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Ich kann keinen Spätburgunder mehr trinken!

Endlich Abwechslung! Foto: Thomas Keuschnigg
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Unser Weintester Thomas C. Golenia hat zu viel Spätburgunder getrunken. Jetzt sucht er nach den Gründen. Und eine andere Rebsorte. Fündig wurde er bei der Ösi-Sorte Blaufränkisch.
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Ich kann momentan keinen Spätburgunder respektive Pinot Noir mehr sehen. Das klassische Überbesäufnis. Schlimmer ausgeprägt als meine Rieslingabstinenz im Herbst.

Die letzten Monate habe ich einfach genug deutschen Spätburgunder gesüppelt. Und ich trank deutlich mehr als ich darüber schrieb.

Alle qualitativen Facetten waren dabei. Von blutjung bis gereift, von preislich happig bis runter in die 5-Euro-Zone. Immer mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass sich deutscher Rotwein sehr gemausert hat die letzten Jahre.

Dabei möchte ich bemerken: Wer von deutschem Rotwein spricht, meint eigentlich Spätburgunder und nicht Dornfelder oder andere fragwürdigen Züchtungen.

Dass der deutsche Spätburgunder für sich die Qualitätsschraube kräftig angezogen hat, mag stimmen. Und das ist auch gut so, denn langsam stößt er in internationale Qualitätsbereiche hineinen, die burgundische Pinot Noir erzittern lässt.

Damit meine ich die Klasse bis 20 Euro. Ja, da wird die Luft langsam aber sicher dünner für den burgundischen Pinot (aus Frankreich). Im Flugzeug würden für ihn die Atemmasken runterfallen.

Papa, ich mach jetzt mein Ding

Guten Tag, ich bin der Neue mit dem 70 Euro-Wein

Und doch hat deutscher Spätburgunder eine Eigenart, die sich für mich in den letzten Wochen schonungslos offenbart hat: Der deutsche Spätburgunder ist einfach kein Alltags-Rotwein. Er hat nicht diese geht-immer-Tauglichkeit, wie sie Riesling oder Grüner Veltliner haben. OK, die sind weiß. Oder sagen wir wie Tempranillo und Sangiovese. Oder einfache Bordeaux. Oder günstige Rote aus Portugal. Vielleicht noch die preiswerten Vin de Pays aus dem Languedoc-Roussilon, wenn man sie auf ein vernünftiges Maß Alkohol runtergeschraubt hat.

Solche Weine gehen irgendwie immer. Deutscher Spätburgunder hingegen ist sehr speziell und kann sich bei regelmäßigem Konsum schneller abschleifen als alle anderen.

In der 10 Euro-Klasse hat der deutsche Spätburgunder oft erschreckend wenig zu bieten. Die an sich schon zarten Eigenarten der Rebsorte lassen ihn bei einfachen Qualitäten erst recht dünn und schlapp erscheinen. Halbtrockene oder gar liebliche Varianten dieser nicht besonders einfachen Rebsorte sind in Deutschland noch häufig zu haben. Zu häufig, als dass es der Reputation des deutschen Rotweins dienlich wäre. Eigentlich bedauerlich, denn Spätburgunder kann verdammt faszinierend sein, wenn er eine bestimmte Qualitätsstufe erreicht hat. Mit Betonung auf wenn.

Ich sitze hier und habe das starke Bedürfnis mich neu zu orientieren. Vom Spätburgunder erst einmal die Finger zu lassen. Gehen Sie zurück auf Los. Schalter umlegen und erneut hochfahren.

Vor mir steht eine Flasche mit dem Saft der Blaufränkischrebe, die in Deutschland Lemberger heißt. Das Etikett wirkt italienisch, sehr hübsch. Der Name ist selbstbewusst: Groszer Wein. Zusatz: „aus dem Südburgenland“. Er schimmert schwarz-rot im Glas. Die Macher sind der Salzburger Geschäftsmann Matthias Krön und der fränkische (!) Kellermeister Markus Bach.

Die Idee: Moderne und zugängliche Weine aus der berühmten Großlage Eisenberg kreiieren, die man nicht vergisst. Da kann originelles Marketing natürlich eine große Hilfe sein. Aber – wie ich bereits öfter erwähnte – nutzt das alles nichts, wenn der Wein unauffällig bleibt.

Der Eisenberg ist eine Kultlage, auf die man in Österreich sehr stolz ist. Wie der Name verrät, steckt in den schiefrigen Böden der Hänge jede Menge Eisen. In Verbindung mit viel Lehm und dem lokalen Klima ergibt das ideale Voraussetzungen für ehrgeizige Winzer. Und davon gibt es hier etliche.

In der Nase dichter Duft nach Aroniabeerensaft, Schwarzkirsche und blaufränkisch-typisch schwarzer Pfeffer. Dann im Mund feste, spürbar trockene Tannine. Was für ein ausfüllender, kräftiger, kantiger Wein. Eine echte Persönlichkeit! Besonders anregend finde ich seine feine Graphitwürze. Der Abgang ist mittellang.

Ein bemerkenswerter Roter vom burgenländischen Eisenberg. Dieser Wein zeigt das, was ich oft bei Spätburgunder in dieser Preisklasse vermisse: Substanz und Trinkfluss. Ohne dicke Marmelade, ohne übermäßig viel Alkohol.

Das ist ein wirklich guter, klassisch-männlicher Blaufränkisch mit tollem Preis-Leistungsverhältnis.

 

Datum: 10.2.2018
 

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