Was wenige wissen: Es gibt einige deutsche Önologen, die im Ausland sehr erfolgreich sind. Ein prominenter Vertreter dieser Gruppe ist Axel Heinz, Produktionsdirektor des weltberühmten toskanischen Spitzenweinguts Ornellaia. Ein anderes Beispiel ist die extrem experimentelle Domaine de l‘ Horizon im südfranzösischen Calce, die von einem Team deutscher Weinmacher geleitet wird.
Lest hier meinen Artikel über dieses bekannte Weingut:
Deutsche Winzer haben wesentlich geringere Scheuklappen als ihre Kollegen aus Frankreich oder Italien, die meist in ihrem Land tätig bleiben. Dort hat der Wein ja auch einen höheren Stellenwert als in Deutschland und ist Teil des kulinarischen Alltags. Dieses vorbehaltlose Schöpfen aus der Vielfalt führt zu manch interessanter Kreation.
So konnte sich noch vor wenigen Jahren niemand vorstellen, dass in Deutschland ein extrem interessanter und auch fruchtig-gewichtiger Rotwein aus der südafrikanischen Sorte Pinotage gekeltert wird. Der Pfälzer Stefan Dorst verantwortet dieses Experiment. Er hat lange am Kap als Önologe gearbeitet und ist nach seiner Rückkehr als Negociant tätig geworden.
Negociant klingt besser, als das deutsche Wort Abfüller, steht aber für die gleiche, von Landbesitz und Winzercharme befreite Tätigkeit des aus Zukauf verschneidenden Weinmachers. Der Heimkehrer Dorst wollte nichts Gewöhnliches keltern und hat sich einige Mitstreiter gesucht, die (wie er) aus den Rahmen fallen. Mit jenen bestreitet er das außergewöhnliche Projekt „Dorst & Consorten“, das seit vier Jahren seltsam anmutende Weine in kleiner Auflage auf den Markt wirft. Eine Art önologische Kreativwerkstatt.
Die Rebsorte Pinotage ist eine Kreuzung aus Cinsault und Pinot Noir und somit auch dem in Deutschland heimischen Spätburgunder ähnlich.
Der junge Winzer Stefan Bietighöfer hatte den Mut aufgebracht, quasi im Geheimen Pinotage auf Pfälzer Boden auszupflanzen. Man versteht Bietighöfer gleich besser, wenn man die obercoole Weingutsarchitektur ansieht, die er mit seinem neuen Keltergebäude mitten in die dörfliche Beschaulichkeit seiner Heimat gestellt hat.
Dorst hörte von Bietighöfers Pinotage-Experiment, holte den jungen Mann in seine Tafelrunde und begann, mit ihm Weine zu kreieren. Unter anderem aus der Pinotage-Traube. Nicht nur einmal mussten sich beide die vorwurfsvolle Frage anhören, was denn ein südafrikanischer Abkömmling des Pinot Noir in deutschen Weingärten zu suchen hätte.
Im nicht gerade sonnenverwöhnten Jahrgang 2010 haben Dorst und Bietighöfer ihren ersten Pinotage auf die Flasche gebracht. Inzwischen hat man gelernt und weiter herumexperimentiert. Heraus kam ein fetter Saft mit ordentlich Druck und Nachhall. Mehr dem Cinsault ähnlich, als dem eleganten Pinot.
Eine wichtige Information vorweg: Man sollte diesen Wein mindestens eine Stunde vor dem Genuss aufmachen. Ich rate auch zu karaffieren, damit er ordentlich Luft bekommt. In der Nase Kirsche, etwas reife rote Johannisbeere, nach einigen Minuten überwiegen aber die Kräuter- und Gewürztöne. Ich rieche neben Minze und etwas Liebstöckel auch noch ein wenig Thymian, Pfeffer und sogar Kümmel. Das verliert sich aber schnell im Mund und in der wiederkehrenden Frucht, die auch ein bisschen metallische Mineralität mitbringt, mit Noten von nassem Stahl und nassem Schiefer – marginal wahrgenommene Gerüche, wie ich sie von manchem Riesling kenne. Kräftiges Tannin, dunkle Würze, feuchter Ackerboden kurz nach dem Aufpflügen, Malzbier, eine Stange Lakritz. Alles wunderschön aufgepimpt durch ein straffes Säuregerüst. Dieser Wein bietet ein vollmundiges, kräftiges und balanciertes Geschmackserlebnis – sehr rund und lang, wenn man ihm die nötige Zeit gönnt, um sich zu entfalten.
Essen: Geschmortes und alles andere Deftige mit etwas Säure, wie zum Beispiel Gans.
Ein anderes Beispiel, wenig bekannt in Deutschland: Schlossgut Diel in Washington State, USA http://schiller-wine.blogspot.de/2011/07/visiting-long-shadows-vintners-in-walla.html
Bernd Philippi ist vermutlich der umtriebigste und erfolgreichste im Ausland. Südafrika, Frankreich, Portugal…
…und Herr Johner in NZ.