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Weinauktion: trinken wie Marcello.

Noch etwas Wein, Signore Mastroianni? Foto: Tmagazine
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Das Online-Auktionshaus Auctionata versteigert am 30 September 2015 einen ganzen Keller voller vornehm gereifter italienischer Weine. Wir haben zwei Flaschen vorab verkostet und raten zum Mitbieten.
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Matrosen, was habt ihr im Sommer 1986 gemacht? Ich weiß nicht mehr genau, was ich tat. Aber ich war damals 20 Jahre alt. Ja, das ist verdammt lang her. Fast 30 Jahre. Die Trauben von Angelo Gajas Darmagi reiften auch damals unter der heißen Sonne über dem Piemont gelassen vor sich hin, wie sie es seit Ende der 70er-Jahre immer tun. Jetzt – 30 Jahre später – kann man diesen Wein ersteigern. Neben vielen anderen noblen Tropfen aus Italien.

Weinauktion: eine faire Chance.

Das Auktionshaus Auctionata versteigert am 30 September 2015 wieder mal eine Kollektion edler, gereifter Weine.

Professionelle Versteigerungen sind immer eine faire Chance, alte Weine zu kaufen, ohne dass man sich fürchten muss, überhöhte Preise zu bezahlen, weil man zuwenig Ahnung hat. Abgesehen davon, ist so eine Auktion auch eine interessante Möglichkeit, mal auszuprobieren, wie gute, alte Weine schmecken.

Diesmal haben die Spezialisten von Auctionata einen ganzen italienischen Weinkeller im Angebot, den sie in Einzelpositionen verschiedener Flaschen aufgeteilt haben. Ich habe mir für diesen Artikel zwei besondere Weine herausgepickt, beide kommen von der Winzerlegende Angelo Gaja.

Zwei Weine von Superstar Gaja.

Da wären der Gaja Darmagi 1986 aus fast nur Cabernet Sauvignon (damals eine ungeheure Dreistigkeit gegenüber der traditionsverliebten italienischen Winzerschaft) und der Gaja Barbaresco (offiziell 100% Nebbiolo) aus dem Jahr 1997.

Bevor ich beginne, auf diese besonderen Weine einzugehen, ein bisschen Macho-Philosophie. Das muss erlaubt sein, schließlich geht es um zwei ehrwürdig gereifte Weine.

Gaja meinte mal, die Rebsorte Cabernet Sauvignon sei wie John Wayne – von starker Persönlichkeit, offen und einfach zu verstehen, dominant und pflichtbewusst im Schlafzimmer. Dies aber immer nur auf dieselbe Weise. Tja.

Und Nebbiolo, der sei wie Marcello Mastroianni. Ein grüblerischer, stiller Mann, der in der Ecke steht. Nicht sofort zugänglich aber sehr komplex.

Ich finde derartige Vergleiche – bei aller Plattheit – ganz ok, wenn sie helfen, das Wesen eines Weines unkompliziert zu beschreiben.

Gaja heißt: Innovation + Provokation.

Angelo Gaja hat die Weinwelt revolutioniert. Darüber sind Dissertationen geschrieben worden. Um es kurz zu machen, bevor wir zu den beiden ehrwürdigen Flaschen kommen: der Mann führte jede Menge High-Tech in sein Weingut ein, tüftelte zum Beispiel intensiv an der Kontrolle der Gärtemperatur. Und als er begann, französische Barriques für den Ausbau seiner Weine zu verwenden, war dies eine Provokation!

Das war es auch, als Gaja im Jahr 1978 – zurück von einer Winzerausbildung in Frankreich – zum Leidwesen seines Vaters Giovanni damit begann, etliche der berühmten Nebbiolo-Reben des Weinguts auszureißen und durch Cabernet Sauvignon zu ersetzen.

Darmagi, darmagi! (=schade, schade!) – rief Papa Giovanni damals erschrocken aus. Aber immerhin: er ließ den Sohn walten…

Danke, lieber Weinsammler!

Und schon sind wir beim ersten Wein, der am 30. September 2015 bei Auctionata versteigert wird: etliche Flaschen Gaja Darmagi (Los Nr. 7), unter anderem der Jahrgang 1986. Mein Freund, der enthusiastische Hamburger Weinsammler Imtiaz Alikhan trank diesen Wein im Februar 2015 und notierte beim Verkosten folgendes:

Der Wein ist nach zwei Stunden im Dekanter völlig klar und ohne Trübheit. Tief rubinrote Farbe. Lange Beine. =Imtiaz meint damit die hübschen Schlieren im Glas nach dem Schwenken. Manchmal sagt man auch Kirchenfenster dazu.

In der Nase ein komplexes Bouquet mit Noten von Graphit, es duftet wie die Späne eines angespitzten Bleistifts. Dann Mineralität, süße Gewürze, Zimt, Zedernholz, Brombeere, schwarze Kirsche, Buntstifte und nasser Waldboden nach einem Regen.

Im Mund ein voller, sehr trockener Körper. Aromen von Cassis, Brombeere, Schwarzkirsche, wieder süßes Graphit vom Bleistift. Die hohe Säure wirkt frisch. Die selbstbewussten und glatt integrierten Tannine (Gerbstoffe) schaffen eine tolle Eleganz, der Alkohol schmeckt mittelstark. Und dann macht mich ein sehr langer Abgang glücklich.

Faszinierend – ein hochkomplexer Cabernet Sauvignon aus dem Piemont, dem 5% Merlot und Cabernet Franc beigemischt wurden. Bordeaux lässt grüßen! Aber seine Fruchtreife ist gar nicht typisch für die französischen Kollegen. Ich glaube, der kann noch weitere 5 Jahre lagern.

Das war „John Wayne“. Kommen wir zu „Marcello Mastroianni“: Gaja Barbaresco, von dem am 30. September ebenfalls Flaschen mehrerer Jahrgänge versteigert werden (Los Nr. 6).

„The best wine made in Italy“!

Imtiaz Alikhan hat den Jahrgang 1997 im Mai 2015 verkostet und seine Sinneseindrücke aufgeschrieben:

Eine Stunde vor dem Trinken dekantiert.

Sehr ausdrucksvolle Nase von Teer, Erde und dunklen Früchten. Am Anfang aber auch intensiver Stallgeruch, der nach zwei Stunden verschwand. Besser das nächste mal zwei bis drei Stunden vorher lüften.

Im Mund recht kräftiger Körper, obwohl der Wein schon 18 Jahre auf dem Buckel hat! Er ist immer noch sehr tanninhaltig. Tonnenweise Obst, ich schmecke vor allem Schwarz- & Sauerkirsche. Dann sinnlicher Rauch, Fleisch, Leder und Teer. Und am Gaumen ein unendlicher Abgang, der minutenlang anhält.

Wunderbar ausgewogen, und immer noch recht frisch. Eine fabelhafter Barbaresco.

Dieser Gaja-Wein wurde 1985 als „The best wine made in Italy“ bezeichnet. Muss man mehr sagen? Er ist offiziell (wie jeder Barbaresco und Barolo) reinsortig aus Nebbiolo-Trauben gekeltert – obwohl es Gerüchte gibt, dass Gaja seit 1996 auch anderes Traubenmaterial beimischt. Wenn das stimmt, wird er seine Gründe dafür haben.

Abenteuer alte Weine.

Warum ich genau diese Weine aus der Auctionata-Auktion vorstelle? Weil sie auf beeindruckende Weise zeigen, wie ein und derselbe Winzer mit seiner Handschrift die Themen Tradition (Barbaresco) und Moderne (Darmagi) interpretiert. So faszinierend kann Weintrinken sein!

Weinfreunde, die Lust haben, in die faszinierende Welt gereifter Weine einzutauchen, sollten die Gelegeheit nutzen, welche diese Auktion bietet. Ich kann das aus eigener Erfahrung sagen.

 

Datum: 21.9.2015 (Update 30.9.2015)
 

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