Der Captain trinkt einen Montags-Champagner, also Schaumwein, den man anlassfrei trinken kann. Anlass-Getränke sind dem Captain ein Gräuel. Er trinkt antizyklisch. Das Motto lautet: je unwichtiger der Augenblick, desto spektakulärer der Wein.
Und schon sind wir bei der Champagnermarke Deutz angelangt, die man irgendwie kennt, aber nicht wirklich einzuschätzen weiß. Um die Strecke abzukürzen: Deutz ist immer eine gute Bank, wenn man nicht weiß, zu welchem Schäumer man greifen soll bzw. als Alternativen nur sattsam bekannte Blingbling-Flaschen aus der Werbung zur Verfügung stehen. Dazu sage ich nur: Finger weg!
Wie etliche andere Champagnerhäuser ist Deutz eine deutsche Gründung. Deutz war Deutsch könnte man jetzt platt sagen, aber lassen wir das lieber. Die Champagne ist vom Einfluss deutscher Gründer geprägt. Das beschreibt der Captain in diesem beliebten Artikel:
Für alle Weinverkäufer da draußen, die sich in Erwartung von Kundschaft die Füße in den Bauch stehen, kommt jetzt ein nettes Detail: Es waren zwei junge Weinverkäufer aus Aachen, die Deutz gründeten. Und zwar die beiden Bollinger-Angestellten Wilhelm Deutz und Peter Geldermann. Geldermann? Den Namen kennt man doch auch. Die Marke gehört heute zum Reich des deutschen Rotkäppchens (über 1 Milliarde Umsatz!), das ja gerne kleine Schaumweinhäuser schluckt, die in Schwierigkeiten sind:
Deutz ist dem Captain irgendwie ans Herz gewachsen. Erstens natürlich, weil die Prickelsäfte des Hauses einfach gut schmecken, und zwar von der Basis bis nach oben. Zweitens, weil es wohl kein Champagnerhaus gibt, wo man dermaßen ungeschickt Marketing betreibt. Die Website ist völlig unbrauchbar, man kommt nicht weiter als bis zur Startseite. Es gibt keine wahrnehmbare PR (jedenfalls nicht für den Captain und der wird ansonsten zugeballert mit Champagner-PR) und auf den Weinkarten, die der Captain so in Augenschein nimmt, findet er auch nichts. Wer trinkt eigentlich Deutz? Bitte melden!
Dabei liefert die Marke Deutz jede Menge Storys. Zum Beispiel diese: Die zweite Eigentümer-Generation bei Deutz verheiratete sich gegenseitig. Herr Alfred Geldermann ehelichte Fräulein Marie Deutz. Man exportierte nach England, Deutschland und Russland, was damals der größte Abnehmer von Champagner weltweit war. 1993 geriet Deutz in Geldnöte und wurde von Louis Roederer übernommen. Geldermann wurde von Deutz abgetrennt und nannte sich fürderhin Badische Geldermann Privat-Sektkellerei, bis 2003 Rotkäppchen zugriff. Übrigens: Brut Classic heißt der Basis-Champagner des Hauses, der in der Regel unter 40 Euro kostet und durchaus zu empfehlen ist. Wie gesagt, bei dieser Marke macht man nichts falsch.
Mein Montagschampagner steht jedoch eine Stufe darüber und ist ein sogenannter Jahrgangs-Champagner aus den Rebsorten 60% Pinot Noir, 30% Chardonnay und 10% Meunier, nämlich der Deutz Brut Vintage 2012. Und so schmeckt er: Goldgelb im Glas, feine Perlage. In der Nase weiße Blüten, etwas Hefe, kalte Butter, Kieselsteinmineralik. Im Mund enorm klar und frisch, dabei weich und mittelwürzig. Ich schmecke Zitrusnoten, sehr lebendigen Prickel, sanfte Bitternoten und immer mehr Aprikose, je wärmer das Getränk wird. Ein perfekt gemachter Champagner der gehobenen Mittelklasse. Seine Grundweine kommen aus den Appellationen Côte des Blanc, Montagne de Reims und Vallée de la Marne.
Was ist eigentlich Jahrgangs-Champagner und wozu ist er gut, außer dir das Geld aus der Tasche zu ziehen? Die Antwort steht hier: