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Ich verreise mit Wein

Blick von der Laurentiuslay in Leiwen an der Mosel.
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Wenn Weinkenner Christoph Hahn verreist, nimmt er immer ein paar Flaschen Wein mit. Neulich war ein günstiger Mosel-Riesling dabei, der ihn verblüffte.
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Manchmal, da zwingt mich die Notwendigkeit des Broterwebs dazu, die Koffer zu packen. Dann nehme ich, etwa zum Festival im Nordeifeler Städtchen Monschau, nicht nur Hosen, Hemden und Artverwandtes mit – fast immer begleitet mich auch Wein. Dafür benutze ich einen textilen Flaschenträger mit neun Fächern. Vor der Auswahl drücke ich mich. Ich ziehe die Buddeln quasi im Losverfahren aus den jüngst eingetroffenen Kartons und aus den Regalen in meinem Keller. Auf dem Weg von meiner Heimatstadt Aachen in das 35 Kilometer entfernte Monschau begleiteten mich neun ausgezeichnete Weine von Mosel und Saar sowie aus Franken und dem Weinviertel in Österreich.

Weine für unterwegs sind halt immer Sehnsuchtsweine, von welchem Winzer oder welcher Rebsorte sie auch stammen mögen. Sie geben uns Heimat, wenn wir von A nach B reise. Und Zuflucht, wenn Menschen – wie ich in der Eifel – sich dahin begeben, wo keine Reben wachsen.

Zufälle werden da zu Glücksfällen. Zum Beispiel Quant und Varidor, die beiden Basis-Rieslinge der Loewens aus Leiwen. Reintönig, saftig und trotz junger Jahre höchst präsent und zugänglich – Mosel vom Feinsten. Zum einstelligen Preis. Der Quant bietet knackige Mineralik und viel Frucht, vor allem Pfirsich, aber auch jede Menge Saft. Die Trauben für diesen Wein kommen aus den flacheren Lagen der Leiwener Spitzenwinzer. Dass sie das sind, beweisen die Loewens, indem sie diesem Produkt denselben Schliff zukommen lassen, wie ihren hochpreisigen Weinen aus der Thörnicher Ritsch oder anderen Toplagen der Umgebung. Jedenfalls wirkt der Quant schnörkellos und klar wie Wasser. In diesem Wein stecken viele fleischige Früchte. Vor allem Pfirsich und Maracuja, die ihm mit ihren üppigen Aromen Fülle geben – wobei es nicht nur um Aromen geht, sondern auch um Säure, die den Trinkfluss ankurbelt.

Die Ausverkauften

Oder der Alte Fränkische Satz von Nico Scholtens aus Fatschenbrunn in Franken. Ein ganz ungewöhnlicher Wein, zusammen gelesen und gekeltert aus so unterschiedlichen Rebsorten wie Elbling, Heunisch, Silvaner und Gutedel, aber auch St. Laurent, Portugieser, Spätburgunder und Blauer Kölner.

Weine schicken uns auf die Reise. Peter Burens unfiltrierte Rieslinge zum Beispiel entführen mich in die bis zu 70 Prozent steilen Hänge rund um Saarburg. Gnadenlos steil und kleinteilig in der Parzellierung – bewundernswert, was der junge Mann da im Teamwork mit seiner Ehefrau Eva (beide sind Geisenheim-Absolventen) aus 0,7 Hektar Anbaufläche herausholt.

Überhaupt die Saar. Da gibt es nicht nur die Großen wie Roman Niewonidczanski und Dorothee Zilliken – da wächst viel Talent heran, gibt es junge Leute wie Felix Weber, der auch noch auf dem Scharzhof von Egon Müller arbeitet und der erste Haupterwerbswinzer in der Familie seit 1949 ist. Sein Käpisch aus dem Wiltinger Schlangengraben ist ein ganz, ganz klassischer Kabi voller Saft und Frucht.

Gute Weine zaubern uns Bilder in den Kopf. Wie ein Flug mit dem magischen Besen oder anderen Vehikel der Phantasie bringen sie uns dahin, wo sie eigentlich herkommen. Wecken das Kino im Kopf, holen das Bild von den steilen Hängen im Erdener Treppchen und die Erinnerungen an die auf und nieder rollenden Hänge Rheinhessens, die mich manchmal an die Toskana erinnern. Wir müssen nur den Korken aus der Flasche ziehen oder den Stelvin-Verschluss aufknacken – dann kommt der Geist aus der Flasche.

 

Datum: 2.1.2020
 

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