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Wein & Design: Gold für Flaschen-Facebook

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Das burgenländische Weingut Oggau hat mit seinen Etiketten den wichtigsten Designpreis der Welt gewonnen. Chapeau! Das zeigt die Möglichkeiten guten Marketings. Und beweist, dass Wein endlich in der Postmoderne angekommen ist.

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Früher waren Weinetiketten egal. Man hatte eines. Basta. Meistens war es ein Familienetikett, ein Logo (wenn man das überhaupt so nennen darf), das seit Jahrzehnten auf der Flasche klebte. Hat der Jungwinzer Glück, so ist dieses Etikett unverwechselbar (wie etwa bei J.J. Prüm oder Egon Müller). Hat er Pech, so muss ein neues Etikett her.

Design war Jahrzehnte nicht gefragt, Grafik noch viel weniger. Irgendwo musste ein Wappen, ein Haus, oder ein Rebstock abgebildet sein. Und der Name stehen. Das langte.

Erst als die Weine teurer und hochwertiger wurden, kam das Design zum Etikett. Schuld waren die reichen italienischen Winzer der Region Bolgheri, die ihren Ornellaias, Sassiacaias und Massetos ein anderes Aussehen verpassen wollten. Es sollte nichts an das große Vorbild Bordeaux erinnern. Also wurde alles Tradierte verstossen.

Heute will jeder junge Winzer eine komponierte und moderne Etikette. Die meisten Weinmacher sind aber immer noch zu wenig wagemutig und folgen den faden Gesetzen des Marketings.

Nicht so in Österreich, im Burgenland. Das Weingut Oggau (Gut Oggau) ist im Besitz der Familie Tscheppe-Eselböck, dem wohl schönsten Winzerpaar Österreichs. Die Eltern betreiben ein hippes Sternerestaurant, dort fällt das Design quasi von der Decke. Kein Wunder also, dass auch die Etiketten des Weinguts progressiv gestaltet sein müssen.

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Doch das Konzept der ausführenden Werbeagentur Jung von Matt ging über Gewöhnliches weit hinaus. Man kreierte den Eselböcks (nicht ohne Anspielung auf gegebene Verhältnisse) eine Art Clan. Jeder der neun Weine bekam ein (fiktives) Familienmitglied zugeordnet, das den Charakter des Weins spiegeln soll. Facebook auf Flaschen. Und ausser dem gezeichneten Schädel bleibt vorne alles weiß und leer. Will man wissen, welcher Saft in der Flasche wartet, muss man das Rückenetikett lesen.

Es gab nicht wenige, die diesem strikten Konzept kaum ein Chance gaben. Doch die junge und urbane Klientel der Tscheppe-Eselböcks greift kräftig zu. Mittlerweile findet man die Weine mit den Charakterköpfen selbst in venezianischen Spitzenrestaurants. In einem Markt, der sich sonst gerne abschottet.

Nun haben die Etiketten von Gut Oggau den wichtigsten Grafik-Designpreis der Welt gewonnen, den Goldenen Löwen in Cannes. Das ist der Gipfel eines geplanten Siegeszug durch die Welt der Werbetrophäen. Denn selbstverständlich wollte die ausführende Agentur mit den Etiketten genau diese Auszeichnung einheimsen.

Denn ebenso selbstverständlich kann sich die Familie Tscheppe-Eselböck keine Agentur wie Jung von Matt (Sixt, Mercedes, etc..) leisten. Hier gilt das Gegengeschäft. Ein paar Flaschen für die Grafiker und den Agenturleiter. Und im Gegenzug viel freie Hand bei der Gestaltung. So bekommt jeder den Ruhm und die Aufmerksamkeit, die er sucht. Der Captain fragt, wann endlich der erste deutsche Winzer dieser Idee folgt und eine Agentur findet, die ihm ein spannendes Etikett gestaltet. Dann hat die fürchterliche deutsche Etiketten-Fadesse endlich ein Ende.

 

Datum: 28.7.2009 (Update 29.7.2009)
 

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