Der Grüne Veltliner ist Österreichs Nationaltraube. Und wie beim Riesling in Deutschland gibt es beim sogenannten GV eine enorme stilistische Bandbreite. Von superschlank und kristallig-trocken bis vollmundig-sinnlich-süßlich. Mit oder ohne Edelpilz Botrytis. Aus dem Holzfass oder aus dem Stahltank.
Die Karriere des Grünen Veltliner ist noch gar nicht so alt. Vor zwanzig Jahren war das Zeug noch ein Thekengeträrnk in Vorstadtbeiseln und Landgasthöfen. Eingeschenkt aus plumpen Zweiliterflaschen, in Österreich Doppler genannt.
Dann kamen ein paar Winzer darauf, was man aus dieser Sorte alles machen kann. Heute wird sogar in Manhattan hochpreisiger Gruner zu irren Preisen ausgeschenkt.
Das niederösterreichische Kamptal nördlich der Donau ist eine Hochburg des Grünen Veltliners. Hier sorgen im Sommer heiße Tage und kühle Nächte für gewaltigen Traubenstress, der intensive Aromen in die Beeren jagt.
Gneis, Schiefer, Löß, Lehm und das, was die schlauen Weinvermarkter vor Ort Urgestein nennen, sorgt für eine interessante Bodenvielfalt, die sich in den Weinen widerspiegeln soll. Urgestein, das ist ein überholter Begriff aus der Erdkunde des 19. Jahrhunderts und beschreibt eine wilde Mischung aus Granit, Kalk, Quarz und allerlei anderem Gestein. Urgestein hört sich auf jeden Fall romantisch an und wenn es dem Weinverkauf dient, ist es auch gut.
Hier in Straß im Straßertale (klingt auch wieder sehr urig) betreibt Birgit Eichinger mit ihrem Mann Christian seit 1992 ein Weingut, das sie von ihren Eltern übernommen hat.
Christian, der als Architekt tätig ist, hält sich konsequent aus dem Weinbau heraus und somit gebührt alles Lob, das über die Weine des Betriebs ausgeschüttet wird, nur Birgit allein – und ihren charakterstarken Tropfen, deren Handschrift Weinkenner in der ganzen Welt rühmen.
Es ist eine elegante aber auch kräftige Handschrift, die mit breiter Feder ihre Zeichen hinterlässt. Das sagt man Birgit Eichingers Weinstil nach. Mal sehen, ob da was dran ist.
Ich habe mir einen Grünen Veltliner von der Lage Wechselberg kommen lassen und ins Glas eingeschenkt.
In die Nase strömen herrlich-fruchtige Aromen nach tiefgelbem Steinobst. Man sieht dem golden schimmerndem Wein quasi schon an, wie er duftet. Dann eingelegte Rosinen und eine Ahnung von Süßlichkeit – wohlwissend, dass man süß gar nicht riechen kann. Bei aller Üppigkeit kitzelt auch eine kristallklare Frische die Nasenwände. Das ist schon ein heftiger Auftakt.
Im Mund rauchige Noten und wieder fleischige Früchte: Maracuja und weißer Pfirsich. Etwas dezente Pfeffernoten, Würze, Minze. Alles sehr schön ausgependelt.
Die kabinetthafte Süßlichkeit spielt mit der deutlich mineralischen Säure heiteres, Süß-Sauer-Pingpong. Dieser Wein erinnert mich sehr an einen kräftigen Riesling, der vielleicht gar nicht aus Deutschland, sondern aus dem Elsass kommt.
Wenn man jetzt noch weiß, dass Frau Eichinger auch Riesling anbaut (der im Kamptal eine gewisse Tradition hat), wird einiges klar.
Dazu essen? Da fällt die passende Empfehlung gar nicht schwer: gebratener Zander mit Spinat und Kartoffelpüree. Oder ein deftiges Wienerschnitzel mit Rahmgurkensalat.
Hier haben wir über einen anderen Grünen Veltliner von Birgit Eichinger berichtet.