig wie ich das mit den feinherben und halbtrockenen Rieslingkabinetten mache. Nur soll der Mainstream nicht belogen werden. Aber das wird er bei diesem Thema. Diese Weine können per Geschmacksbild schon nicht trocken sein. Also soll man diese Weine als solches auch so kennzeichnen. Meinetwegen als „feinfruchtig“. Aber bitte nicht als trocken!
Bei meiner Zeit im Verkauf bei einer größeren Kette war das so: Kunde verlangt trockenen Weißwein. Man gab dann Franzosen mit max. 2 g/l RZ zu probieren. Bei 80 % aller Kunden verzog sich das Gesicht. „Ist der aber sauer!“ so der Tenor. Gekauft wurde dann meist das Zeug deutlich jenseits der 4 g/l RZ. Gern knapp bis an die zulässige Trockengrenze gepusht.
Herr Golenia, erstens ist dieses Thema so mainstream wie die Weinkunden, die Sie so verachten. Zweitens verstehe ich nicht das Herumreiten auf Geschmacksbezeichnungen. Stephan Steinmetz umgeht die peniblen Einwände der Bezeichnungsreiter und schreibt nicht trocken, usw. auf die Etiketten. Völlig richtig. Das machen viele andere Winzer auch so. Warum soll ein Wein nicht so viel Restzucker haben, wie ihm gut tut? Nicht jeder Riesling mit 8-9 g/l Rz. ist „zugeklebt“, saftig, gefällig und limonadig. Ich habe selten solchen Blödsinn gelesen. Warum monieren Sie nicht bei einem restsüßen Kabinett oder einem feinherben Wein das Saftige, Zugeklebte, Gefällige und Limonadige? Da müsste es nach Ihrer Lesart noch viel schlimmer sein?
Noch eine kleine Bemerkung zum Vergleich mit Omas Essensgewohnheiten. Da soll an die Stelle der schweren Kost heute das Leichte, Bekömmliche getreten sein. Aber auch hier gilt: der Mainstream will belogen werden, denn mit den derzeitigen Essgewohnheiten wird der Durchschnitt immer fetter. Woran es wohl liegt? Der Tatbestand ist unstrittig. Und zum Thema Wein kann man nur sagen, dass die guten Winzer nicht die Aufgabe haben, der masse den schlechten Geschmack wegzuerziehen. Simon Rattle wird auch nicht gegen Dieter Bohlen ankämpfen.
Tatsache ist aber, dass wir als Händler nicht vom erklären oder kommunizieren sondern vom verkaufen leben, genauso wie auch die Winzer.
Und wenn dem Kunden eben der trockene Wein mit 8g RS gefällt ist das schon in Ordnung..
Ein interessanter Blick von außen:
Destroy the word “Halbtrocken.” It sucks,
it’s not half-dry, it’s half-assed. Inasmuch as most
Riesling with 9-18 grams-per-liter of sweetness
tastes dry to any reasonable palate, let’s call
THAT “Trocken.”
The wines they currently call “Trocken”
— those snarling beasts with 0-9 grams of
sweetness — would henceforth be called
“Sehr Trocken” (very dry). After all, if there are
degrees of sweetness it stands to reason there
are also degrees of dryness. The Loire has its
“Sec Tendre” designation. There is ripe-dry and
smooth-dry and rich-dry and there is also austeredry
and batteryacid dry. I mentioned this idea
to Helmut Dönnhoff who was visibly intrigued.
“That’s the first time I’ve heard such a proposal,”
he said, and I could see the wheels-a-turning.
The poor deluded clown who absolutely must
drink a commodity called “Trocken” will now
receive a palatable wine which (s)he will suddenly
begin to actually sensually enjoy (and probably
wonder why), while the real sour-power guys can
have their macho-dry wines. Oh I don’t drink
those dainty little Trocken wines, not a real
wine stud like me: I drink VERY dry wines!“
Terry Teise in seinem aktuellen Deutschland-Katalog, nachzulesen hier:
http://www.skurnikwines.com/msw/documents/MSW_TerryTheise_Germany_2012.pdf
Der Artikel sollte sich wenn schon gehen die gesetzliche Regelung richten. Was soll man als Winzer denn tun? Auf einen Wein mit 7 g Säure und 8 g RZ halbtrocken schreiben? Solchen Wein nicht produzieren? Der Autor sollte mal ein Jahr in einem Weingut arbeiten um Sinn für die Realität zu entwickeln.
Oh ja, mein Herz lacht! Endlich mal einer, der Terry liest. Der schreibt übrigens auch so manches über Punktebewertungen, aber das ist eine andere story 😉
Das gerade auf Deutsch erschienene Buch von Terry Theise heiß: Mein Wein und ist im Haffmans&Tolkemitt Verlag verlegt!
Untertitel: Das Plädoyer gegen den globalen Einheitswein.
Lesen!!!
….und auch mal ausländische Weine analysieren….in Frankreich wird einem ja gerne erzählt, “ alles nur 0 gr Restzucker…..“nimmt man dann mal einen solchen und analysiert diesen…oh wunder 8-10 gr restzucker….. war wohl nix mit 0 Gramm!
Ich als Konsument, der auf Süsskram aller Art nicht steht, kann Weine mit 8 gr. Restzucker absolut nicht leiden (auch wenn hier viel von „balanciert“, „gut eingebunden“ und was weiß ich gesprochen wird, ich habe ein nicht durchschnittliches Geschmacksprofil ggü. süss und ich mag das einfach nicht.
Und daher finde ich es immer wieder ärgerlich, wenn man einen Wein kauft, auf dem trocken steht, der aber nicht trocken ist. Insofern kann ich Golenia verstehen. Wenn das offenbar aber so sein muss, weil der Großteil der Kunden trocken genannten Süsskram haben will (ich verstehe die Winzer dann sehr gut, das ist offenbar eine kaufmännische Notwendigkeit), dann sollen Winzer doch wenigstens alle auf den Preislisten den Zuckergehalt auflisten (tun bereits etliche).
Ahoi Gast,
um das klarzustellen, und das habe ich schon an andere Stelle getan: ich verachte den Mainstream nicht. Warum sollte ich auch? Aber der Mainstream wird mit solchen (deutschen) Weißweinen belogen. Und offenbar will er belogen werden, denn er verlangt „trocken“ was dann im Endeffekt nicht trocken ist. Glauben Sie mir ruhig: so läuft das oftmals im Verkauf, aber auch bei nicht wenigen Winzern.
Und in meinem Text habe ich die „feinherben“ Sachen und restsüßen Kabinette nach alter Art bewußt ausgelassen. Aus einem Grund: auf denen steht es ja ganz deutlich drauf, das sie „feinherb“ bzw „halbtrocken“ sind. Jeder Kunde und Liebhaber dieser Weine weiß, was ihn erwartet, nämlich Weißweine mit nicht wenig RZ. Und als „trocken“ werde sie erst gar nicht verkauft.
Und nochmal: Sollen die Rieslinge doch ruhig ihre 8-9 g/l RZ bekommen, so wie Sie oben schreiben. Ist doch völlig ok! Nur soll dann bitte nicht „trocken“ auf dem Etikett stehen. Das ist Verarschung. Sollen sie meinetwegen den Wein dann als „feinfruchtig“ deklarieren. Auch gut.
Nochmal: 8, 9 oder gar 10 g/l RZ im Weißwein. Alles kein Problem! Nur bitte dann nicht als „trocken“ deklarieren. Das ist es nämlich NICHT. Sollen sie eine neue Bezeichnung einführen und es dann als „FEINFRUCHTIG“ bezeichnen.
Ich bin prinzipiell dagegen, Weine auf Analysewerte zu reduzieren. Daher bin ich skeptisch, ob etwa eine Reduzierung des Zuckergrenzwerts auf 4 g/l eine Lösung wäre. Ich kenne durchaus trockenen Rieslinge, die selbst bei annähernd 10 g/l noch richtig trocken schmecken. Bei anderen frage ich mich trotz 7 g/l, warum sie so wischiwaschi süß und weich schmecken. Eigentlich hatte ich auf den Begriff „feinherb“ gehofft, der inzwischen weitgehend „halbtrocken“ abgelöst hat. Doch was ist passiert? Mangels einer adäquaten gesetzlichen Regelungen werden jetzt Weine bis 40 g/l Zucker als „feinherb“ tituliert. Ein Unding. Dabei war der Begriff doch ursprünglich für Weine gedacht, die knapp über der Trockengrenze liegen, aber wegen der Säureklausel auch nicht halbtrocken heißen dürfen. Der Begriff „halbtrocken“ (international als „semi dry“ verbreitet) taugt meines Erachtens sehr gut für den Restzuckerkorridor zwischen 5 und circa 12/15 g/l, wenn die Säure nicht so labberig daherkommt, wie das heutzutage oft der Fall ist. Heute heulen doch viele schon nach Entsäuerung, wenn die Säure über 7 g/l liegt. Ich würde daher nicht ausschließlich und einseitig den Zucker verdammen, sondern einmal die Gesamtkomposition hinterfragen.
also hört mal, wieso soll ein winzer ein gesetz missachten????? wenn die auslegung in der eu ist das ein weisswein trocken ist bis 9 gr/l restzucker dann ist das so, da kann der winzer nix dafür. war gerade mit 5 leuten aus österreich auf weinreise in deutschland und die wollten eigentlich als vorurteil keine süßen rieslinge. komisch das sie mehrheitlich diese feinherben gekauft haben. aber es gab genug „extra trockene“ rieslinge unter 4 gr/l zu verkosten. der grundtenor dieser geniesser war „dass wir solche weine eh zu hause in österreich genug haben“ und diese deutschen das gut hinbringen. und damit einzigartig sind. und hier betraf es die betriebe emrich schönleber, dönnhoff, johannishof eser, balthasar ress, leitz, wagner stempel und gunderloch, also allesamt keine massenweinbauern.
jeder muss wissen was er seinem körper zumutet. nur knochentrocken ist auch nicht der weisheit letzter schluß!! monokultur pur, das ist fad. hoch lebe die differenzierung der einzelnen weine so wie sie gewachsen sind.
Die Welt und das Ausland auch brauchen trockene Rieslinge MIT schoenem RZ aus Deutschland. Und kein serioeses Geschmacksdiktat (oder wie auch immer).
Bei welchen auslaendischen Freunden denn genau laecherlich? Und wieso, wenn die Gesamtkomposition ( Theise, Elflein, andere) stimmt?
Aber ist es nicht so, dass der Durchschnittsdeutsche besten Gewissens halbtrocken trinken würde, wenn nicht irgendwann so komische Weinfaschos wie hier zum Teil unterwegs Ihnen ins Hirn gehämmert hätten: Restsüß ist böse, böse, böse? Müsste man dem Konsumenten nicht einfach beibringen, dass halbtrocken vollkommen in Ordnung ist und ihn niemand dafür verachtet, wenn er sowas gerne trinkt? Dann müsste man keine Labeltäuschung mehr betreiben, und die Winzer, die eigentlich lieber trocken produzieren wollen, könnten es wieder tun, weil sie die Großkundschaft mit ihren halbtrockenen Weinen bedienen. Als ich noch „klein“ war musste ich das auch erstmal lernen, dass so ein Gläschen Mittelmoselkabi nichts verwerfliches ist.
Denn das ist ja die andere Seite der Medaille: Dass der gute, alte, klassische halbtrockene Kabinett am Aussterben ist, weil keiner ihn mehr will! Sucht mal in ner 08/15-Stadtteilweinhandlung nach einem halbtrockenen (oder sogar gar nicht trockenen) QbA oder Kabinett von der Mosel! Zum Heulen ist das, findet ihr nicht?
Herr Golenia,
was ist das eigentlich für eine Diskussion hier? Wer im Bezug auf Restzucker bei Weißwein überhaupt schon das Wort Limonade in den Mund nimmt (ich weiß nicht genau, wie oft es in den bisherigen Kommentaren steht) sollte seine Kompetenz im Bezug auf deutsche Weißweine schnellstens hinterfragen.
Das ist ja fast beleidigend!
Sorry, klingt hart, ist aber so….
Ahoi Rieslinglimonade,
was haben Sie denn gegen Limonade auszusetzen? Ist Limonade bei Ihnen etwa negativ besetzt?
Immerhin benennen Sie sich danach.
Diese Worte gehen mir auf den (fein)Geist: ‚feinherb‘, was soll das sein – ‚Herb-Sauer, aber fein abgerundet mit etwas Fructose‘? Und ‚feinfruchtig‘ ist auch keine Lösung. Diese ganzen Wort-Verdrehereien, um irgendein Gesöff schönzureden. Ich mag Wein nur trocken, Caiprinha dagegen muss wegen der Limettensäure kräftig Zucker haben.
Also ‚halbtrocken‘ ist schon ok, (halb)wegs ehrlich und verständlich: man muss nur ‚trocken‘ als Abwesenheit von Zucker verstehen, und nicht als Abwesenheit von Wasser, wie normalerweise sonst.
. . . die Einführung der Kategorie „sehr trocken“ („very dry“, „très sec“) ins europäische Weinrecht, mit einer Zuckerobergrenze von 4 g/l.
Genau so etwas („extra trocken“) gab es hier in Österreich bis vor vor einigen Jahren, wir mussten aber beim EU-Beitritt auf diese Kategorie verzichten, weil die deutschen Verhandlungspartner meinten, „extra trocken“ suggeriere ein „besonders gutes ‚trocken'“ – obwohl „extra“ beim Schaumwein völlig normal ist („extra brut“, „extra dry“).
„Runter vom Zucker“, das spricht mir aus der Seele und das, obwohl oder gerade weil ich dessertweine.de bin. Um es gleich vorweg zu nehmen, ich finde Resüße wunderbar, nur sollte man sie auch beim Namen nennen.
Seit nunmehr fast 20 Jahren höre ich nun diesen Satz: Ach, in Dessertweine machen Sie, wie schade, wir trinken ja NUR trocken (ich übersetze mal: „Wo ich doch eigentlich ganz sympathisch wäre, kommt man mir leider doch nicht ins Geschäft, denn man hat ja schließlich Ahnung von Wein…)
Und jetzt muss ich mal ein wenig pauschal und evtl. gar nicht politisch korrekt in die Nationalitätenkiste greifen: (Vorsicht, nun kommt ein subjektives Statement.) In jedem anderen Land, das ich bis dato bereits habe, begegnete mir dieser Satz nämlich so nicht. Offenbar macht der Deutsche auch beim Weintrinken alles korrekt und mit Sachverstand, denn, eben, er trinkt ja nur trocken.
Doch dummerweise konveniert ihm dies halt oft so gar nicht, weshalb diese subtil gesüßten Weine her müssen. So bleibt dem deutschen Konsumenten sein korrekter Sachverstand auch beim Weingenuss vergönnt.
Ich meinerseits trinke auch gerne trockene Weine, ganz klar, aber eben auch süße und – noch schlimmer 🙂 – halbtrockene (geht ja gar nicht…).
Die beeindruckendsten Weinerlebnisse hatte ich aber nun mal mit edelsüßen Weinen, z.B. mit einer Rieslaner Auslese aus Franken (vor 20 Jahren meine Einstiegsdroge) oder einem jahrzehntealten Chateau Climens (Sylvester 2002, werde ich nie vergessen). Ob ich dies gleich als „Orgasmus in Flaschenform“ bezeichnen würde, wie Bianca Bosker es in ihrem Buch „Cork Docs“ gerade beschrieben hat, sei an dieser Stelle dahingestellt; dennoch, ich mag süßen Wein, aber eben echt und unverkennbar süßen, andernfalls würde ich mir fahrlässig einen Teil des Weinhimmels durch vermeintlich kompetenten Snobismus verschließen, der gerne mit Purismus verwechselt wird. Ich bin schon auch Puristin und deshalb habe ich es gerne klar: Entweder klar trocken oder eben klar halbtrocken oder klar süß, klare Kommunkation, und das mit allen Konsequenzen, wie z.B. dem Risiko, als vinophiler Banause belächelt zu werden. Und das ist wohl die Angst, die viele treibt….
Gerne schließe ich mich deshalb Thomas Golenia an: Weg vom versteckten Zucker und beherzt hin zum Eigenen: zum eigenen Geschmack, zu den eigenen Vorlieben, zum eigenen Selbstbewusstsein: Individualität für alle und den Mut, sie zu leben! Und das nicht nur beim Wein….
Unser Weingesetz schreibt die Werte für „trocken“ nun einmal klar vor; wo ist also das Problem und wo die „Verlogenheit“?
Was der deutsche Weintrinker – und damit meine ich den ganz normalen Verbraucher, der sich nicht als Kenner bezeichnet, sondern einfach nur etwas genießen möchte, was ihm/ihr schmeckt, als “trocken“ empfindet – liegt oft in der Restsüße weit über der gesetzlichen Bezeichnungsgrenze. Kunden fragen nicht selten nach „ein bißchen trocken“ und meinen damit einen deutlich süßen Wein mit > 40 g Restsüße.
Es steht jedem frei, die Analysedaten vor dem Kauf zu erfragen, wenn sie nicht ohnehin z.B. auf der Webseite mitgegeben werden. Ich hätte da einen Riesling mit 1,0 g Restsüße. 🙂