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Weinviertel: ein Quantum Prost.

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Obermaat Mally unterbricht seine Griechenland-Serie mit einer patriotischen Durchsage: das Weinviertel ist auch schön. Besonders, wenn es da so tolle Grüne Veltliner gibt, wie die vom Schauspieler Florian Schuhmann.
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Was haben Johnny Depp und Florian Schuhmann gemeinsam? Beide sind Schauspieler, beide besitzen ein Weingut. Johnny Depp in der Provence und Schuhmann im Weinviertel. Wer Florian Schuhmann noch nicht kennt, sollte bei Schönwetter unbedingt auf die niederösterreichische Rosenburg fahren. Dort finden Shakespeare-Festspiele statt. Dieses Jahr führt man dort Othello auf. Die Story um den eifersüchtigsten Mohren. Florian Schuhmann hat nebenbei die Rolle des bürgerlichen Lodovico inne. Für die Desdemona ist er noch zu jung.

Schuhmanns Familie hat ihre Wurzeln in der Gastronomie. Eine Branche, die ihm für die persönliche Entwicklung offenbar keine Perspektive bot. Aus diesem Grund wurde er Schauspieler. Die Gastronomie infizierte ihn allerdings mit der Liebe zum Wein.

Die Zeit als Vollzeit-Schauspieler war laut eigenen Angaben eher durchwachsen. Weil jeder gern mit einem Weinbauern befreundet ist und Schuhmanns Winzerfreund Erich Poller heißt, starteten die beiden ein paar kleine Projekte. Wie zum Beispiel eines mit der Sorte „Blauer Portugieser“.

Wie es so oft mit Dingen ist, die aus Leidenschaft entstehen, wurde es auch hier irgendwann zu viel der Hingebung und Schuhmann musste sich entscheiden, ob er sein Weingut, Weingut bleiben lässt oder ob er damit beginnt, es professionell zu bearbeiten.

Man darf erahnen, wofür sich Schuhmann entschieden hat.

Sein Weingut ist die „Quantum Winery“ in Maissau im westlichen Weinviertel. Schuhmann sieht sein Weingut – ein bisschen abgehoben – als absoluten Gegenentwurf zu all dem anderen (Mist?) und den Standardweingütern, die in seiner Region wirtschaften. Darum auch der Name. Schuhmann: „Quantum ist eine kleine Menge, aber auch der kleinste gemeinsame Nenner. Winery deswegen, weil es kein adäquates Wort in der deutschen Sprache gibt, das meine Art zu produzieren beschreibt, außer vielleicht Manufaktur. So heißt aber die Supermarktlinie der „Kremser Winzer,“ sagt Schuhmann. Irgendwie verständlich, dass er seine Winery damit nicht in Verbindung bringen möchte.

Die Quantum Winery umfasst ca. 1,5 Hektar Weingartenfläche. Alles Kleinstweingärten mit einem Rebalter zwischen 25 und 60 Jahren. Das ist gut, denn alte Reben machen besseren Wein. Die meisten dieser alten Anlagen stammen aus dem Bestand des Pollerhofs (siehe oben), andere wurden dazugepachtet.

Im Keller geht es zu wie in der Burgund. Ja, DIE Burgund, diese Diskussion hatten wir hier schon an Bord. Das heißt: vinifiziert wird ohne Aromahefen, forciert wird eine natürliche Weinwerdung ohne gezüchtete Hefestämme – Spontangärung eben. Die Weine Schuhmanns bekommen viel Zeit.

Im Weingarten geht’s auch sehr ökologisch zu. Das ist der Luxus des kleinen Weinguts, wenn man alles mit der Hand macht. Schuhmann vermeidet Traktorfahrten (so gut es geht) und die Verwendung von Herbiziden. Schließlich hat man einen Weingarten und keinen Golfplatz. Dass hier nur von Hand gelesen wird, muss ich ohnehin nicht erwähnen. Die Ernte – und das ist interessant – findet bei der Quantum Winery allerdings erst statt, wenn die Trauben die erste Frostnacht bei -1 bis -2 Grad überstanden haben. Zumindest versucht Schuhmann den Lesezeitpunkt solange hinaus zu zögern. Für ihn „spaltet“ das die Aromen nochmals. So fallen die Weine exktraktreicher aus.

Heutige & Gestrige 2010

Der Wein ist eine Lagencuvée und zu hundert Prozent Grüner Veltliner. Das heißt: die Reben kommen aus verschiedenen Weinbergen und aus allen Quantum Winery-Lagen, die mit Veltliner bepflanzt wurden. Die Etikette wird von einem Blasmusikquartett geschmückt. Die Musiker sind behütet und hinter aufgemalten Sonnenbrillen versteckt.

Alle Weingärten für diesen Wein befinden sich auf Urgestein oder Kalk. Urgestein sorgt für knackige Mineralik, Kalk für Exotik und zusätzlich Mineralik. Der Lössanteil ist mit 15 % sehr gering. Ausgebaut wurde der Wein im Stahl, von wo man ihn nach knapp 7 Monaten auf Flaschen aufteilte.

Bei diesem Wein geht es Schuhmann nicht ums Terroir. Für ihn ist er eine Reminiszenz an den alten Brünnerstrassler. Das ist die Urform des weinviertler Veltliners. Ein sehr säurebetonter Veltlinertypus, so genannt, weil er in riesigen Mengen entlang der Straße von Wien nach Brünn gekeltert wurde. Den würden wir heute wahrscheinlich gar nicht mehr trinken.

Dieser Veltliner steht für seine Herkunft. Er ist kühl, mineralisch, bekömmlich, rustikal. So soll ein klassischer Weinviertler schmecken und das tut er.

In der Nase ein Hauch von Weingartenpfirsich, etwas Melisse und Limetten. Hier muss man nicht viel nachdenken und braucht es auch nicht. Was kann es besseres geben?

Dieser Veltliner hat Biss und Säure. Ich brauche hier nicht mehr Komplexität oder Kraft und hüte mich davor, danach zu suchen. Klar, dass kann man noch mehr zu diesem Wein sagen könnte. Er hat schon Tiefgang. Aber wen würde mein Geschwätz darüber interessieren? Der wahre Höhepunkt dieses Weinguts kommt doch erst und ich empfehle ohnehin, sich ein paar Flaschen zu kaufen, um meine ungelenken Sätze nachvollziehen zu können. Dieser Wein ist Trinkspaß auf hohem Niveau und garantiert nicht weniger. Er ist ehrlich und das mag ich. Einfach toll, toll einfach.

Intellektueller wird’s bei Quantum Nr. 2. Er stammt aus der Lage Himmelreich. Sie besteht aus 100 % Granit, blickt nach Süd-Südwest, ist terrassiert und auf ihr gedeihen ausschließlich Veltlinerreben im Alter zwischen 40 und 60 Jahren. Ausgebaut wurde dieser geniale Veltliner im Stahltank. Die Feinhefe, die sich am Boden des Weintanks absetzt (Debourbage), wurde regelmäßig aufgerührt. Das nennt man „Batonnage“. Eine Technik, die man durch größere Üppigkeit und Cremigkeit eventuell sogar erschmecken kann.

Ein Quantum Prost.

Ehrlich gesagt: Allein wegen der Aufmachung würde ich zu dieser Flasche greifen. Die Etikette erzählt eine Geschichte. Weltuntergang im Jahr 1910. Das Erdenvolk flieht auf den Mond. Als Shuttles werden Luftballons zweckentfremdet. Die sind inzwischen allerdings aus. Tja, Pech gehabt. Aber nicht mit dem Wein.

Der ist fast goldgelb. In der Nase zart nussig und ausgeprägt mineralisch. Irgendwo kommt dann auch noch Steinobst und zwar eine ganze Kiste davon. Reife weiße Pfirsiche aus dem Weingarten und eine zarte Zitrustendenz, die von Augenblick zu Augenblick stärker wird. Zitrone und vor allem Grapefruit und davon nicht zu wenig und so konkret, dass ich sie als Pink Grapefruit erkennen würde.

Ein erster Schluck, ein Schluck von Meer. Erinnert mich irgendwie an das Wasser, das ich zuletzt beim Segeln in den Kornaten trank. Absoluter Blödsinn, trotzdem ist diesem Wein eine salzige Ader eigen. Dazu noch fein cremig, aber nicht zu üppig. Dieser Weinviertel DAC bleibt packend und spannend mit patriotischem Mut zur Säure. Am Gaumen bleibt die Grapefruit und sie bleibt lang.

Das Schlusswort übergebe ich dann wieder an Florian Schuhmann, der es so sieht: „08/15-Weingüter gibt es im Weinviertel genug. Die Quantum Winery ist dazu da, um Dinge anders zu machen.“ Darauf trinke ich! Prost, Mahlzeit und danke an Florian Schuhmann und weil ich das Wort nicht abgeben mag, verabschiede ich mich mit einem Zitat aus Othello:

„Möge die Macht mit dir sein.“

  • Grüner Veltliner Quantum Nr. 2 Weinviertel DAC 2010 (12,4 % Alkohol) für 12,50 Euro.
  • Grüner Veltliner „Heutige und Gestrige 2010″ (11,9 % Alkohol) für lächerliche 7,90 Euro.
 

Datum: 29.7.2011 (Update 3.9.2014)
 

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