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Die Tochter des Rotweins

Lisa Maria Endrici, Mitbesitzerin der Cantina Endrizzi
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Eine junge Winzerin aus dem Trentino pimpt die uralte Rebsorte Teroldego Rotaliano auf und lässt mich einfach nur staunen.
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Das Trentino. Kennt eigentlich keiner. Die Leute fahren durch. Hinunter zu den Ständen Italiens. Man bleibt lieber weiter nördlich stehen, in Südtirol, wo man noch deutsch spricht. Das ist vertrauter.

Als Weinbaugebiet ist die Region bislang nicht sonderlich aufgefallen. Weil auch nicht sonderlich groß. Es gibt aber auch bekannte Winzer hier. Neben den vielen Schaumweinkellerein, die den Weinbau der Region prägen. Hier findet man einige Perlenwässer, die an große Champagner herankommen.

Wer ist wichtig? Zum Beispiel die Familie Endrizzi. Ihr Schatz: Der Teroldego, die autochthone Rebsorte des Trentino, deren ohnehin nicht zehlreiche Beeren mitunter noch in der Massenproduktion landen. Eine Traube, die man lange Jahre nicht verstanden hat. Die Endrizzis schon.

Teroldego wird im Trentino auf nicht mal 4oo Hektar Rebläche angebaut. Die Sorte ist sehr eigen, hat eher wenig Tannin, einen mittleren Druck am Gaumen und auch keine dramatische Frucht. Doch ein guter Winzer (oder eine Winzerin) kann gerade aus all diesen Durschschnittlichkeiten eine perfekten Wein keltern. Einen Wein, der nahezu alles kann. Vor allem ein Essen begleiten.

Teroldego ähnelt der österreichischen Rebsorte Blaufränkisch. Vor allem im Mund und nicht in der Nase. Das macht die präsente Säure und der erdige Ton des Teroldigo. Der Wein aus dieser Sorte war unter den Habsburgern eines der beliebtesten Tischgetränke am Wiener Hof und wurde als „Tiroler Gold“ verschlagwortet, obwohl das Trentino nicht zu Tirol gehört. Naja, die Ösis – überall, wo Berge sind, da ist Tirol.

Zwischenruf von unserem Leser Heinz Kloiber via Facebook: „War Trentino nicht ursprünglich das Urtirol? Margarethe Maultasch schenkte im 14. Jahrhundert Südtirol und Welschtirol (Trentino) den Habsburgern. Also war ursprünglich dies seit damals Tirol (siehe Landkarte)!“ Danke für die Nachhilfe!

Zurück zum Wein. Und weiter zu Endrizzi. Die Kellerei ist 130 Jahre alt und beruft sich auf Tradition und Moderne. Auf Werte und Erneuerung. Zur Erneuerung gehört auch, dass die Familie Endrici (schreibt sich anders als ihr Betrieb) ein Weingut in der Toskana erwarb. Doch – sehr klug – dort keinen Keller baute. Die Trauben werden mit einem Kühllastwagen über Nacht in das 600 Kilometer entfernte Trentino gefahren und dort gepresst, vergoren, ausgebaut und abgefüllt. Das hat zur Folge, dass die toskanischen Kreszenzen der Endricis auch ein bisschen trentinisch schmecken. Also leichter und säurereicher sind, als die fetten Säfte, die man sonst aus der Region bekommt. Endrizzis Toskaner sind Zwitter.

Lagrein – der dunkle Saft Südtirols

Doch ich will nicht abschweifen. Vor mir steht eine Flasche Endrizzi-Teroldego. Erstaunlich günstig und leicht (geringe 12,5 Volumenprozent Alkohol) aber präzise und sortentypisch gekeltert. Seit einiger Zeit hat sich Lisa Maria Endrici, Tochter und Co-Chefin des Hauses, dieser Rebsorte angenommen und mit kundiger Hand einen Wein kreiert, der das pure Vergnügen ist.

In der Nase Waldbeere, Wacholder, etwas Majoran, viel nasse Erde, ein wenig Bergbach, Joghurt, ein ganz klein wenig Sternanis. Dann helle Kirsche, Hagebutte, Sonnenblumen bei einem Floristen am Viktualienmarkt in München. Eine Spur rote Montblanc-Tinte (nicht die blaue wohlgemerkt).

Im Mund dann unerwarteter Druck, Volumen, das in nahezu perfektem Gleichgewicht mit der doch drängenden Säure steht, die den geschmacksintensiven Vordergrund bestimmt.

Ein herrlicher Wein, der fantastisch mit jeder Brotzeit harmoniert aber auch neben einem saftigen Rinderbraten wie eine Eins steht.

 

Datum: 12.1.2018