Erster: Hast du diese Erzählung überprüft?
Captain: Bin ich das Wallstreet Journal? Außerdem, die Story ist gut. So was braucht man halt, um über 100 Euro zu kommen. Steht haarklein in einem brandneuen Fachbuch mit dem Titel → Luxury Wine Marketing. Schau, diesen Text daraus hab ich mit dem Handy abfotografiert: No matter how differentiated the wine is, if the story around it is not clear, it will never enter and stick into the minds of consumers. The story is one of the most important elements to building a distinctive brand. It becomes ever more critical with the increasing level of competition in the luxury wine space.
Erster: Dagegen ist dein Abendwein ja ein schöner loser. Keine Story, nicht mal ein Weingut namens Château Mignot gibt es. Alles fake.
Captain: Naja, die meisten Châteaus im Bordelais sind keine Schlösser, sondern moderne Zweckbauten. Aber für sein Geld schmeckt der Château Mignot Saint-Estèphe ziemlich gut. Hat Biss und schöne, konzentrierte Beerennoten. Ein richtiger Fleischwein! Den empfehle ich mit gutem Gewissen, auch wenn es gar kein Château gibt: Konzentrierte Beerenbombe aus 55% Cabernet Sauvignon, 35% Merlot, 10% Cabernet Franc. In der Nase Schwarze Johannisbeere, Brombeere, Kirsche, etwas Bleistiftspitze, Zigarrenkiste, kalte Holzkohle, eingelegte Rote Beete und gedämpfter Spinat. Im Mund viel rassige Säure und rotbeerige Würze bei mittlerer Statur. Ich schmecke Schwarze Johannisbeere, erdigen Stangenpfeffer (Bengalischer Pfeffer), geröstete Zwiebel, hellrote Noten von Granatapfelkernen und sanfte Tannine, die noch etwas grün sind. Am Gaumen sehr fruchtig und frisch. Was kann man dazu verspeisen? Mir fällt sofort Roastbeef mit knusprigen Bratkartoffeln und Remouladensoße ein. Wer den Wein etwas weicher möchte (der Captain nicht), kann ihn noch ein bis zwei Jahre in den Keller legen. Lass mich jetzt den Verkostungsbericht fertigtippen, gleich muss der Newsletter raus