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Auktion: Bordeaux aus dem Jahrhundertjahr 2005

Wir nennen ihn die Supernase - Dr. Imtiaz Alikhan. Foto: Sebstian R. Fuchs
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Für Bordeauxfans ist der Jahrgang 2005 so etwas wie ein göttlicher Trank. Unser Luxuswein-Experte Dr. Imtiaz Alikhan erklärt euch, warum.
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Du meine Güte! Mich lockt schon wieder eine Weinversteigerung beim digitalen Auktionshaus Auctionata: Seltene Weine & Spirituosen am 25. April 2016.

Ich kenne mich, ich werde nicht widerstehen und erneut mitbieten. Mal sehen, welchen Treffer ich diesmal lande. Ein ganz bestimmtes Los hat es mir besonders angetan: Eine Kiste reifer Bordeaux aus dem Jahrhundertjahrgang 2005. Ja, hier ist das vielstrapazierte Wort wirklich angebracht: 6 Flaschen 2005 Château Palmer, Margaux

Bevor ich zu diesem Wein komme, will ich euch etwas über den Jahrgang 2005 im Bordelais erzählen. Aber zuerst: Willkommen in Dr. Alikhans Luxusschule hier auf CaptainCork!

2005 ist der teuerste jüngere Bordeaux-Jahrgang. Fachleute sind sich einig, es ist einer der größten Jahrgänge der letzten Jahrzehnte, mit herrlichen Wetterbedingungen, perfekt ausgereiften Trauben und phantastischen Weinen mit extremer Lebensdauer. Viele Weingüter der Region haben in diesem Jahr den besten Wein ihrer (oft recht alten) Geschichte hergestellt.

Dabei hat alles gar nicht obertoll angefangen. Der Winter war kalt und lang, allerdings viel trockener als üblich. Es fielen nur zwei Drittel der durchschnittlichen Niederschlagsmenge vom Himmel. Der April war feucht – gut fürs Wachstum. Mai und Juni wärmer und trockener als sonst, sodass die Reben rasch in voller Blüte standen. Weil es in der Folge weiterhin trocken blieb, wuchsen die Trauben nur mäßig, was Winzer immer freut. Denn es bedeutet, dass der Saft innen konzentrierter ausfällt. August, September, Oktober blieben schön und brachten überschaubar wenig Regen. Aber die Nächte fielen ungewöhnlich kalt aus. Das ist fast schon ein Winzer-Jackpot, denn es bedeutet gute Aromabildung und ordentliche Säure. Zur Traubenlese wurden dann sehr hohe Tannin- und Alkoholwerte gemessen. So hoch, dass einigen etwas bang wurde.

Ich mache einen Zeitsprung in den Sommer 2015: Der mächtige ame­ri­ka­ni­sche Wein­kri­ti­ker Robert Parker gesteht, dass er sich bei der Ver­kos­tun­gen der ersten Bordeaux-Fassproben 10 Jahre zuvor erschreckt hat­te: „Das Tan­nin war bru­tal hart.“ Aber nun – 2015 – sei er beruhigt. Parker korrigierte seine 2005er-Bewertung nach oben. Nach ganz oben!

So viel zum Jahr 2005 in Bordeaux. Und jetzt komme ich zum konkreten Wein.

Ich finde, der 2005 Château Palmer (aus 53% Cabernet Sauvignon, 40% Merlot und 7% Petit Verdot) ist ein hervorragendes Beispiel für diesen Jahrgang der Superlative.

Der Rufpreis dieser Kiste Bordeaux-Edelsaft bei Auctionata beträgt 700 Euro. Der Auktionator hat den Wert für dieses Los auf 1.400 Euro gestellt. Dazu kommen beim Zuschlag noch diverse Gebühren. Eines ist klar, billig wird der Spaß für diese 6 Flaschen 2005 Château Palmer nicht.

Das Weingut Château Palmer wurde vom englischen General Charles Palmer gegründet, als der tapfere Soldat 1814 ausgelaugt vom Spanienfeldzug gegen Napoleon auf seinem Heimweg nach Ruhe suchte und sie in Gestalt einer jungen Witwe fand. Marie de Gasq, die dringend einen Käufer für ihr Gut suchte, wusste ihn mit ihrem Charme zu betören. Außerdem behauptete sie, ihr Gut sei in allen Belangen mit Château Margaux nebenan zu vergleichen.

Er kaufte das Château de Gascq, dem er seinen Namen gab. Es ist eines der schönsten Herrschaftshäuser im Médoc und an seinen hohen Türmchen an jeder Ecke leicht zu erkennen.

Der internationale Erfolg Bordelaiser Weine ist Menschen wie Charles Palmer zu verdanken. Da er sich die meiste Zeit in der Londoner Society aufhielt, wurde sein Wein dort schnell bekannt und Palmer’s Claret (so nannte man damals die Rotweine aus Bordeaux) zum must have der besseren Gesellschaft.

Leider lebte Palmer über seine Verhältnisse und musste gegen Ende seines Lebens all seinen Besitz verkaufen. Das Gut behielt aber seinen Namen. Die neuen Besitzer waren die Brüder Pereire, Bankiers und Rivalen der Rothschilds.

Palmer

Heute gehört der Betrieb zum Reich der berühmten Bordeauxfamilie Sichel. Die Weinberge erstrecken sich über 52 Hektar Kieshügel an der Garonne und grenzen an die des weltberühmten Château Margaux, von dem es am 25. April 2016 auch einen Leckerbissen gibt: 1 Flasche 1967 Château Margaux

Seit Beginn der 2000er-Jahre wurde Château Palmer behutsam aber kontinuierlich wieder an die Spitze der Bordeaux-Güter geführt. Vorher war die Qualität von Jahrgang zu Jahrgang sehr unterschiedlich, es gab grandiose aber auch sehr vernachlässigenswerte. Berühmt ist der legendäre Château Palmer 1961, auch so ein Jahrhundertjahrgang der Region.

Ich hatte in letzter Zeit gleich zweimal das Glück, den Château Palmer 2005 durch meine verwöhnte Kehle rinnen zu lassen und will euch jetzt davon berichten.

Oktober 2015:

Ich wittere gleich nach dem Öffnen blumige Noten. Dann Brombeere, Johannisbeere (Cassis) und Pflaume. Sehr nett aber noch nicht die erwartete Offenbarung.

Nach zwei Stunden im Dekanter kommt das Wunder: Herrliche, dunkel wirkende Aromen von Trüffel, Zigarrenkiste und Süßholz.

Alles ist schön konzentriert, geschmeidig und üppig, ich rieche pure schwarze Kirsche und Datteln mit Sahne und Vanille. Am Gaumen ist der Wein eindrucksvoll tief, dabei herrlich weich und geschmeidig. Reiner Kaschmir zum Trinken!

Februar 2016:

Der große Anteil an Merlot macht den Château Palmer zu einem vollmundigen und üppigen Tropfen. Im Mund flüssig gewordene Seide und perfekte Reife. Ich schmecke würzigen Tabak, schwarzen Trüffel, Brombeere und Schwarzkirsche.

Das ist ein konzentrierter, hochkomplexer und sehr sauberer Wein mit Tanninen wie lange und feine Fäden. Der Abgang schmeckt nach trockenen, dunklen und mit Schokolade überzogenen Früchten. Dazwischen spüre ich ein bisschen Lakritze. Was für ein subtiles und dennoch kraftvolles Vergnügen!

 

Datum: 18.4.2016 (Update 21.4.2016)
 

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