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Kante für die Kehle

In Kantes Keller.
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Ich hole mir eine Flasche Vitovska (bitte was?) von Edi Kante aus dem Keller und beame mich innerhalb von Sekunden an den Golf von Triest. Dort, hinter dem Karst, wo gar wundersame Weine wachsen.
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Für die Freunde urtümlich schmeckender Bioware (auch Orange Wine genannt) ist Edi Kante kein unbeschriebenes Blatt. Am Schiff stellte man ihn schon vor. Damals erzählte ich von seinem spektakulären Weinkeller, von ihm als bildendem Künstler, von seinem Malvasia und von dem kompromisslosen Individualisten in der Person Edi Kantes.

Wer sich nicht mehr daran erinnern kann oder damals noch nicht mitgesegelt ist, kann hier nochmals nachlesen.

Heute ist sein Vitovska dran.

So heißt eine sehr seltene Weiß­wein­s­orte, die wahr­schein­lich aus dem ganz nahen Slowenien stammt und dort Vitovska Grganja heißt. Die wenigen Winzer, die Vitovska noch anbauen, machen trockene, mittelschwere Weine daraus, die nach Birne und Salbei schmecken und mit für Weißwein ungewöhnlich viel Tannin ausgestattet sind.

Ja, Kante (Foto) und seine Winzerkollegen aus dem italienischen Karst sind schon lange keine Insidertipps mehr, die sie einst waren. Die Weinwelt kennt und feiert sie. Und auch ihre trostlos-schöne Heimat um Triest.

Edi Kante_2

Jene Spitzenwinzer, die man dort findet, haben mit ihren Weinen in den letzten Jahren für viel Aufmerksamkeit gesorgt. Nicht zuletzt, weil ihre Weine eben anders waren, als vieles, was man bis dahin kannte.

Weißweine, die wie Rotwein extrem lange auf der Feinhefe blieben, um dann unfiltriert, zum Teil trüb und manchmal auch ohne Schwefel in Flaschen gefüllt zu werden.

Methoden, die für Aufsehen sorgten und das zum Teil auch noch immer tun. Im Karst und im nahen Cormons im Collio startete einst der italienische Naturweinboom, der bis heute ungebrochen ist.

Mich faszinieren inzwischen längst nicht mehr die Urtümlichkeit und die damit verbundene erdige Kraft der Weine Kantes oder seiner Kollegen. Mittlerweile habe ich mich an deren Geschmack gewöhnt. Genauso an ihren extrem trockenen, salzigen Charakter. Ich suche auch nicht mehr nach ihrer verborgenen Tiefe. Ich weiß, sie ist da.

Das Grandiose aber, das nur Weine dieser oder ähnlicher Machart besitzen, ist ihre unaussprechliche Bekömmlichkeit und ihre Fähigkeit, ein Verlangen zu wecken, das sich nie wieder stillen lässt.

Für einen, der so etwas zum ersten Mal trinkt, kann ein Wein wie Kantes Malvasia oder Zidarchis Vitovska befremdlich wirken. Aber gibt man sich ihnen hin, so wird man wahrscheinlich keine andere Möglichkeit mehr haben, als ihnen zu verfallen und sie immer wieder zu suchen.

Neulich war es dann auch wieder so weit, ich brauchte eine frische Dosis Kante in der Kehle und mein Wille, diese unstillbare Lust zu befriedigen, stieg stetig.

Schnell in den Keller gehuscht und nach dem schlichten, in Orange gehaltenen Etikett Ausschau gehalten.

Was mir in die Hände fiel, war – wie gesagt – ein Vitovska. Kante füllte früher in Literflaschen ab. Seit 2009 leider nicht mehr, aber das stört mich nicht. Ich finde Literflaschen irgendwie zünftig. Aber grundsätzlich reichen mir auch 0,75 Liter.

Aufgerissen, ins Glas gefüllt und – wie sieht’s aus? Mittleres Strohgelb von der Farbe eines Feldes nachdem das Korn geerntet wurde.

Im Mund zarte und helle Frucht, hinter der gut stützend – und nicht röstig – die saftige Aromatik eines fast neutral schmeckenden Holzfasses atmet. Wunderbar komplex und von enorm kühlem Charme. Er erinnert an frischen Golden Delicious, weiter hinten Birne und auch ein bisschen an Getreide.

Zuletzt trank ich diesen Wein in einem Restaurant im Hafen von Duino, der im Golf von Triest liegt. Dazu aß ich Risotto mit frischen Jakobsmuscheln. Ich hab noch alle Aromen genau im Kopf. Aromen, die mit der salzigen Luft des Meeres und den rauschend heranwalzenden Wellenbrechern in der Bucht zu einer sinnlichen Einheit verschmolzen.

Kantes Vitvoska ist kein lauter Wein und das liebe ich an ihm. All das, seine harmonisch animierende Säure und sein feiner, schüchterner Charakter bei wirklich guter Länge machen ihn zum perfekten Meditationsmedium.

 

Datum: 20.2.2018