Irgendwie ist komische Stimmung an Bord. Seit Wochen wird da über die „Neue Wachau“ gesprochen. Über elegante und alkoholarme Rieslinge, die einen neuen schlanken Stil verdeutlichen sollen, der die alte, fette Ausrichtung der Wachau ablösen soll. Für die alten, fetten Wachau-Weine stehen Weingüter wir F.X. Pichler, Hirtzberger, Knoll, Alzinger, etc. Weine, wie sie der deutsche Winzer und Weinpublizist Armin Diel mag:
Für die neuen, schlanken Wachau-Weine stehen Winzer wie Veyder-Malberg, Pichler-Krutzler (mit F.X. Pichler verwandt). Oder zuletzt der Tegernseerhof von Martin Mittelbach. Ich kann den Unterschied schon erkennen. Aber ist der wichtig?
Ich frage mich, ob hier nicht etwas krampfhaft etwas konstruiert wird, das es in dieser Ausprägung gar nicht gibt. Oder anders gesagt: Ist die „Neue Wachau“ nicht ein generell neuer Winzer-Stil, der überall in der Welt seinen Niederschlag findet, eben auch in Deutschland. Bei Battenfeld-Spanier, St. Antony, Bassermann-Jordan etc.?
Wer sagt eigentlich, was die Moderne des Weinbaus ist und wer diese Moderne repräsentiert?
Doch so einfach läuft das nicht; so einfach kann man über 40 Jahre engagierten Weinbau (der damals ebenso Avantgarde war) nicht hinweggehen. Besonders nicht in so traditionellen Gebieten wie der Wachau. Oder dem Elsass, das der Captain ja auch immer gerne als Hort der önologischen Vergreisung hinstellt. So einfach kann man die Weine nicht abtun, die dieser fantastische Weinbau immer noch keltert. Beispiel Elsass: Es mag ja stimmen, dass im elsässischen Weinbau wenig Neues geschieht. Doch wenn man einen Gewürztraminer von Josmeyer trinkt, den einfachen Wein ohne Lage, der auch nicht viel kostet, dann will man nach getrunkener Flasche nicht, dass die nächste Flasche dieses Weins weniger fett, weniger alkoholisch und weniger weinig schmeckt.
Sicher wäre es interessant, wenn Josmeyer bei seinen Traminern (und auch bei seinen Rieslingen) mehr auf Mineralik setzen oder mit einer längeren Maischestandzeit arbeiten würde. Wir alle würden dieses Experiment begrüßen. Einmalig. Um zu sehen, was möglich ist. Und bestimmt hat Josmeyer schon herumprobiert. Doch am Ende wurde es auch bei diesem modernen elsässischen Winzer ein Stil, der dem alten elsässischen Stil sehr nahe bleibt. Also keine Revolution.
Beispiel Wachau: Es mag ja stimmen, dass manche Weine ohne Botrytis interessanter schmecken könnten. Oder für Weinfreaks spannender sind. Aber will das der Weinfreund? Will er nicht einen verlässlichen Stil, wie bei den Weinen aus dem Elsass, einen Stil, dem er vertrauen kann. Und der Stil der Wachau ist in den letzten zwanzig Jahren eben von fetten, also kräftigen und alkoholreichen Weinen geprägt, die mitunter recht viel Edelfäule durchklingen lassen. Ist das schlecht?
Ich meine: Nein. Denn mir schmeckt ein Riesling Smaragd Steinertal von Alzinger. Mir schmeckt er, so wie er ist. Mir – und vielen anderen Deutschen – schmecken die Weine von Rudi Pichler, der modern keltert, aber kein Revolutionär ist. Und wenn einer eine Revolution macht in der Wachau, wie etwa Peter Malberg, dann müssen die Weine auch gekauft werden. Und gemocht. Ich kenne niemanden, der Malbergs Weine lecker findet. Interessant sicher. Aber keine populären Kracher, keine Weine, die man beim gemeinsamen Gelage sofort öffnen würde. Das soll jetzt keine Herabwürdigung von Malbergs Arbeit sein, kein erklärtes Befürworten einer gängigen Weinstilistik. Aber wenn Malberg die „Neue Wachau“ ist. Und Pichler-Krutzler auch. Dann ist das nicht der Stil, den die Mehrheit der Leute trinken will.
Malberg, Pichler-Krutzler und Tegernseerhof sind nicht die „Neue Wachau“; sie sind die „Andere Wachau“. Und es ist gut, dass es sie gibt. Das eigentliche Problem, die eigentliche Vergewaltigung ist, dass die Weine zu jung getrunken werden. Jene der „Anderen Wachau“ genau so wie jene der „Alten Wachau“. Und dass alle Leute nur Smaragd-Weine trinken wollen. Und keine köstlichen Federspiele, die für mich ja das starke Herz der Wachau sind. Das man wieder schlagen lassen sollte.
Und so nebenbei will ich den Captain um eine erweiterte Berichterstattung über spanische Weine bitten. Dort ist, trotz Krise, die önologische Moderne Europas zu Hause. Und das schon seit 20 Jahren. Wenn man moderne und vor allem autochthone Weine sucht, dann findet man sie heute vor allem in Spanien. Und nicht in der Wachau.
also ich trinke häufig lieber ein federspiel wie ein smaragd.ich weiß nur nicht warum, bzw ich habe die wörter dafür (noch) nicht gefunden.gleiches gilt für die deutschen weine. eher kabinett als spätlese.
aber ich bin ja auch erst am anfang. eure fachlichen beschreibungen sind schwer einfach so nachvollziehbar. werde wohl doch noch einen weinerkennungsbeschreibungskurs machen müssen.
fett oder schlank, neue, andere oder alte wachau. was mir schmeckt, ist wichtig und die viellfalt ein bereichender lebensgrundsatz!
ich kenne auch niemanden, der Malbergs Weine lecker findet. und auch niemanden, der von Alzinger oder von……….. aber ich kenne auch niemanden der diese nicht lecker findet 😉
ergo lasset uns viele leckere weine finden und genießen wir die guten momente
salut
Bis sich neue Ideen in der Breite durchsetzen, von vielen gesucht und geschätzt werden, vergehen Jahre, Jahrzehnte. In D versucht der VDP seit knapp 10 Jahren teilweise sensationelle trockene Rieslinge zu positionieren, es bleibt weiterhin etwas für Freaks. Auch würde ich nicht in Schubladen denken, da gibt’s viel mehr als „alt“ und „neu“, als „gewohnt“ und „anders“. Wie wär’s mit „trinkig“, „authentisch“, „harmonisch“, gerade diese Kriterien erfüllen die „Neo-Wachauer“ in höchstem Maße. (Und sorry, einen JLF Test gewinnen Malbergs Weine wohl sicher gegen das Triumvirat.) Und teilweise ganz ohne Smaragd-Gütesiegel, warum auch? Die Herkunft ist spannend, nicht der Alkoholgehalt.
Wer keine üppigen Wachauer will, soll sie halt nicht kaufen. Genau das Gleiche gilt für schlanke „neue“ Wachauer. Es ist ja nicht so, dass man keine Wahl hätte.
Wenn sich bekannte Winzer mit einem bestimmten Stil einen Ruf erarbeitet haben, können sie doch gerne auf der Welle reiten, bis sie abflaut. Das Einzige was dem Konsumenten passieren kann, ist dass er ein oder zwei Jahre lang mal Weine wegen ihrer Reputation kauft und feststellt, dass der Wein nicht mehr seinem Geschmack entspricht oder der Winzer sich nicht mehr ausreichend Mühe gibt. Ein oder zwei Jahre mittelmäßiger und zu teuer eingekaufter Wein im Keller? So what. Trinkbar sollte er ja wohl sein oder jedenfalls ohne großen Verlust verkaufbar.
Gerne gesehene Trendwenden über Jahrzehnte (z.B. von deutschen edelsüßen Plörren zu guten Weinen jeder Couleur heute) sind sicher nicht nur dem Revolutionsgeist der Winzersöhne und -töchter entsprungen, sondern auch der Tatsache, dass die Leute das Zeug in den 80ern eben nicht mehr so viel gekauft haben, sondern stattdessen trockene Weine (Pinot Grigio, Soave und Chablis) wollten. Dieser Nachfrage sind die deutschen Winzer dann nachgekommen.
Ich hab neulich mal einen 2006 Kirchenstück GG von RR von Buhl getrunken. 14,5% Alkohol, viel Botrytis, bisschen unsauber gemacht (Wachauer Stil, wenn auch nicht so gut gemacht), aber alles in allem ein tolles Erlebnis. Das brauch ich nicht öfter als einmal im Quartal, es wäre aber schade, wenn es solche Weine nicht auch gäbe.
Ich hab‘ mal in „meinen Archiven geblättert“ und vielleicht was ganz Spannendes gefunden: vor Jahren (2004) hab ich in einem leider halbtoten Forum eine Diskussion über die Wachau losgetreten, wenn man dies liest, hat sich doch einiges getan in den letzten Jahren: http://bit.ly/bFD7iF . Um im bisher abschließenden Posting dort vor 1 1/2 Jahren auf die vor allem hier diskutierten „Neuerer“ hinzuweisen: http://bit.ly/b7krXE . Und wenn man schon das Wort „Revoluzzer“ nutzen will, ist’s interessant, die weitere Entwicklung von FJ Gritsch alias Mauritiushof mit seinen großartigen Veltlinern (!) vom Singerriedel und eher an deutsche Vorbilder ausgerichteten Rieslingen zu beobachten, spätestens wenn der Atzberg im Ertrag kommt.
Ist eben alles Geschmacksache, da hat der Captain recht. Über die Unterschiede zwischen moderner und traditioneller Wachau hätte ich freilich gerne mehr erfahren. In einem Punkt hat der Captain allerdings absolut recht: Groß ist, was man saufen – und eben nicht nur probieren kann und will. Daher völlig zu recht sein Plädoyer fürs Federspiel. Leute, trinkt Federspiel! Von den meisten Smaragden mag man in der Jugend eh nicht mehr als ein Glas kosten.
Das Gleiche gilt für die Großen Gewächse in Deutschland: Sie sind überwiegend zum Bewundern und Niederknien, aber nicht zum Saufen geeignet. Und wer weiß, wie die hoch verehrten Gewächse etwa von Keller nach 15 Jahren schmecken?
Da trinke ich lieber einen leckeren Mosel-Kabinett.
Äähh, pardon, Autor ist ja wohl nicht der Captain, sondern nur ein Matrose.
Hmmm, just zurück von einer kleinen Weinreise durch die Wachau, habe ich nicht den Eindruck gewonnen, dass der Grundkonflikt in diesem zum Heulen schönen Landstrich in einer stilistischen Konkurrenz zwischen alt/fett und jung/schlank besteht.
Ich habe mich durch das oldskool-Sortiment getrunken, hinreißende Traminer von Knoll, ölig-schwere GV Smaragde von Hirzberger: das hatte Tiefe, Säureschliff und – neben ganz viel Wumms – auch Finesse.
Malberg? Alzinger? Waren auch dabei, sind mir aber nicht besonders nachhaltig im Gedächtnis geblieben. Bei Holzapfel in Joching war der GV sehr schön, das Ambiente denkwürdig, die Schnäpse verboten intensiv – jedoch das Holzapfel-Erweckungserlebnis hatte ich in einer Vinothek in Spitz, wo man mir – eher zögerlich – einen gut gereiften Weißburgunder von besagtem Holzapfel aus den Tiefen des Lagers zog – Jahrgang 2003. Natürlich macht mich ein Wein misstrauisch, der mir mit den Worten überreicht wird: „Würde in Österreich niemals jemand trinken – zu alt!“. Wir habe ihn dann getrunken, zwei Stunden vor dem Rückflug, auf den Stufen des Museums für Angewandte Kunst – die unfassbarste, überwältigendste Wein-Überraschung seit langem: Karamell, Toffee, Toast, Leder, eine STruktur zum Kauen, massive Länge, dabei aber nicht fett und lendenlahm, sondern von quecksilbriger Munterkeit. Unfassbar.
Später dann der Versuch einer Ergründung – wie hat er das gemacht? Plausibelster Erklärungsversuch. Holzapfel ist nach Frankreich gefahren, hat einen erstklassigen Meursault gekauft und den dann auf seine Flaschen gezogen. Pinot blanc! Weißburgunder! Gibts alles gar nicht.
Das Problem scheint mir daher nicht in der Polarität schlank / fett zu liegen, sondern in der Praxis, selbst Smaragde sehr jung aufzuziehen. Das hat zwangsläufig Auswirkungen auf die Stilistik – so, wie ein Bild, dass auf Fernsicht berechnet ist, bei geringem Betrachtungsabstand seltsam verzerrt wirkt (zu besichtigen dann im Kunsthistorischen Museum, Raum IV).
Weitere eindrucksvolle Erlebnisse: Riesling und GV vom Donaubaum sowie der GV vom Stierschneider – da hat sich ein Höheres Wesen den Scherz erlaubt, alle Eleganz dieses quadratschädligen, massigen Mannes in seine Weine umzuleiten. Châpeau!
verehrter herr küppersbusch!
sie haben von dem was ich gesagt habe nichts verstanden!
ich interessiere und fixiere mich schon gar nicht auf moderne weine á la van volxem – hätten sie andere artikel von mir gelesen wüssten sie dass ich kein fan der üppigen cremigkeit bin!
ich bemühe ich um eine rückbesinnung auf das ursprüngliche!
tatsächlich fordere ich einen rückschritt in richtung des alten wachauer stils! ich propagiere konservativen wein – spritzig naturbelassen schlank!
vielleicht sollten sie sich einmal mit meinen artikeln befassen bevor sie sie kritisieren!
wäre ein positiver schritt!
hochachtungsvoll
maat mally
gritsch hab ich schon ins auge gefasst… großartig was er macht!
handelt es sich bei dem „Captains Matrose“ Friedrich Küppersbusch um Friedrich Wilhelm Küppersbusch, geb. 1961 in Velbert?
also, irgenwelche persönliche daten ins netz stellen, nur weil differenzen bestehen( aber das leben und diesen thread berreichern)
na, das lassenn wir doch besser oder nicht?
zufällig habe ich gestern abend meinen ersten saar riesling von van volxem getrunken. er war wirklich ein prima wein, aber ich weiß jetzt was cremig bedeutet. so kannte ich das nicht. schlank war demnach bisher meine geschmacksrichtung und mehr wie der o.g. riesling, da tu ich mich wahrscheinlich schwer. heute abend ist die alte rebe dran aus gleichnamigen weingut, die wird dann wohl noch cremiger? ich bin gespannt und dazu esse ich saure bohnen mit lamm. wollte ich halt mal gesagt haben……
jetzt fällt mir nichts mehr dämliches ein, also trinke ich noch einen kaffe…..
Dazu braucht es keinen Zuruf: Persönliches, wenn nicht freiwillig geäussert, bleibt aussen vor..