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Deutscher Chardonnay: selten gut!

Selbstbewusst besser. Der überraschend gute Winzer Alexander Laible.
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Maat Golenia motzt über deutschen Chardonnay. Vergisst aber nicht, einen Winzer zu empfehlen, der es besser macht: Alexander Laible aus Baden. Ein Plädoyer für den neuen, deutschen Chardonnay. Und eine ultimative Weinempfehlung.
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Chardonnay in Deutschland? Bisher Trauerspiel, wenn man mich fragt. Meines Erachtens haben nur wenige Winzer ein Händchen für diese Rebsorte und können ihr Potenzial richtig einschätzten.

Leider sind gute Chardonnays aus Deutschland die absolute Ausnahme, viele erweisen sich als banale Tröpfchen ohne Feingefühl, Seele, Stolz – des Namens Chardonnay kaum würdig. Aber ist der Name so gut? Kann die Traube denn was?

Chardonnay ist eine sehr neutrale Sorte, sie verlangt sozusagen nach Holz. Und deswegen sind einige der teuersten Weißweine dieser Welt auch in Holz ausgebaute Chardonnays. Vor allem Meursaults und Montrachets aus der Anbauregion Burgund können das, was andere Chardonnays nicht können: Kraft und Eleganz perfekt verbinden. Wenn Chardonnay nicht im Holz liegt, ist er meistens langweilig. Außer der Winzer weiß, was er macht, wie er der Sorte ein Profil entlockt.

Erst vor einigen Tagen wurde mir wieder ein hoch gelobter Chardonnay aus der Pfalz ins Glas gekippt. Ein alteingesessener Winzer, der neuerdings groß raus will und sich die önologische Beratung und professionelles Marketing einiges kosten lässt. Gleich mehrere Händler in Düsseldorf haben ihn zeitweise in ihr Sortiment aufgenommen. „Astreine Margen!“ schwärmten sie. „Viel Wein fürs Geld!“ Von diesem vermeintlichen Wunderbetrieb hatte ich nun den Chardonnay im Glas. Seinen Besten.

Totale Ernüchterung!

Die totale Ernüchterung ließ leider nicht lange auf sich warten. Der Weißwein fluoreszierte unnatürlich dunkelgelb – wie Morgenurin nach einer Sauftour. Man sollte meinen, er hätte aufgrund von jahrelanger Reifung diese Farbe erhalten. War aber nicht so. Er stammte aus dem Jahr 2011, war also noch ein Kind. Entweder überreif oder önlogisches Getrickse – anders konnte ich mir dieses farbliche Imponiergehabe im Glas nicht erklären.

Es folgte am Gaumen das, was ich befürchtet hatte. Ein pummeliger Chardonnay, der so gerne ein Überseewein wäre und doch nur als grobmotorischer Knüppel taugt. Neuholz à la Spanplatte – so dick wie Atombunkerwände. Klebrige Honigmelonenfrucht, kaum Frische, fiese Restsüße, brandige 14,5 Alkohol. An lebhafter Säure war im Traum nicht dran zu denken.

Banales Monster!

Dieser vinophile Multivitaminsaft war ein banales Monster, aufgebläht durch diverse Kellertricks. Die Australier können so was auch. Nur mit dem Unterschied, dass ich für die nicht mehr als 6 Euro hinblättern muss. Dieser Pfälzer Winzer hingegen verlangt für seinen missglückten Übersee-Versuch knapp dreißig Schleifen und meint, mit diesen ungelenken Preisvorstellungen Noblesse suggerieren zu müssen.

Ja, ich rege mich auf. Und gebe einem negativen Beispiel irre viel Raum, was dem Captain sicher nicht gefallen wird. Aber mich ärgert diese Dreistigkeit. Der Wein ist ein gutes Beispiel, was bei Chardonnay aus Deutschland massenweise falsch läuft. Diese Erfahrungen im Glas musste ich gleich zigfach machen. Ich habe aufgehört diese Nackenschläge zu zählen.

Wäre da nicht einer wie Laible.

Deutscher Chardonnay wäre eine noch kürzere Geschichte, wären da nicht engagierte Winzer wie Alexander Laible, die den Karren wieder aus dem Dreck ziehen. Der Ortenauer macht nämlich mit seinen Chardonnays alles richtig, dass ich mir die Freudentränen verkneifen muss. Winzer wie Laible geben mir den verlorenen Glauben an diese fantastische Rebsorte zurück.

Dabei ist der Badener Alexander Laible längst kein Unbekannter mehr. Dass seine Weine hervorragend sind, hat sich weitläufig herumgesprochen. Immer wieder erstaunt mich seine konsequente Stilsicherheit, die Laible mit seinem Sortiment an den Tag legt – egal wie schwierig das Jahr war. Keine Versuchung, die Weine schön, rund und dicklich zu vinifizieren, damit die Kammerpreismünzenverkoster reflexhaft drauf anspringen.

Alexander Laibles Weingut ist noch sehr jung. Im Jahr 2007 hatte Laible die Möglichkeit bekommen, größere Rebflächen zu erwerben, die sein Vater Andreas Laible nicht haben wollte, weil er betrieblich am Limit war.

So wurde das Weingut Alexander Laible geboren und vom Betrieb seines Vaters Andreas Laible quasi ausgegliedert. Beide Betriebe der Laibles – Vater und Sohn – bestehen heute nebeneinander im Dörfchen Durbach. Manche Dinge muss man nicht genauer nachfragen.

Zurück zum Chardonnay. Alexander Laibles nobelstes Exemplar hört auf den Namen Louis (JG 2012) und hat alles, was einen sauguten Chardonnay ausmacht. Er ist Eleganz pur, schlank, lebendig, irre nachhaltig im Abgang. Ich liebe ihn. Im bauchigen Burgunderglas duftet er nach jungem Apfel, dazu Schulkreide und dünne Limettenscheiben. Im Mund klar wie ein Gebirgsbach, ich denke da an diese weißen Ziersteinchen.

Holz. Aber keine Holzkeule.

Louis öffnet sich spürbar mit Luft, im Mund stahlig, weit und breit keine aufmüpfige Holzkeule. Dazu kommt eine leichte Salznote. Auffällig die terroirbetonte Kargheit und krasse Mineralität durch den Granitboden, auf dem die noch jungen Reben seit acht Jahren stehen. Jedenfalls bilde ich mir ein, auf kleinen grauen Granitsteinchen zu lutschen, dermaßen krass wird die Mineralität dieses Weines transportiert. Der Wein schmeckt auch wärmer irgendwie kühl.

Trinken könnte ich von Laibles Louis eine ganze Menge, weil ihm die sattmachenden Speckschwarten fehlen, die andere Chardonnays so gern ansetzen. „Trinkfluss“ ist besonders im Premiumbereich ein Kompliment, wo sich viele Weine gern sperrig und unnahbar geben.

Lächerlich wenig Flaschen.

Auf diesen Chardonnay darf sich Alexander Laible zu Recht viel einbilden. Blöd nur, dass Laible nur homöopathische Dosen von 1.200 Flaschen des Louis verkaufen kann. Mehr gibt die Einzellage mit ihren mickrigen 0,3 Hektar nicht her. Eine echte Rarität. Und eine Blaupause für verdammt guten Chardonnay aus Deutschland.

  • Chardonnay trocken Louis 2012 *** von Weingut Alexander Laible, Baden für 26,50 Euro.
 

Datum: 24.6.2013 (Update 23.1.2015)
 

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