Baden ist Spätburgunderland, voran der Kaiserstuhl, der wie gemacht ist für die anspruchsvolle Sorte. Ebenfalls einige Kilometer südlicher hat der Tuniberg feine Burgunder zu bieten. Dort macht Jürgen von der Mark Pinot Noir, wie ich ihn bisher nur ganz selten aus Deutschland getrunken habe.
Jurastudium? Nicht mehr!
Jürgen von der Mark kommt aus einer vom Wein völlig unbelasteten Familie und wollte zunächst Jurist werden. Wäre da nicht diese Flasche 1973er Oppenheimer Sackträger Morio-Muskat Kabinett gewesen, denn diese Flasche Wein sollte sein Leben verändern. Er wurde regelrecht infiziert vom Weinvirus. Von diesem Moment an interessierte ihn nur noch eine Frage: Was ist das Besondere am Wein?
Es kommt, wie es kommen musste: Jürgen bricht sein Jurastudium ab und beginnt eine Winzerlehre bei den Staatsweingütern des Landes Hessen im Rheingau. Direkt im Anschluss folgt ein Studium zum Weinbauingenieur in Geisenheim und ein Auslandsaufenthalt auf dem neuseeländischen Weingut Neudorf Vinyards. Schon 1996 schafft er den Abschluss des Studiums zum Master of Wine in London. Nach anschließender 6-jähriger Tätigkeit als Flying Winemaker für einen britischen Weinimporteur in Südafrika und oenologischer Beratung einiger Weinbaubetriebe im deutschsprachigen Raum, kommt bei Jürgen der Punkt, an dem er merkt, dass etwas fehlt. Er möchte endlich sein eigenes Projekt, sein eigenes Baby!
Tuniberg, der Bruder des Kaiserstuhls
Die Chance bietet sich damals: Von der Mark pachtet 2003 kurzerhand eine alte Spätburgunderanlage mit 35-jährigen Reben am Tuniberg bei Freiburg. Der Tuniberg gilt als kleiner Bruder des bekannteren Kaiserstuhls. Er liegt ein Stück weiter südöstlich davon. Von der Marks Weinberge befinden sich auf dem Hochplateau und hier finden die empfindlichen Pinot Reben optimale Bedingungen. Dort, am Tuniberg, weht dauerhaft ein leichter Wind, der die Trauben kühlt und gleichzeitig durchlüftet. Die Reben wachsen auf lössbedeckten Kalk; einer Bodenart, die typisch für den Tuniberg ist.
Die ersten 8 Jahre arbeitet Jürgen als Wanderweingut. Damals mietet er sich verschiedene Räumlichkeiten an, zum Teil bei Freunden und Bekannten. Einige Dinge haben sich bis heute nicht verändert, denn er verwendet nach wie vor eine 50 Jahre alte Korbkelter. Auch verzichtet er völlig auf die Zugabe von Laborhefen oder gar Enzymen und füllt ungeschönt und unfiltriert ab.
Metzgerei mit Kühlraum
Der 2008er war ein ganz spezieller Fall: Es sei ein sehr kühles Jahr mit einem extrem kalten Herbst gewesen, berichtet von der Mark. Die Trauben reiften im Zeitlupentempo. Der Ertrag war demzufolge mit 18 hl/ha wahnsinnig niedrig. Es war das erste Biojahr in Umstellung und diesen Wein produzierte er in einer ehemaligen Metzgerei. Er fand perfekte Zustände dort: große Räume und einen eigenen Kühlkeller.
Mittlerweile haben die Wanderjahre ein Ende: Von der Mark bezieht zum Herbst 2011 sein langersehntes, eigenes Kellereigebäude. Dort werden die Weine sowohl vinifiziert als auch gelagert. Gleichzeitig werden auf 2,5 Hektar neben Spätburgunderrotweinen auch Weine aus den Sorten Weiß- und Grauburgunder sowie Gutedel produziert. Das Weingut von der Mark ist seit neuestem Mitglied bei Ecovin, dem Bundesverband für ökologischen Weinbau.
Ankunft des Herrn!
Im Glas zieht ein sehr helles Rot seine Runden. Die Viskosität zeichnet sich in Form von Kirchenfenstern an der Innenseite des Glases ab. Ein wunderbar klarer Pinot-Duft steigt die Nase. Dezente Aromen von Himbeeren, Brombeeren zusammen mit Würze, Minze etwas Leder und einer Spur Holz. Im Mund geht das Ganze weiter: Dort finden sich zusätzlich Kaffeenoten, sehr präsente, allerdings nicht störende Gerbstoffe.
Die knackige Ballerina
Er füllt den gesamten Gaumen aus, verfügt über eine beachtliche Länge. Keine Langeweile, er verlangt förmlich nach Aufmerksamkeit. Das Ganze erinnert mich an eine durchtrainierte aber zierliche Ballerina, der ich voller Bewunderung beim Tanzen zuschaue. Mit ihrem Stolz und Ausdruck, ihrer Anmut und Filigranität zieht sie mich jedes Mal wieder in ihren Bann. Matrosen, das ist großartiger Pinot aus Deutschland!
die weine von jürgen v.d. mark sind wirklich sehr gut. nur, sooo selten in ihrem stil, sind sie auch wieder nicht. ich denke schon, dass recht viele ähnliche sb-stile in deutschland zu finden sind. keine lauten schreihälse, so wie jürgen selbst es auch nicht ist. aber wenn man mit ihm über wein diskutiert wird es hochinteressant. das passt auch zu seinen weinen, wenn man sie trinkt & ihnen etwas zeit gibt, dann kommt doch einiges.