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Schwefel raus!

Thomas Hareter mit etwas, das aussieht wie aus dem Krankenhaus.

Chardonnay Ohne

Chardonnay Ohne

Hareter, Österreich

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Unser Weintester Clemens Maria Mally philosophiert über Schwefel im Wein. Ein Reizthema unter Winzern und Weinfreunden. Wen das nicht interessiert, der bekommt einen Bio-Weintipp vom Feinsten - aus dem Burgenland.
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Bevor wir uns der Thematik Schwefel im Wein widmen, zitiere ich unseren Schiffsarzt Dr. med. Wendelin Wolfram auf die Brücke, um zu erfahren, ob wir ungestraft über die Schwefelung des Weins herziehen dürfen.

Schiffsarzt Dr. Wolfram: „Schwefelung wie im Weinbau zugelassen ist völlig unbedenklich, sonst wäre sie nicht erlaubt. Auch nachgesagte Kopfschmerzen sind nicht beweisbar. Allerdings kann es, wenn man zu viele geschwefelte Nahrungsmittel wie Wein oder Trockenfrüchte zu sich nimmt, zu Übelkeit und Verdauungsproblemen kommen.“

Danke, Dr. Wolfram. Und tschüss.

Schwefeldioxid wird seit der Antike im Weinbau als Konservierungsstoff verwendet und hemmt Inhaltsstoffe, welche die Oxidation und eine daraus resultierende Ungenießbarkeit des Weins fördern. Aha. Dann lassen wir halt den pauschalen Rundumschlag für´s erste. Aber…

Nachdem Schwefeldioxid mit einer Vielzahl von Inhaltsstoffen im Wein reagiert, kommt es durch die Schwefelung auch zu sensorischen Veränderungen. Das geht von vorübergehender Frische bis zu absoluter Verschlossenheit des Weins, bei der er im besten Fall nach nichts, im schlimmsten Fall nach Knoblauch, Kohl oder Eierfurz riecht.

Aber auch das Mundgefühl verändert sich. Nach der Schwefelung wirkt Wein druckvoller, kantiger und verschlossener, während ungeschwefelter – oder wenig geschwefelter – Wein sich viel weicher präsentiert.

Und was hat das alles mit Thomas Hareter aus Weiden am Neusiedlersee im österreichischen Burgenland zu tun?

Dem experimentierfreudigen Mittdreißiger war irgendwann sein Winzerberuf zu wenig herausfordernd. Er stellte auf biologische Bewirtschaftung um. Außerdem störte ihn die Tatsache, dass Schwefel den Wein drastisch verändert. Hareter stellte sich die Frage, wie man die Sulfitzugabe auf ein absolutes Minimum reduzieren kann, um einen möglichst unverfälschten Wein zu erhalten.

Die Antwort darauf gaben traubeneigene Inhaltsstoffe, die der Oxidation entgegenwirken. Von denen haben die Weinbeeren nämlich genug in ihren Schalen. Man muss sie nur schonend in den Wein reinbekommen.

Das funktioniert mit der sogenannten Maischegärung, die beim Rotwein gängig ist und auch beim Weißwein immer öfter (wenn auch weniger intensiv) zum Einsatz kommt. Dabei macht man nichts anderes, als die Weinbeeren gemeinsam mit ihrer Schale zu vergären und erst danach zu pressen. Durch die beginnende Gärung werden pflanzliche Inhaltsstoffe und Farbe aus den Schalen in den Most befördert. That´s it.

Auf diese Weise produziert Hareter eine ganez Palette von Weinen aus den Rebsorten Weißburgunder, Chardonnay, Pinot Noir, Cabernet Sauvignon und Blaufränkisch. Diese Weine erscheinen unter dem Label „Ohne“.

Es sind sehr weiche und runde Weine, was garantiert mit der geringen Schwefelung zusammenhängt. Auch ein viertes Glas solchen Weins lässt Damen am nächsten Morgen nicht über eine Schwangerschaft grübeln, denn die morgendliche Übelkeit bleibt aus.

Der einfach tolle Schiefer

Die Griechen können Orange!

Der Mineralien-Anbeter

Übrigens, auch der Schiffsarzt ist der Meinung, dass Weine mit weniger Schwefel angenehmer schmecken. Das bestätigte er mir in einem Nachsatz.

Ich habe Hareters Chardonnay „Ohne“ für die Verkostung auf dem Schiff ausgewählt.

Die Farbe ist gewöhnungsbedürftig. Dunkles Gelb in natürlicher Trübung. Sieht aus, wie…

Lassen wir das, darüber muss man hinwegsehen. Schließlich entschädigt die Nase dafür. Kräuter ohne Ende. Ein Lavendelfeld in der Provence. Ein junges Paar, das durch die Landschaft tänzelt. Jugendlichkeit, die nach exotischen Früchten duftet.

Am Gaumen sieht die Sache hingegen ganz anders aus. Eher ungestüm wie Verdis Dies Irae aus seinem Requiem, mit spürbaren aber weichen Gerbstoffen und einem Finale voller Pathos. Wenn das jüngste Gericht so schmeckt, dann freu ich mich darauf.

 

Datum: 9.5.2018