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Tannat für harte Hunde

Pass auf, dass der dich nicht umhaut, Strolchi!
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Der Captain trank einen urtümlichen Tropfen aus der (angeblich) gesündesten Rebsorte der Welt. Hart aber herzlich wie ein Musketier.
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Dr. Roger Corder vom Londoner William Harvey-Institut für Kreislaufforschung hatte im Zuge seiner Untersuchung des „French Paradox“ – ihr wisst schon – fett trinken, fett essen und dennoch länger leben – einen Rotwein entdeckt, der aufgrund seines hohen Anteils an Polyphenolen vor Herz- und Kreislauferkrankungen schützen soll. Und vor einigen anderen Zivilisationsleiden auch.

Seit Paracelsus wissen wir, dass die Dosis das Gift macht. Insofern wird der Alkohol nur zum Freund, wenn man den Konsum kontrolliert. Polydingens hin oder her. Aber was ist das für ein Rotwein, die so ungeheuer gesund sein soll?

Festhalten: Er kommt aus Südfrankreich und heißt „Charles de Batz“. Das klingt wie ein Witz. Charlie kommt aus der Region Madiran und wird im Weingut Domaine Berthoumieu von Didier Barré gekeltert. Dieser Charlie ist ein echter Bauernwein. Ein archetypischer Tropfen, wie es ihn in dieser konsequent altertümlichen Machart auch in Südfrankreich kaum noch gibt. Charlie war einer unter 28 Weinen aus aller Welt, die Dr. Corder im Rahmen seines Gesundheits-Checks untersuchte. Der einzige Wein von der Rebsorte Tannat. Und er gewann.

Der Captain hat an anderer Stelle schon mal über Tannat ganz allgemein und einen Wein aus Uruguay im Besonderen berichtet:

Der gesündeste Wein der Welt

In Corders Forschungsprojekt schnitten zwar auch die Weine aus Cabernet Sauvignon (genetisch mit Tannat verwandt) ganz gut ab. Weißweine, Roséweine und alle Flaschen aus Australien fielen jedoch durch. Bei den hellen Sorten ist das kein Wunder.

Polyphenole finden sich vor allem in der Haut und den Kernen von Weinbeeren. Und die werden bei Rotwein während der sogenannten Maischestandzeit viel länger mitvergoren. Ja, nicht nur die Rebsorte, sondern auch die Verarbeitung des Weins ist ausschlaggebend, fand Dr. Corder heraus. Weine mit Gärzeiten von vier bis fünf Tagen landeten ganz hinten. Denn um die Polyphenole aus Schalen und Kernen zu lösen und die Herz schützende Wirkung zu entfalten, braucht es mindestens 9 bis 10 Tage, schätzte Corder. Und das funktioniert – wie gesagt – ganz besonders gut bei Tannat.

Die gesunde Rebsorte ergibt tiefdunkle Weine mit viel Tannin und wird erst nach ewig langer Flaschenreife trinkfertig. Denn obwohl Winzer Barré die Tannattraube im neuen Barrique ausbaut und häufig mit etwas Cabernet Sauvignon ergänzt (in diesem Fall 10%), bleibt Charlie ein harter Hund. Vielleicht deshalb auch die Wahl des Namens: Charles des Batz. So hieß nämlich Alexandre Dumas‘ Romanfigur d’Artagnan mit bürgerlichem Namen.

Der junge Charlie ist mit wenigen Worten umrissen: fest, würzig, beerig mit hartem Tannin und krasser Säure. Wenig schmackhaft, wenig einladend. Ein reifer Charles de Batz wartet jedoch mit herrlicher Frucht auf, die von Sauerkirsche bis zu vollmundigen Brombeeren und Cassis alles zu bieten hat. Auch eine geschmeidige Süße nach Schokolade und weihnachtlichem Gewürz. Niemals jedoch ist er ein plumper, schwerer Wein. Säure und Tannin sorgen für den Ausgleich. Wenn Charlie rund 10 Jahre alt ist.

„Noch ein paar Jahre lagern.“

„Noch nicht trinkreif.“

„Bitte lange belüften.“

Ich weiß, all das sind keine Empfehlungen sondern Warnungen, denen jeder Matrose nachkommen sollte. Wer Charlie zu früh öffnet, muss absolut unempfindlich gegen ungehobeltes, sprödes Tannin sein. Und eine massive Brombeerfrucht mögen. Die kräftige Säure nicht zu vergessen. Ich sage: Noch 2 Jahre liegen lassen. Ob das wirklich der gesündeste Wein der Welt ist, bezweifle ich. Ich glaube, so etwas kann es gar nicht geben. Aber die Geschichte ist einfach zu schön.

 

Datum: 1.5.2019 (Update 24.6.2020)
 

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