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Terra di Seta: koscher Chianti Classico

Rabbi Marcus Israelius.
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Der Captain trinkt heute sehr guten Chianti Classico, der (nebenbei bemerkt) auch noch koscher ist. Die Regeln zur Herstellung von koscherem Wein sind im Kashrut festgeschrieben. So heißen die jüdischen Speisegesetze. Koscher heißt rein oder geeignet. Die Kashrut-Vorschriften folgen dem Alten Testament, das für den Weinbau besonders strenge Regeln vorhält. In den Weinbergen dürfen kein Obst und Gemüse zwischen den Weinstöcken wachsen und die Trauben erst im vierten Jahr nach der Pflanzung verwendet werden. In der Weinbereitung sind nur männliche Juden erlaubt, die den Sabbat einhalten. Während der Zubereitung darf kein weltlicher Mensch seinen Blick auf den Wein werfen.

Grundsätzlich hat die Weinbereitung nach den jüdischen Speisegesetzen keinen Einfluss auf den Geschmack. Wenn man aber weiß, dass die Sauberkeit der Geräte zu den wichtigsten Vorschriften im Kashrut gehört, ahnt man, dass sich Reinlichkeit dann doch bemerkbar machen kann.

Wann immer der Captain mit einem erfolgreichen Winzer spricht, hört er, dass die Sauberkeit der Verarbeitung vom Wingert bis in den Keller erheblich zur Qualität beiträgt. Wenn diese Reinlichkeit auch noch ein religiöses backup erfährt, ist das sicher nicht falsch.

Der köstliche Chianti Classico von Terra di Seta in der Kommune Castelnuovo Beradenga kommt aus dem Süden des Chianti Classico. Was heißt eigentlich Chianti Classico?

Das Anbaugebiet Chianti mit seinen Sub-Zonen bedeckt salopp gesagt die gesamte mittlere Toskana. Das war nicht immer so. Der historische Chianti war im Vergleich zu heute viel kleiner und wurde ein Opfer seines eigenen Erfolgs. Denn die Weine aus dem Gebiet verkauften sich dermaßen gut (auch an die riesige italienische Community in den USA), dass man anfangs der 1930er-Jahre beschloss, das Gebiet aufzublasen. Es explodierte auf die vierfache Größe. Im heutigen Chianti Classico zwischen Florenz und Siena gelten deutlich strengere Vorschriften für die Herstellung von Chianti-Weinen als rundherum. Natürlich gibt es auch außergewöhnlich gute Chiantis, aber die Faustformel sagt: Classico ist besser.

Das Bio-Weingut Terra di Seta (heißt „seidiger Boden“ oder so) gehört den Eheleuten Daniele Della Seta und Maria Pellegrini, die den Betrieb 2001 gründeten. Daniele sagt, dass er aus einer jüdischen Familie in Rom kommt, deren Geschichte man über 2.000 Jahre zurückverfolgen kann. Da muss sich so mancher Moselwinzer mit seinen 800 Jahren Familiengeschichte verstecken. Chef-Önologe des Hauses ist Enrico Paternoster (= Vaterunser), was für ein Name! Für religionsübergreifende Spiritualität ist also gesorgt.

Paternoster ist ein nicht unbedeutender Önologe aus dem Norden, der in der Weinbauschule St. Michele im Trentino lehrt. Mit den koscheren Weinen von Terra di Seta darf Paternoster jedoch nicht in Berührung kommen, nicht mal seinen Blick darauf werfen. Dafür kommt eigens aus New York ein Rabbi eingeflogen, der (wie man oben sieht) zu Späßen aufgelegt ist: Marcus Israelius (wieder so ein aufgeladener Name) kümmert sich um die koschere Weinbereitung.

Warum ich keinen koscheren Wein mehr mache

New York ist übrigens der wichtigste Markt für die koscheren Weine von Terra di Seta. Der Captain nimmt noch einen Schluck von diesem wunderbaren Chianti Classico und überlegt sich im Kopf, was er dazu kochen könnte. Und so schmeckt der koschere Chianti Classico von Terra di Sieta aus sehr viel Sangiovese und ein bisschen Cabernet Sauvignon: Im Glas dichte rotfruchtige Noten nach Sauerkirsche, Earl-Grey-Tee, etwas Malz, Karamell und Vanille. Im Mund saftig mit feinkörnigen Tanninen, die sich um das rotfruchtige Zentrum dieses Weins legen, wie ein fest gewirktes Netz. Ich schmecke konzentrierte Fruchtnoten nach Heidelbeere und spüre viel fleischige Textur. Dann Minze, dunkle Schokolade, kräutrige Aromen. Dieser Rotwein legt sich auf Zunge und Gaumen wie schmilzendes After Eight. Köstlicher Wein für dunkles Fleisch oder geschmortes Gemüse.

 

Datum: 14.12.2020 (Update 19.12.2020)
 

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