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Auf dem Schiff geht’s manchmal recht hart zu. Alle sind unermüdlich am Probieren: trinken, trinken, trinken und immer an die Leser denken, heißt die Devise. Nie hat man seine Ruhe, jede neu entdeckte Flasche weckt stets die Neugier der Kollegen. Sich mal in Ruhe was zu kochen und dazu ein leckeres Fläschchen zu testen, ist so gut wie unmöglich.
Überhaupt essen: fast alle an Bord pendeln mit Dosenöffnern in der Hosentasche zwischen Mikrowelle und Wasserbad hin und her. Die Pommesbude im nächsten Hafen gilt da schon als kulinarisches Highlight. Nur der Zahlmeister überrascht gelegentlich mit einem perfekt zubereiteten Wiener Schnitzel; ein Gericht, welches aufgrund des Missbrauchs dieses Namens mal einen Kochkurs wert wäre.
Doch mittlerweile habe ich ein paar Tricks entwickelt, um meine Weine in Ruhe trinken zu können und dabei auch noch was Anständiges zu essen. Am besten fasele ich irgendwas von „Osteuropa“ (klingt immer noch ein bisschen nach Sozialismus) und weise dezent darauf hin, dass der von mir ins Visier genommen Tropfen unter fünf Euro kostet. Alle sind sofort weg. Schlagartig ist sturmfreie Bude.
Und somit die beste Gelegenheit, um einen bulgarischen Mavrud aufzumachen. Kennt hierzulande kein Schwein, wächst aber schon seit vermutlich über 4.000 Jahren vor allem im Thrakiatal und spezieller um die Region von Plovdiv und Assenovgrad und noch genauer in den Weinbergen rund um die Dörfer Markovo und Purvenetz.
Thrakischer Wein war schon bei den Römern berühmt. Und selbst die muslimischen Türken, die 1393 das heutige Bulgarien eroberten, trauten sich nicht, ein absolutes Alkoholverbot durchzusetzen oder gar die Rebflächen zu roden.
Der in der Kellerei Assenovgrad abgefüllte 2007er Mavrud Reserve ist schlicht und ergreifend rund und gesund. Die rubin- bis granatrote Farbe weckt Erwartungen auf einen Wein mit reifen, dunklen Beerentönen, die auch anstandslos befriedigt werden.
Die merklichen Anklänge von Bitterschokolade und Kakao könnten die ganze Sache jetzt schnell ins parkermäßig-kitschige abgleiten lassen. Doch die frische, leicht zitronige Säure und die satten Tannine sorgen dafür, dass dies nicht passiert.
Mit plumpem, heftig getoastetem Holz könnte man diesen Wein sicherlich erschlagen. Die Kellermeister in Assenovgrad haben darauf dankenswerterweise verzichtet. Der Anteil an französischer Eiche beim Ausbau erscheint angemessen. Ohnehin gehört Mavrud aufgrund seiner Tanninstruktur und des oft hohen Alkoholpotenzials zu jenen Sorten, die ohne Ausbau im Holz kaum denkbar sind. Bei Cabernet Sauvignon und Spätburgunder sieht das ganz anders aus…
Dieser Wein weist für seine Preisklasse eine äußerst überraschende Länge auf. Und wem zu diesem Mavrud nicht spontan ein bei Niedrigtemperatur gegarter Wildschweinbraten einfällt, der hat bisher vermutlich selten nie über Wein und Essen nachgedacht. Allerdings muss man beim Trinken die Augen schließen, denn die farbige Burgruine ist nur schwer erträglich. Dennoch das Fazit: Bingo. Und ein Ansporn für den Sturmlotsen, sich auf die Suche nach etwas exklusiveren Abfüllungen dieser Rebsorte zu machen.
In den Zeiten der volkseigenen bulgarischen Weinwirtschaft wurde mit diesem Pfund kaum gewuchert. Man hat in erster Linie Massenweine hergestellt – oft aus verschiedenen Rebsorten – um die sozialistischen Brüder, besonders in der DDR, mit rotem Stoff zu versorgen. Der dort verkaufte trockene bulgarische Rotwein hieß immer „Cabernet“, und wurde nach dem Prinzip „alles ins ganz große Fass“ produziert.
Das riesige Potenzial des bulgarischen Weinbaus lag lange brach. Zwar hat Bulgarien immer noch Nachholbedarf und setzt nach meinem Geschmack zu stark auf internationale Sorten wie Chardonnay, Cabernet Sauvignon und Merlot. Aber in- und ausländische Investoren (zum Beispiel Stephan Graf Neipperg) haben dafür gesorgt, dass das Balkanland in der Weinwelt wieder wahrgenommen wird. Und die alte, spätreifende und in der Regel sehr lagerfähige Sorte Mavrud gehört zweifellos zu den Perlen der Region.
- Den 2007er Mavrud Reserve Kellerei Assenovgrad gibt es für 4,00 Euro.
Na endlich, ich habe mich schon gefragt, ob Ihr Balcerowiaks Billigrampe im Kombüsenofen verheizt habt.
Ich war vor nicht allzu langer Zeit in Bulgarien und u.a. in Plovdiv und Umgebung und frage mich, wie man zu der Bildunterschrift kommen kann, dass die Gegend „wenig einladend“ ist?
Ohne in überschwängliche Lobeshymnen zu verfallen hätte ich vom Stand weg das Gegenteil behauptet. Die Landschaft hat ihren ganz eigenen Charme ganz zu schweigen von der Stadt mit ihrer grandiosen Historie. Man sollte eben nicht von einem Regentag stammende Fotos verwenden und sie mit eigenen Augen gesehen haben… 😉
Na dann stellen Sie doch bitte mal ein paar hübsche Fotos von der Gegend in unseren Facebook-Laderaum rein, Kommandant Klingler.
Lieber Zahlmeister,
meiner Meinung nach habe ich nicht „gemotzt“, sondern einfach nur Kritik geübt. Ok, negative, aber nicht unsachliche sondern grundsätzlich konstruktiv gemeinte.
Auf eine Diskussion über journalistische Qualitäten werde ich mich aber gewiss nicht einlassen. Nur nochmals kritisch andeuten, dass eine derartige Bildunterschrift vielleicht beispielhaft für eine etwas allzu schnell geschriebene Zeile steht. Mag sein, dass ich damit völlig daneben liege…
Und Kommandant? Zu viel der Ehre!
Landratte aka. Maat a.D.
Ich freu mich ja über jeden Kommentar. Aber hat denn wirklich niemand Bock, was zu bulgarischen Weinen zu sagen. Hoffentlich probiert ihr Sie mal.
Probiert? Ja. Sagen. Verkürzt, jetzt.
Hatte u.a. von Levent den 10er Sauvignon Blanc und Traminer Grand Selection, 09er Pinot Gris von Nimbus, allesamt breit, ja fett, wenig animierend, säurearm und alkoholreich.
Von Boyar den Merlot Solitaire 2006, abartig fett und gnadenlos geschwängert mit überreifem Traubengut. Von Kataryzna den 2008er Question Mark, der verschlossen wirkte, mit eingekapselter Frucht, daher recht elegant aber auch drucklos. Von Castra Rubra (gehört Michel Rolland) den Via Diagonalis 2007, mit nur 5% Mavrut neben viel Merlot und etwas CS, likörig, Marzipan, recht breit und weich. Von Uniqato einen reinsortigen Melnik, den 2006er, da wurden Cab. Sauv. und Sangiovese gekreuzt, drucklos, halbtot, viel Holz.
Ach und soviel ich weiß Mavrut aus der Kreuzung von Syrah und Nebbiolo entstanden.
Aber was ist ihr Eindruck von diesen – falls auch verkostet – und anderen bulgarischen Weinen, oder ganz allgemein ihr Bild, lieber Sturmlotse?
Ich hab mal eine Flasche Damianitza ReDark 2006 (100% Merlot) geschenkt bekommen und ein Glas probiert. Ein Proletenwein vor dem Herrn – dafür kann aber Bulgarien nichts. Ob das nun ein Wein aus Bulgarien oder aus Uzbekistan ist, ist in diesem Fall egal.