Gästen Ihrer schicken Straußwirtschaft in Leiwen an der Mosel verweigert Sandra Berweiler das WLAN-Passwort und sagt: Das ist ein Ort zum Runterkommen. Die Leute wollen doch entspannen. Wenn sie aber immer nur aufs Handy starren, wird das nichts.
Sandra Berweiler gehörte nie zu den Lautsprechern und Selbstdarstellern im Weingewerbe. Sie arbeitete als Medizinisch-Technische Assistentin im Krankenhaus in Trier. Vorzugsweise in der Nachtschicht, um sich tagsüber einer Ausbildung zur Winzerin zu widmen. Doch das ist lange Zeit her. Heute betreibt die Mosel-Weinkönigin 1996-1997 ihr eigenes kleines Vier-Hektar-Weingut mit Weinbergen in Schweich, Neumagen, Pölich und eben Leiwen, das sie 2017 von den Eltern übernahm. Ihre Rieslinge wirken still und eindringlich, aber auch voller Kraft. So wie sie selbst.
Neulich waren der Captain und sein Riesling-Schreiber Christoph Hahn zu Besuch und ließen sich mit Speis und Trank bewirten. Unter anderem stand da eine süßliche Riesling-Spätlese aus dem Schweicher Annaberg auf dem Tisch. Wow, was für ein Wein, dachten beide. Elegant, präzise und herrlich trinkig. Und das für weniger als 10 Euro. Nach solchen Weinen hält der Captain ständig Ausschau. Es gibt sie ja. Man muss nur wissen, wo sie stehen.
Nichts an diesem Wein wirkt vordergründig – außer sein elendig langer Name: Riesling Schweicher Annaberg Spätlese Alte Reben halbtrocken. In der Nase zunächst verschlossen. Dann machen sich Kräuter und florale Düfte bemerkbar, nach ein paar Zügen auch Feuerstein und Mineralik. Im Mund glockenklar und saftig. Die vorhandene Süße ist perfekt eingefangen von Säure und Würze. Auf der Zunge warme und weiche Früchte wie Pfirsich und Mirabelle, durchsetzt von leicht herber Aromatik. Sehr saftig mit großem Trinkfluss. Ein herzlicher Wein, der gut zu Käse passt.
Das Rüstzeug, um solche Weine zu erschaffen, erwarb Sandra Berweiler durch Praktika beim seinerzeit sehr gefeierten Leiwener Winzer Heinz Schmitt. Sein jäher Tod infolge eines Arbeitsunfalls im September 2010 bedeutete auch für sie einen herben Verlust. Es war in Schmitts Keller, wo sie 2001 ihren ersten Wein kelterte: „Sandras Riesling“. Diese trockene Spätlese gehört noch heute als feste Größe zum Repertoire der ehrgeizigen Quereinsteigerin. Der Sekt des Hauses ist ebenfalls bemerkenswert.