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Wie funktioniert eine gute Verkostung?

Welcher darf's denn sein?
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Weinverkostungen sind in. Aber wie finde ich heraus, ob sie Zeit und Geld wert sind? Der Berliner Sommelier Serhat Aktas hat ein paar Tipps.
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Soll ich zu dieser Weinverkostung gehen? Das ist tatsächlich eine Frage, die mir sehr oft gestellt wird. Woran erkenne ich, ob der Sommelier oder Moderator wirklich gut ist und Ahnung von seinem Beruf hat? Ich will versuchen, ein paar Antworten zu geben.

Zuerst sollte sich der Sommelier vorstellen. Wer er ist, was er macht und wo er beruflich herkommt. Denn ich möchte den Menschen kennen lernen, mit dem ich die nächsten Stunden verbringen werde. Ist die Vorstellung vorüber, wäre ein grober Überblick auf das Verkostungsprogramm hilfreich. So weiß ich, was auf mich zukommt. Wie viele Weine verkosten wir, sind die Weine nur aus Deutschland, Europa oder mache ich sogar eine kleine Weltreise? Und gibt es etwas zu essen?

Der Verkostungsleiter sollte meiner Meinung nach mindestens eine Flasche vor den Gästen aufmachen, um zu zeigen, wie man eine Flasche fachgerecht öffnet. Das ist nämlich gar nicht so einfach, wie man vielleicht glaubt.

Nehmen wir an, der erste Wein ist ein Schaumwein. Was viele nicht wissen: Man dreht den Korken nicht einfach raus, sondern hält ihn fest und dreht ganz langsam die Flasche. Erst kurz bevor der Pfropfen komplett raus ist, wechselt man die Bewegung und nimmt ganz vorsichtig den Korken ab. Korken knallen lassen? Vergesst es. Das ist höchst unfein. Übrigens, der Draht, der den Korken festhält, heißt Agraffe.

Der Wein ist eingegossen und wir fangen an zu philosophieren. Zuerst sollte der Sommelier über die Farbe sprechen. Warum? Auch an der Farbe kann man einiges ablesen. Zum Beispiel, welche Art von Wein ich da verkoste. Jede Rebsorte ist anders pigmentiert. Und je nach Sorte kann man bei Weißweinen die Reife bzw. das Alter an der Farbtiefe erkennen. Zeigt der Wein einen orange-bräunlichen Ton, so deutet das auf Oxidation hin, also auf fortgeschrittene Reife.

Eine gute Weinverkostung ist von interessanten Informationen geprägt. Schweigend in sich hineinprobieren finde ich schrecklich. Und ich kann es schon gar nicht leiden, wenn der Sommelier oder Winzer meine Fragen nicht beantworten will.

  • Weinverkostungen werden auch als besonderes Geschenk immer beliebter. Hier findet ihr einige interessante Wein-Geschenkideen und → Weinproben.

Neulich saß ich mit einem Winzer zusammen, um seine Weine zu probieren. Einer dieser Weine war ein Cuvée, also ein Verschnitt aus mehreren Rebsorten. Auf meine Frage, wie das Rebsortenverhältnis im Wein ausgefallen ist, sagte er etwas herablassend: Das interessiert doch niemanden. Er wollte mir einfach keine Antwort geben, was sein gutes Recht ist. Aber ich fühlte mich etwas düpiert. Immerhin habe ich mir für seine Weine extra Zeit genommen. Manche Winzer glauben, interessanter zu wirken, wenn sie nicht alles verraten. Die sollten dann aber nicht zu Verkostungen einladen, sondern sich besser gleich verstecken. Das macht sie dann richtig geheimnisvoll.

Letztes Jahr war ich bei einer kleinen Verkostung, zu deren Beginn sich der Moderator als Sommelier vorgestellt hat aber definitiv keiner war. Leider ist der Begriff Sommelier nicht geschützt. Daher kann sich praktisch jeder Sommelier nennen, der gar keine Ausbildung genossen hat. Unser Möchtegern-Sommelier brach im Laufe des Abends gleich mehrere Korken ab, ließ den Schaumwein knallen, schenkte keine Verkostungsmenge (30 bis 50 ml) sondern die Trinkmenge (ab 100 ml) ins Glas und konnte viele Fragen nicht beantworten.

Apropos Fragen: Viel schlimmer als keine Antworten sind falsche Antworten. Die bleiben nämlich hängen und man muss an den Nachwirkungen der Fehlinformation leiden. Unser Verkostungsleiter meinte tatsächlich, die Champagner-Methode sei nicht traditionelle Flaschengärung sondern Tankgärung. Und dann meinte er noch, dass Sauvignon Blanc eine neutrale Rebsorte sei. Ausgerechnet Sauvignon Blanc mit seinen alles andere als neutralen Noten von Stachelbeere, frisch gemähtem Gras, zerriebenem Tomatenblatt, weißer Johannisbeere, Birne, Melone, Feige etc.

Aber kehren wir zum Thema zurück: Eine gelungene Weinverkostung. Informationen über die Weingüter und ihre Stilistik kommen immer gut an. Dazu gehören Anekdoten über die Winzer, von welchen Böden die Weine herkommen, welches Klima sie beeinflusst hat und wie sie ausgebaut werden. Das interessiert mich sehr und die meisten Weinfreunde, die ich kenne.

Auch Speisenempfehlungen zu den Weinen sind immer willkommen. Sowohl konkrete Beispiele inklusive Begründung als auch generelle Informationen zum Thema Food-Pairing. Wer einmal herausgefunden hat, welcher Wein zu Tomatensoße passt, versteht mich.

Tomatologie für Weinfreunde

Eine interessante Verkostung lebt auch von Überraschungen. Ohnehin besteht bei Weinverkostungen immer die Gefahr, dass alles viel zu ernst wird. Ein lustiger Gag lockert die Runde auf. Das machen selbst Profis untereinander, wenn sie einen sogenannten „Piraten“ (also eine Flasche, die eigentlich gar nicht reinpasst) in die Verkostung reinschmuggeln. Dann verrenken sich alle beim Probieren die Zungen und der Spaß ist groß, wenn der kleine Scherz auffliegt. So ein Pirat könnte bei einer Weißweinverkostung zum Beispiel aus Blanc de Noir sein, also ein heller Wein von roten Trauben. Oder ein sogenannter orange wine, der aus weißen Trauben wie Rotwein hergestellt wird.

Der Verkostungschef muss aufpassen, dass er die Weine in der richtigen Reihenfolge probieren lässt und sollte die Reihenfolge auch erläutern. Vom leichten zum schweren Tropfen, vom jungen zum gereiften, vom weißen zum roten und vom trockenen zum süßen. Warum zuerst jener und nicht dieser – solche kleinen Details sind oft sehr lehrreich und ermöglichen dem Laien künftig bewusster und intensiver zu genießen. Und das ist ja auch der Sinn so einer Weinverkostung.

 

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Datum: 7.4.2020
 

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