Geheuchelte Freude
Es war ein Geschenk meines Schwagers. Ich mag meinen Schwager sehr, deshalb gab ich mir beim Auspacken die größte Mühe, mich zu freuen. „Ein Römertopf! Danke! Das hat mir in der Küche noch gefehlt!“ Innerlich dachte ich mir: „Was soll ich damit? Und wo soll dieser Trumm aus Ton bitteschön hin?!“
Einen ordentlichen Platz hat er immer noch nicht gefunden. Das ist aber auch nicht mehr wichtig, da ich ihn ohnehin ständig brauche.
Es hat eine Weile gedauert, bis wir zwei uns angefreundet haben. Ich koche für mein Leben gern und stehe fast jeden Tag am Herd. Backen mag ich nicht (bis auf Brot). Denn Backen heißt: Alle Zutaten zusammenrühren, in den Ofen stellen und meine Macht aus den Händen geben. Ob’s was geworden ist, erfahre ich erst ein, zwei Stunden später. Ohne dass ich zwischendurch noch was ändern kann. Genauso ist’s beim Römertopf. Eine psychische Herausforderung für Kontrolettis wie mich, die gerne alles im Griff haben.
Ich möchte dabei zusehen, spüren und schnüffeln, wie ein Gericht unter meinen Händen Geruch und Geschmack annimmt. Das geht los mit dem Schneiden und Anschwitzen der Zwiebeln, über das Braten von Fleisch oder Kartoffeln bis hin zum Abschmecken der Soße.
So staubte das tönerne Geschenk ein paar Wochen in der Küchenecke vor sich hin. Bis der Tag kam, an dem meine Neugier siegte. Ich packte Lammkoteletts, Zwiebel, Kartoffeln und ein paar andere Sachen in den Römertopf und schob diesen für eineinhalb Stunden in den Ofen. Ich war mir sicher, dass es schief gehen würde und leerte vor lauter Nervosität schon mal einen Großteil der Flasche, die eigentlich als Essensbegleiter gedacht war.
Und dann? Ich zog den Topf aus dem Ofen und hob den Deckel. Es duftete köstlich! Das Fleisch war perfekt, ich konnte mich bei Tisch vor dem Lob meiner Gäste kaum retten. Seitdem packe ich alles in den Römertopf, was mir in die Finger kommt.
Das absolut sensationellste Gericht war bisher ein eingelegter Hirschbraten. Dazu gab es dann einen Syrah vom Weingut Cono Sur in Chile. Eine sehr schöne Kombination.
Der Wein duftet kräftig nach dunklen Früchten. Ich rieche schwarze und rote Johannisbeere, wunderbar ergänzt von etwas Brombeere. Nach etwa einer Viertelstunde an der Luft kommt die für Syrah typische schwarze Olive hinzu. Frische, südliche Kräuter geben dem Wein Struktur. Die Nase verspricht viel. Zu viel? Nein, am Gaumen enttäuscht der Tropfen kein bisschen. Wieder stehen die Früchte im Vordergrund und wieder geben schwarze Olive, Kräuter und eine Spur Nelke Finesse und Struktur dazu. Zudem schmecke ich wunderbar eingewoben etwas Vanillearomen vom Holzfassausbau.
Ein Rotwein, wie ich ihn zu kräftigen Wildgerichten gern genieße. Eingelegter Hirschbraten oder Entenkeule passen perfekt dazu.