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Franz Beckenbauer – die rote Akte

Jo wo ist denn der ganze Wein hin?
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Der Captain ist kein Aufdecker von Geheimnissen, das überlässt er besser den Kollegen. Hier geht es nur um Wein. Und zwar um den aus Franz Beckenbauers Weingut Lammershoek in Südafrika.
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Der Kaiser hat sich ein Weingut gekauft. Das hat man hie und da schon gehört und gelesen. In Südafrika. Der Name: Lammershoek. Schon vor ein paar Jahren. Der Mann hat sich ein neues Standbein geschaffen. Mit dem Fußball kann man ja nicht ewig weitermachen…

Moment mal! Weinkenner erinnern sich. Lammershoek – war da nicht was?

Richtig, um 2010 herum sorgte das Weingut mit seinem Winemaker Craig Hawkins für wohlwollende Anerkennung in der Naturweinszene. Auch beim Captain, der damals diese Weinbesprechung schrieb:

Lammershoek-Weine waren zu jener Zeit ziemlich abgedrehte Tropfen. Und sicherlich sehr innovativ.

Aber wie das mit den Revoluzzern so ist, sie werden mitunter nicht verstanden. Und ein Großteil der Freunde des vergorenen Traubensafts will sich beim Weintrinken einfach nicht anstrengen. Wofür ich Verständnis habe.

Es kam, wie es kommen musste. Der Betrieb geriet wirtschaftlich in Schwierigkeiten und man suchte einen Käufer.

Das war die Stunde von Andreas Abold, der in München eine Sportmarketing-Agentur betreibt und sich im Zusammenhang mit der Fußball-WM 2010 lange Zeit in Südafrika aufhielt. Abold und seine Frau Sonja hatten sich in das Land verliebt. Und beschlossen, sich hier niederzulassen. Teilweise wenigstens. Und ein bisschen Wein zu machen.

Ein bisschen.

Diesen Traum haben viele. Aber nur wenigen gelingt der Sprung in die Weinwelt. Lest hier, wie es zwei anderen ging, die nicht weit weg von Lammershoek ihren Traum verwirklicht haben:

Unser kleines Weingut in Südafrika

Zurück zu den fabelhaften Abolds. Es blieb natürlich nicht beim bisschen Wein. Die beiden stolperten buchstäblich über Lammershoek, das mit seinen 180 Hektar (davon 80 Hektar Rebland) alles andere als ein kleines Weingut ist. Und trotz der akuten Probleme sicherlich kein Schnäppchen war.

Man muss nicht lange gugeln, um herauszufinden, mit welchen Schwergewichten des Fußballgeschäfts Abold engste Kontakte pflegt.

So kam es, dass ein paar Herren mit sicherlich nicht ganz leeren Bankkonten Abold unter den Arm griffen und mit ihm den Kauf wuppten.

Einer davon ist der Franz. Im Foto zu sehen mit Abold (links) und dem aus der investigativen Presse ebenfalls nicht ganz unbekannten Fedor Radmann (Mitte).

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Gottseidank sind wir hier nicht beim Spiegel. Neben der Verkosterei wäre das nämlich ganz schön anstrengend.

Nein. Der Captain steuert einen Vergnügungsdampfer und kümmert sich um das Wohlfühlprogramm seiner Passagiere. Das ist Aufgabe genug.

Deshalb komme ich zum Thema, das wirklich wichtig ist: Wein. Und stelle Fragen, die vielleicht weniger nerven, als die der Kollegen.

Herr Beckenbauer, was genau erwarten Sie von einem Spitzenwein allgemein?

„Dass er schmeckt.“

Wie fanden Sie zum Wein, bei welchem Tropfen konkret hatten Sie Ihr Erweckungserlebnis?

„Bei einem schönen Bordeaux vor ca. 25 Jahren.“

Ich saß einmal bei einer Raritätenprobe von Hardy Rodenstock neben Ihnen und Sie waren bemüht, nicht den Weinkenner zu geben, obwohl Sie kundig wirkten. Ist Tiefstapelei in Sachen Genuss und Luxus wichtig, wenn man ein Volksheld ist?

„Ich habe mich weder verstellt, noch etwas gespielt. Ich bin ein Weintrinker und kein Weinkenner. Dieser Abend war meine erste Begegnung mit Bordeaux und so wurde ich Weinliebhaber. Damals, vor 25 Jahren im Königshof, wurden auch Weine aus dem 19. Jahrhundert verkostet. Es war ein prägendes Erlebnis. Seit dieser Zeit bin ich bekennender Weintrinker und genieße die Weine, die mir schmecken.“

Warum tun wir Deutschen uns immer noch etwas schwer, ganz offen zu genießen und das auch anderen zuzugestehen?

„Ich habe nicht das Gefühl, das wir uns schwertun und auch unsere Freude am Genuss genug zeigen. Ich denke, das Selbstbewusstsein hat sich total gewandelt. Die Zeiten haben sich geändert. Vor 30 Jahren waren die Weintrinker und Genießer die Ausnahme. Heute findet der Wein viel größeren Anklang, gerade bei jungen Menschen, die sich auch offen zum Genuss bekennen.“

Lammershoek gehört zu den alteingesessenen Weingütern im trockenen Swartland. Alt – das heißt in Südafrika Jahrhunderte alt.

Die Gegend um den Paardeberg ist ideal für den Weinbau. Tief unter dem bröckeligen Granitboden speichert schwere Tonerde Wasser für die heißen Monate. Kühlende Winde, die vom Meer herüberwehen sorgen für Durchlüftung. Auch der berühmte Swartland-Kultwinzer Eben Sadie bezieht einen Teil seiner Trauben von hier.

2013 ging der Kauf über die Bühne und 2015 wurde ein komplettes neues Team installiert, das den Laden auf Vordermann brachte. An das Weingut angeschlossen ist eine kleine Farm und es gibt sogar ein Sozialprogramm für die Landarbeiter und ihre Kinder.

Marketingfuchs Abold strukturierte das Sortiment um, das nun aus drei Linien und einem Flagschiffwein besteht. Die Basis heißt Innocent Range mit den sogenannten Alltagsweinen, was in meinen Augen pure Tiefstapelei ist.

Darüber steht die Mysteries Range mit ihren extrem würzigen und charakterstarken Tropfen. Das sind wahrlich Exoten, die hoffentlich noch für Furore sorgen werden. Mein Liebling des Weinguts kommt aus dieser Linie und ist der unfassbar schmackhafte Strohwein Die Swart Strooi.

Dann kommt die Reserve Range mit den noblen Dinnerweinen des Hauses. Hier könnt ihr lesen, wie mir ein Querschnitt durch das Beckenbauer-Sortiment geschmeckt hat:

So schmeckt Château Beckenbauer

Über allem jedoch schwebt des Kaisers Eigenkreation namens Franz Beckenbauer – Libero No 5 aus den Rebsorten Syrah (77%), Carignan (12%), Grenache (7%), Viognier (3%) und (interessant!) 1% Chenin Blanc.

Ein Wein, der ganz bewusst auf seinen berühmten Namensgeber setzt. Auf der Flasche klebt ein Bild vom Chef.

Dem Captain erklärt Franz Beckenbauer auf Nachfrage die Idee hinter dem Wein:

„Der Libero ist ein Mann für die besonderen Aufgaben und war im damaligen Spielsystemen unersetzbar. So ähnlich ist auch unser Libero No 5 ein Wein, der von der Spielanlage elegant ist und doch voller Charakter und hohem Wirkungsgrad. Irgendwie gibt es schon Parallelen zu meinem Verständnis der Spiel- und Genusskultur.“

Der Captain hat im Sommer 2016 als einer der Ersten diesen Wein verkostet.

Sein Preis ist stolz – knapp 60 Euro. Ich sage: gut so! Es ist wichtig, dass für außergewöhnliche Weine ordentliche Preise verlangt werden. Das spornt unsere Winzer an.

Aber ist der Libero überhaupt so ein Ausnahmewein, oder zahlt man hier einen Promi-Zuschlag?

Die Frage ist gemein, muss aber gestellt werden.

Vorhang auf für den Libero No 5 von Franz Beckenbauer. Eine Koproduktion mit dem Lammershoek-Kellermeister Schalk Opperman.

Im Glas schönstes Purpur, violetter Kern, blassrosa Rand. Das zeugt von einer stabilen Vergärung.

Feine, saubere und fleischige Nase, sehr würzig. Ich rieche Cashew-Nüsse aber keine Vanille und keine Schokolade – die typischen Barriquenoten. Vermutlich lag der Tropfen in gebrauchten Fässern. Rote Paprika, Lakritze, Anis. Dann frische Kräuter und geschnittenes Gras. So riecht Syrah.

Im Mund Superpower mit deutlich mehr Holzaromen als in der Nase. Ich sehe nach. Bingo, der Kellermeister legte das gute Zeug in 2.000-Liter-Fuderfässer und 500-Liter-Eichenfässer.

Das ist ein total trockener Wein, fast staubig und herrlich extraktreich. Es walten ein paar kräftige Tannine, die noch ein bisschen wild herumrempeln. Ich vermute, der sollte sowieso später getrunken werden. Also in 5 Jahren.

Ist das eine Châteauneuf-du-Pape-Anlehnung? Die Weine aus der berühmten Südrhône-Appellation schmecken ähnlich. Es werden auch ein paar typische Rebsorten von dort verwendet.

Herr Beckenbauer, der Libero No 5 lässt vermuten, dass Sie die Weine von der Rhône sehr schätzen. Liege ich falsch?

„Ich bin ein großer Fan von französischen Weinen. Allen voran Bordeaux aber auch ein schöner Chateauneuf-du-Pape ist ein Vergnügen. Daher rührt wahrscheinlich mein erster Impuls zur Zustimmung als ich die Libero No 5-Blends vorgeschlagen bekam.“

Ich rate, den Wein zwei Stunden vor dem Genuss zu öffnen. Vielleicht sogar am Vortag, damit die Säure harmonischer wird.

Fazit: Das ist ein Top-Wein, der noch etwas braucht, um als Premiumtropfen erkennbar zu sein. Gebt ihm die Zeit!

 

Datum: 13.1.2018 (Update 14.1.2018)
 

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