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Der Fürst und seine Fässer

In Franken wachsen die Fässer wohl in den Himmel

Parzival

Parzival

Rudolf Fürst, Deutschland

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Der Fürst, der kein Fürst ist. Und trotzdem adelt. Captains Maat Felix Eschenauer über die Rotweine eines fränkischen Winzers. Und über eine Cuvée, die nach deutscher Geschichte klingt. Mit dieser aber rein gar nichts zu tun hat.
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Andere haben Wild- und Pilzwochen, der Captain hat die Adelswochen. Adel verpflichtet. Zum Weinmachen.

Doch der Fürst, von dem heute die Rede sein soll, trägt gar keinen Titel. Er hat seinen Namen: Fürst, Paul Fürst. Und er gilt seit fast 20 Jahren als großer deutscher Winzer. Vor allem für Spätburgunder. Das VDP-Weingut heißt Rudolf Fürst. Nach seinem Vater.

Als Paul Fürst Ende der Achtziger Jahre damit begann, deutschen Spätburgunder nach französischem Vorbild zu keltern, da überwog noch die Skepsis der deutschen Weinexperten. Es fehlte in Deutschland an Erfahrung mit neuen Methoden. Es mangelte an Mut. Und es mangelte auch an großen Jahrgängen, die den Trauben genügend Reife brachten. Deutscher Spätburgunder war ein größtenteils uninteressanter Wein. Richtige Weintrinker griffen zum Pinot aus dem Burgund. Der war viel besser.

Kein deutscher Winzer konnte bis dahin mit der zickigen Pinot-Noir-Rebe punkten. Bis Paul Fürst kam. Er hatte eine Vision von einem großen Wein; eine Vision von einem Pinot, der im kleinen, neuen Holzfass, im Barrique, ausgebaut wird.

Das kleine Holzfass für den zickigen Pinot

Fürsts Reben, vor allem Spät- und Frühburgunder (zu den anderen kommen wir gleich), stehen in Franken, im so genannten Mainviereck um Bürgstadt und Klingenberg. Sie wurzeln in fein verwittertem Buntsandstein. Und Fürst hat einen Vorsprung: Auch wenn in den letzten Jahren immer mehr deutsche Winzer exzellente Leistungen mit Rotwein erzielen, lässt sich seine Erfahrung nicht so schnell aufholen.

In seinem Keller kombiniert Fürst den Einsatz unterschiedlich alter und verschieden großer Holzfässer. Fürsts Top-Burgunder aus Centgrafenberg und Schlossberg reifen nur zu einem Teil in neuem Barrique. Das festigt die Struktur. Doch Vanille- und süße Röstaromen wird man hier nicht finden. Dafür eine gehörige Portion Tannin und Säure. Deshalb sollte man diese jungen Weine weglegen. Und ein paar Jahre abwarten. Erst dann machen sie richtig Freude. Und zeigen, zugänglich geworden, auch jene Größe, die man ihnen seit bald drei Jahrzehnten zuspricht.

Die großen Burgunder begleitend, keltern Paul Fürst und sein Sohn Sebastian noch eine rote Cuvée, einen aussergewöhnlich zusammengesetzten Wein, den man auch schon jung trinken kann. Nicht direkt nach der Auslieferung. Aber nach einem guten Jahr Wartezeit.

Parzival. Ein Weltwein wie Wagner von Schlingensief

Eine Rotweincuvée braucht heute einen klingenden Namen, ein markantes Etikett und einen regionalen Bezug. Sonst verkauft sie sich nicht. Mit dem Jahrgang 1992 warf man bei Fürst den „Parzival“ auf den Markt. Der große Klassiker der deutschen Dichtung des Mittelalters stand für einen Wein Pate, dessen Zusammensetzung mit den Jahren stark variierte. Zu Beginn war der Parzival ein reiner Verschnitt der fränkischen Traube Domina – in Proben mit Altherrenrunden auch heute noch ein Schenkelklopfer – mit einem guten Anteil Spätburgunder. Diese Cuvée gibt es nicht mehr.

Heute besteht der Parzival aus vier Sorten. Der Spätburgunder ist nach wie vor anteilsmäßig der Hauptaktionär; Domina, Cabernet Dorsa und Merlot die Kleinanleger. Gelagert wird die Cuvée im gebrauchten Barrique. Je nach Jahrgang zwischen 12 und 18 Monate. Zeigte der Parzival früher noch deutlich mehr Pinot-Charakter, so ist der Wein heute ein echter Weltbürger geworden; ein leicht verständlicher Begleiter des Alltags, der nicht auf die Dominanz einer Sorte setzt.

Wir öffnen den Jahrgang 2007. Das Jahr war für deutsche Rotweine nahezu perfekt. Die lange Vegetationsphase ermöglichte reife und bei der Lese enorm aromatische Trauben. Eine ausgereifte und straffe Säure brachte Säfte ein, die sehr duftig und transparent erscheinen und immer eine gewisse Kühle zeigen. Fürsts 2007er Parzival ist weniger von der Frucht geprägt. Der erste Eindruck gehört der Mineralität. Zwar verströmt der Wein im Glas gleich den satten Duft von Brombeere und Schwarzkirsche, auch von Anis und Rosmarin. Am Gaumen aber dominiert keine mollige Marmelade, wie man sie von anderen Weltweinen kennt. Am Gaumen dominiert die deutsche Eleganz. Hier rollt der Parzival kräftig und saftig über die Zunge. Säuerliche Schlehen, saftige Zwetschgen und aromatische Heidelbeeren in dunkler, würziger Schokolade. Alles eher herb und kühl, unterstützt von einer animierenden Säure.

Rauch vom Sand

Räucherkammer, kaltes Lagerfeuer, ausgebrannter Kamin – der zarte Rauchton des Parzival kann vom Holz kommen. Er könnte auch vom Sandstein herrühren, der das Terror so deutlich in den Vordergrund spielt. Dem Parzival fehlt das Aufdringliche und Immer-Bereite, das viele deutsche Cuvées zeigen wollen. Die Familie Fürst hat hier einen ernsthaften Wein auf die Flasche gezogen, der trotzdem einen vordergründigen Spaßvogel entlässt. Zur Gänsebrust mit Maronen und Zwetschgen. Oder zum Schweinebraten mit ordentlich Kümmel. Der Parzival verträgt alle kräftigen Aromen. Denn trotz aller Kühle, trotz der hervorstechenden Säure, ist das ein Rotwein mit Rückgrat und Tiefe. Für schnell. Und für länger.

 

Datum: 2.11.2010 (Update 25.8.2014)
 

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