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Gottesdienst mit Bürklin-Wolf

Dr. Albert Bürklin (li.) in Ascot.
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Der Captain singt ein Ave Maria auf ein Traditionsweingut in der Pfalz, das mit gereiften Riesling-Ikonen von sich reden macht.
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Für manchen Weinfreund kommt das Öffnen eines langsam gereiften Rieslings von Bürklin-Wolf einem Gottesdienst gleich.

Insbesondere dann, wenn man einen Tropfen von der Weinlage Kirchenstück kostet.

Um im Bild zu bleiben, die Weinlage Kirchenstück in der Gemeinde Forst an der Deutschen Weinstraße ist eine der großen Andachtsstätten für Riesling-Jünger auf der ganzen Welt.

Bürklin-Wolf besitzt eine erheblichen Teil des Ackers. Der Rest verteilt sich auf die Weingüter Eugen Müller, Reichsrat von Buhl, Acham-Magin, Bassermann-Jordan, Heinrich Spindler, Werlé Erben und Von Winning.

Pfalz: Das berühmte Weinkaff am Ende der Welt

Der sanft abfallende Hang liegt hinter der Forster Pfarrkirche, die den Namen erklärt. Eine Mauer rundum und ein paar Häuser (alles aus Sandstein) speichern Sonnenwärme und geben sie bei Nacht wieder ab. Der dadurch entstehende Windstrom verscheucht Kälte und Feuchtigkeit. Die Böden sind von sandigem Lehm und Ton, ein bisschen Buntsandstein, Kalkstein und Basalt geprägt.

Inbrünstige Fans des Kirchenstücks bezeichnen das Fleckchen als den Le Montrachet Deutschlands. Schon mal gehört? Der Montrachet gilt als nobelster Weißweinberg des Burgund. Der Schriftsteller Alexandre Dumas meinte einmal, man müsse Wein von dort auf Knien und mit gezogenen Hut trinken.

Das Forster Kirchenstück steht für elegante, reife Rieslinge mit irrer Frucht und biblischem Lagerungspotential. Es heißt, von hier kommen die besten trockenen Rieslinge Deutschlands.

Darüber kann man natürlich geteilter Meinung sein. Ich halte mich da besser raus, bis ich wirklich alles getrunken habe. Wir sprechen uns im Jahr 2056 wieder.

Ich zappe lieber zurück in die Vergangenheit. Das Weingut Dr. Bürklin-Wolf wurde an der Schwelle des 17. Jahrhunderts gegründet. Man ist stolz auf die alte Tradition.

Manchmal nervt es aber, wenn Weingüter auf ihrer Historie herumreiten. Denn sie sagt nichts über das, was in den Flaschen liegt.

Bei Bürklin-Wolf beginnt die eigentliche Geschichte erst in den frühen 1990er-Jahren. Angetrieben von einer Frau: Bettina Bürklin-von Guradze.

Die Winzertochter übernahm 1990 direkt aus der Hochschule Geisenheim kommend von ihrer Mutter den Stab und führte das Haus in die Moderne.

Lady Bürklin-von Guradze (der zweite Teil des Namens kommt vom Ex-Mann) verdonnerte der Marke eine konsequente Trockenpolitik. Und setzte auf Biodynamik. Alle Weine sind vegan, in den Nobel-Lagen wird mit dem Gaul gepflügt.

Geschäftsführer Steffen Brahner sagt wie aus der Pistole geschossen: „Qualität kommt von der Herkunft der Traube.“ Das klingt immer gut. Es ist aber auch was dran, wenn man den Spruch ernst nimmt.

Irgendwann hörte man auf, Mineraldünger in die Weinberge zu kippen, was die Reben dazu zwang, die Wurzeln tief ins Erdreich zu bohren. Ertragsreduzierung (konsequenter Rebschnitt), der Ausbau in bis zu 60 Jahren alten Holzfässern und noch ein paar andere Maßnahmen kamen dazu.

Das alles hat sich ohne Zweifel vorteilhaft auf das Reifepotenzial der Weine ausgewirkt. Von nichts kommt nichts.

Neben all der mönchischen Hingabe musste aber auch ein bisschen Wein-Chichi sein.

Beim Marketing schielte man ins Burgund, etablierte eine entsprechende Klassifizierung (PC = Premier Cru, GC = Grand Cru) und schreibt auf die Vorderetiketten der Flaschen nur noch die Herkunft des Tropfens. Nach der Rebsorte muss man hinten suchen. Die ist aber sowieso meistens Riesling. Es sei denn, der Inhalt ist rot.

Es ist offensichtlich, man pflegt ein starkes Markenbewusstsein. Aber Bürklin-Wolf will kein hippes Weingut sein.

Warum eigentlich nicht?

Brahner: „So denken wir nicht. Wir wollen keine Weine, die oberflächlich Spaß machen, sondern denken in Jahrzehnten.“

Umso mehr überraschte 2012 eine Personalie die Weinwelt. Ein 27-jähriger wurde zum obersten Kellermeister von Bürklin-Wolf ernannt.

Der junge Herr der Flaschen heißt Nicola Libelli und stammt aus Italien. Die Familie betreibt einen Bäckerbetrieb mit Pasta-Produktion. Der Sohn wollte aber in die Landwirtschaft, studierte Weinbau in Piacenza und Geisenheim. Von der Nudel zum Wein.

Bei Bürklin-Wolf heuerte Libelli zwischendurch als Praktikant an. Später kam er als zweiter Kellermeister wieder. Und beerbte als oberster Weinmacher seinen Mentor Fritz Knorr, als dieser überraschend verstarb.

Alle Achtung! Vor dem Mut der Lady. Und vor Signore Libelli. Denn der muss damals schon mächtig was auf dem Kasten gehabt haben.

Libelli war ganz offensichtlich ein Glücksgriff. Das kann der Captain bestätigen, denn er hat einen Wein aus der Oberklasse des Weinguts verkostet – den Riesling Wachenheimer Gerümpel PC.

Ein saftiger Wein. Deutliche Noten von unreifem Pfirsich, dann eine reife Zitrone, die man sich in den Tee presst. Jetzt noch ein Duft nach Litschi, dann Kräuter und Blumen, etwas Kamille. Die Mineralität drängt sich dazwischen immer wieder in den Vordergrund und gibt dem Gerümpel Halt und Gewalt. Das legt sich erst nach einer Stunde. Dann ist der Riesling dort, wo er sein soll – im Gleichgewicht zwischen Kraft, Säure (eher wenig) und Eleganz. Die bleibt bis zum Schluss der Kraft unterlegen.

 

Datum: 3.2.2018
 

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