Frauen in Deutschland trinken mehr Wein als Männer, das belegen → Maktforschungsdaten der Wein-Uni Geisenheim, die 2019 vorgelegt wurden. Fazit: Frauen konsumieren 56% des jährlich in Deutschland getrunkenen Weins, aber nur 44 % rauscht durch männliche Kehlen.
Diesen Trend beobachten Weinvermarkter weltweit, weshalb sich Vermarktungsstrategien zunehmend der weiblichen Zielgruppe und ihren Bedürfnissen anpassen. Ein neuer Rosé-Wein aus der Toskana belegt das überdeutlich. Er ist in der Aufmachung zu 100% auf Frauen zugeschnitten. Überraschung: Im Mund widerlegt das Getränk alle Klischees vom Damenwein und schmeckt durchaus würzig. Entwickelt wurde es von der Weingutsgruppe Ruffino, die in der Toskana 6 verschiedene Betriebe unterhält.
Der Captain kommt von einem Streifzug durch seinen Charlottenburger Kiez zurück, flanierte über die Knesebeck vorbei an Kohorten muskulöser Gockel mit leuchtendem Aperol Spritz zwischen den Fingern und an niedlichen Puppentischchen sitzend, den Porsche Turbo auf zweiter Parkspur immer im Blick. Ich wollte nachsehen, ob Günther Jauchs Rosé schon bei Aldi steht, wie der Konzern pompös ankündigte: Fehlanzeige.
Zu gerne würde der Captain wissen, ob Showmaster Jauch an den → grässlichen Wein-GAU seines Discounter-Rotweins vor zwei Jahren anknüpft. Eine sagenhaft üble Brühe, an der namhafte Player im deutschen Weinzirkus beteiligt waren: Jauchs Kellermeister bei Othegraven → Andreas Barth, Weinfabrikant → Matthias Willkomm und Master of Wine → Markus del Monego, der bis Ende 2018 für Aldi die Qualitätskontrolle erledigte. Man sagt, die beiden Jauch-Weine (es gab auch einen Weißen) seien trotz ihrer unterirdischen Qualität und des hohen Preises (knapp 6 Euro) ein gutes Geschäft gewesen. Umso mehr darf man auf den dritten Streich gespannt sein. Ist es wieder eine Jauche? Sobald ich verkostet habe, bekommst du über meinen → Newsletter Bescheid. Was jetzt?
Da trifft sich gut, dass der Captain heute ein Paket aus Italien geschickt bekam, das aussieht wie eine Hutschachtel. Es war die luxuriös anmutende Verpackung eines neuen Roséweins, der uns lehrt, wie die Zukunft der Weinvermarktung aussieht: weiblich. Entsprechend wurde das Produkt wie ein Parfum benamst: Aqua di Venus. Venuswasser. Ein feuchter Traum der Liebesgöttin. Was für ein Pathos! Das beherrschen die Italiener aus dem Effeff.
Im Inneren des Kartons lag ein riesiger Flakon, der sich rasch als Weinflasche erwies, flankiert von zwei Pressgläsern mit Blumenmuster-Dekor. Was für ein Auftritt für einen 15-Euro-Wein! Das kannte ich bisher nur von teurem Whisky. Und natürlich Parfum. Absender war der toskanische Weingigant Ruffino (gehört dem US-Getränkemulti Constellation Brands), wo der Captain im vergangenen Sommer einen ganzen Tag verbrachte und 17 Weine verkostete. Der Artikel über diesen Besuch ruht noch immer in seiner Kopf-Schublade. Ruffinos Damenwein (oder wie soll ich ihn nennen?) ist eine „Mischung der Rebsorten Syrah, Sangiovese und Pinot Grigio“ (Zitat Pressetext), also roten und weißen Trauben.
Wie das weinrechtlich geregelt wurde, ist ein italienischer Sonderweg. Generell ist das Mixen von roten und weißen Sorten bei Stillwein (im Gegensatz zu Schaumwein) europaweit untersagt – bis auf Ausnahmen, die für regionale Spezialitäten gelten, zum Beispiel → Badisch Rotgold oder Schieler aus Sachsen.
Die Italiener legen diese Vorschrift etwas lässiger aus. Der erfahrene fränkische Weinjournalist Rudolf Knoll informiert den Captain über eine Spezialität, die ihm in Erinnerung geblieben ist: Paolo Endrizzi im Trentino hat auch einen Rosé aus Teroldego (uralte rote Rebsorte) mit Sauvignon blanc im Sortiment. Aber hier geht’s um Ruffino und seinen schick verpackten Aqua di Venus: Der Captain gießt sich aus dem bauchigen Flakon ein Glas ein und freut sich über wunderschönes Hellrosa mit orangen Reflexen, das den Wein in die Nähe der lachsfarbenen Rosé-Klassiker der Provence rückt. Im Glas schwimmen Säfte der Sorten Syrah, Sangiovese und Pinot Grigio, gereift und gelesen in der Maremma, dem Küstenland der südlichen Toskana. In der Nase sehr zurückhaltend (nicht ungewöhnlich bei Rosé) nach Walderdbeeren, fleischigem Pfirsich, Eistich, rotem Gummibärchen. Beim intensiven Schwenken steigt ein zarter Hauch Whisky empor. Im Mund überraschend würzig für ein Getränk, das daherkommt wie Mädchen-Wein. Ich schmecke Rhabarbersaft, angeditschte Plantagenerdbeere, kalte Fliederbeersuppe, Hohes-C-Orangensaft, Melonensorbet, ein Quentchen Anis. Weiter hinten am Gaumen kommt dann noch ein bisschen Süße hervor, die den Schluck als Gleitmittel in den Rachen eskortiert. Passt sicher gut zu Saté-Spießen mit Erdnuss-Soße.