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Winzer des Jahres 2012: Andreas Barth.

Susanne und Andreas Barth auf einem grandiosen Foto von Winzerkollege Andreas Dust.
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Weil er stilbildend wirkt. Weil er Tradition mit Moderne vereint. Weil er jedem Projekt eine eigene Handschrift gibt. Weil er beispielgebend für Quereinsteiger ist. Und weil er das Intellektuelle des deutschen Weins verkörpert.
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Eine regennasse Straße am Attersee in Österreich. Andreas Barth hat hier während einer großen Präsentation seine Weine vorgestellt.

Beim nachfolgenden Abendessen nahm er mitten unter den bedeutendsten deutschen Winzern Platz. Er tafelte mit Roman Niewodniczanski vom Weingut Van Volxem. Mit Armin Diel und Ernie Loosen, auch mit Manfred Prüm, dem Grandseigneur aller Moselwinzer. Andreas Barth gehört dazu. Und trotzdem kennen ihn nur wenige. Manche Weinhändler haben seinen Namen sogar nie gehört. Barth, so scheint es, ist das nur recht.

Jetzt, nach kurzem Schlaf, fährt Barth zurück nach Niederfell an der Mosel, seinem Wohn- und Arbeitsort. Die Straße ist kurvig, der Belag nass, man kann nicht groß aufs Tempo drücken. Gut Zeit über Ambition zu reden. Und über das Thema, das alles im Leben trägt. Das Warum. Warum Winzer?

Eine gute Frage, sagt Barth. Und dann erzählt er, dass er eigentlich singen wollte. Doch nicht konnte. „Ich habe es nicht ausgehalten“, sagt Barth, „die Musik hat mich überwältigt. Ich stand auf der Bühne und war eins mit dem Stück, das ich sang. Das war vielleicht richtig, aber es war nicht professionell. Mir fehlte die kritische Distanz.“

Kein Sänger. Kein Jurist. Oje…

Barth hätte auch Jurist werden können, denn mit diesem Studium war er fertig. Aber es wurde der Wein. Keine trockene Materie, obwohl trocken ein großes Thema bei Barth ist. Und wie man trocken lecker macht. Das ist eines seiner Projekte. Das jüngste.

Barth besitzt das Weingut Lubentiushof an der Mosel. Niederfell liegt gleich bei Koblenz, die Lagen der Terrassenmosel gelten als gut, aber nicht als groß. Barth beweist, dass diese Art Wertung keinen wichtigen Rang hat, wenn der Winzer das Optimale herauszuholen vermag. Barths Rieslinge von der Lage „Gondorfer Gäns“ beispielsweise haben enorme Mineralität und ein ungeheures Alterungspotential. Die trockenen Gänse gehören zu den besten aller modernen Moselrieslinge. Was nicht bedeuten soll, dass die altmodische, restsüße Art der Moselweine nicht auch seinen Reiz hat. Barth kann beides.

Mit Jauch geht´s auch.

Ein paar Tage später. Andreas Barth ist in Berlin. Dort trifft er einen der bekanntesten deutschen Fernsehmoderatoren, Günther Jauch. Jauch sitzt in seinem Büro, wo er den nächsten Sonntagstalk vorbereitet. Barth kommt nicht zum Plaudern vorbei. Und Barth will Jauch auch keine Flaschen verkaufen. Barth will mit Jauch arbeiten. Die nächste Stunde lang. Diese Stunde haben Barth und Jauch den gleichen Beruf. Sie sind beide Winzer.

Jauch besitzt das Weingut Othegraven in Kanzem an der Saar. Er hat den traditionellen Hof von der Vorbesitzerin Heidi Kegel übernommen, einer Verwandten, die ihn über Jahre führte. Leider erkrankte Kegel und verstarb diesen Sommer. Davor hat sich Jauch nie sonderlich für Wein interessiert. Jetzt weiß er viel, trinkt sich Wissen an und kann mitreden.

Devot bei Devon.

Und er kann auch mitreden, wenn er mit Andreas Barth über die Ausrichtung der Othegraven-Weine des Jahrgangs 2011 spricht. Denn Barth ist Jauchs Kellermeister, er hat die Arbeit schon unter Heidi Kegel gemacht, die ihn in einer Notsituation befristet auf das Gut holte.

Aus der befristeten Hilfe ist ein richtiger Job geworden; Barth bekommt an der Saar jene Lagen, die ihm an der Mosel fehlen. Zum Beispiel den grandiosen Kanzemer Altenberg. Steil, von der Sonne ausreichend beschienen und vom so genannten Devon-Schiefer dominiert, der eine sehr eigene, oft salzige Mineralität mitbringt.

Herausragend auch der Riesling vom Ockfener Bockstein, eine Lage wie ein Amphitheater, die vom Silberschiefer dominiert wird, der seine Mineralität zu bündeln weiß. Die Weine, vor allem die restsüßen Auslesen, lassen die Frucht früh nach vorne treten.

Barth und Jauch haben sich gefunden. Das nicht nur, weil Jauch Barth braucht. Denn nur Barth wusste nach der Übernahme mit den Böden bei Othegraven umzugehen.

Nein, Barth und Jauch verstehen sich auch intellektuell. Beide prägt ein ähnliches, klassisches Kulturverständnis.

Barth und Jauch sind eher konservative Liberale, die sich aufgeschlossen der Moderne widmen. Sie sind Bürger der vom rechtsrheinischen Kapitalismus geprägten, dem Sozialen zugewandten Bonner Republik. Und sie sind von der französischen Lebenskultur beeinflusst, die in der Region bis heute für das kulinarisch-bacchantische Klima sorgt.

Der Lubentiushof in Niederfell ist nie die zweite Wahl. Barth trennt beide Güter sehr strikt und setzt keine Präferenzen. Die Arbeit bei Jauch lässt Barth aber am eigenen Gut Luft für Experimente. Und so hat Barth sich von der alten Aufmachung des Lubentiushof getrennt und ein drittes Projekt gestartet, das Unternehmen „Spontan“. Das ist ein eigenes Label des Lubentiushof. Wie der Name sagt – ein spontan vergorener Riesling, der fruchtig, frisch, mineralisch, alkoholarm und gehaltvoll sein soll. Quasi alles, was guter Riesling leisten muss. Ein anspruchsvoller „Saufwein“ für Restaurants und Bars.

Fan der Spontanvergärung.

Andreas Barth ist Fan der Spontanvergärung. Das ist nicht selbstverständlich, denn die meisten Winzer setzen auf neutrale Zuchthefen, um ihre Weine schnell und problemlos durch die Gärung zu bringen. Die risikoreiche Spontangärung kann einen Wein schon mal in eine andere Richtung drängen. Wenn nicht alles läuft, wie es laufen sollte.

Und wie für viele Quereinsteiger ist auch für Barth die Spontanvergärung eine Art Meisterklasse. Wer die hinbekommt, bekommt das kleine bisschen Individualität, das den meisten Weinen heute fehlt.

Dass Barth dramatisch individuell sein kann, beweisen seine Lagenweine. Nicht nur die Gäns, hier vor allem die Alten Reben, sondern auch „Koberner Uhlen“ und „von der Leyen“ – nicht verwandt mit der gleichnamigen Ministerin.

Kaum ein anderer Winzer kann diese Breite bieten. Die Auszeichnungen der Othegraven-Weine gehören Günther Jauch. Mit seinen eigenen Weinen will Barth nicht so viel Wind machen. Doch die Prominenz, an der er bisher immer vorbeischrammte, wird ihm wohl nicht erspart werden.

2. Platz: Caroline Spanier-Gillot und Hans Oliver Spanier.

Für ihre hervorragende Kollektion 2011. Ein ganz großer Sprung nach vorne, der auch – ganz unverschämt gesagt – zu erwarten war. Knochentrockene und gewichtige Rieslinge, die in Deutschland ihresgleichen suchen. Diese Winzer sind Lieblinge des Captain und von Maat Küblbeck (und von allen Fashionistas an Bord).

3. Platz: Dirk Würtz.

Für seine großartige Kollektion 2011 bei Balthasar Ress. Und nicht nur die großen Gewächse und besten Lagen. Würtz hat damit alle Spötter bestraft, die in ihn nur einen Blogger und Schwätzer sehen.

Noch eine Anmerkung des Captain: Es ist kein Zufall, dass alle Winzer des Jahres deutsche Winzer sind. Denn gerade der deutsche Weinbau hat 2012 seinen Platz an der Weltspitze erobert. Man wird erst in der Rückschau bemerken, wie wichtig das Jahr 2012 für den deutschen Wein war. Doch auch in Frankreich tut sich einiges, hier steht eine Erneuerungsbewegung in den Startlöchern. Wir werden berichten.

 

Datum: 24.12.2012 (Update 12.1.2015)
 

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