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WDM: Die Spanier-Mischpoke

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Hans Oliver Spanier und Carolin Spanier-Gillot haben zwei Weingüter zu verantworten. Schuld daran ist die Heiratspolitik in Rheinhessen. Und warum WDM (Winzer des Monats)? Die beiden stehen für eine neue deutsche Winzergeneration.
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Hans Oliver Spanier fährt einen Porsche. Nicht den teuersten. Aber einen mit etwas mehr PS unter der Haube, als vom Werk vorgesehen. Und so kommt es, dass der Captain, während er von Spanier zum Zug gebracht wird, die höchste Geschwindigkeit fährt, die er je in seinem Leben in einem Auto gefahren ist: 285 km/h. Und der Captain fuhr schon mit Gerhard Berger am Salzburg-Ring. Berger war langsamer als Spanier.

Was soll der Porsche über den Winzer Hans Oliver Spanier sagen? Über einen Winzer, der ökologisch arbeitet und spontan vergärt. Der die Pflanze als Verbündeten sieht, der seinen Boden kennt, der sogar noch „wurzelechte“ Reben pflegt. Von so einem hat man noch vor zehn Jahren erwartet, dass er keinen Wert auf sein Äußeres legt. Und auch keinen Wert auf ein Fahrzeug dieser Klasse und Sportlichkeit. Spanier spielt ab und zu den regionalen Playboy, ist aber fix vergeben und hat mit Carolin Gillot eine Winzerin an seiner Seite, die jederzeit die Produktion übernehmen und die Qualität garantieren kann. Die seine Ideologie teilt, weil es eine gemeinsam erarbeitete Ideologie ist.

Freude am Männerspielzeug. Und Freude am Wein

Der Porsche sagt, dass der Winzer H.O. Spanier letztlich auch Freude an ganz banalen Dingen wie diesem Männerspielzeug hat. Und er sagt, dass ein erfolgreicher und moderner deutscher Winzer kein bierernster Ideologe sein muss. Spanier gibt das Bild eines italienischen Spitzenwinzers ab. Nur lebt er in Deutschland und hat mehr Grips, als viele seiner Kollegen südlich der Alpen. Vor allem: Spanier nimmt den Weinbau ernst. Sehr ernst.

Ernst nehmen heißt nicht nur ernsthaft Weinbau zu betreiben; ernst nehmen heißt auch, eine Art Vision zu pflegen. Spaniers Vision liegt im derzeitigen Mainstream des neuen deutschen Weinbaus (der als solcher noch gar nicht richtig erkannt und festgemacht ist). Doch Spaniers Vision ist ein klein wenig persönlicher, als dass man ihn so einfach einer Gruppe zuordnen könnte. H.O Spanier und sein Weingut Battenfeld-Spanier ist eine eigene Fraktion. Einziges Mitglied: seine Frau Carolin mit ihrem Weingut Kühling-Gillot. Die ganze Konstruktion ist eine Art Habsburg-Lothringen.

Der neue deutsche Weinbau

Der neue deutsche Weinbau. Wieder so ein Schlagwort. Und dennoch drängen neue Winzer an die bedeutenden Plätze; Huldiger der Spontanvergärung, Verfolger langer Maischstandzeiten, Kritiker der ungenauen Verarbeitung von Botrytis, Ökologen, die ihren Boden pflegen. Und Geologen, die wissen, was sich im Boden verbirgt. Und was man draus machen kann. Das Resultat sind trockene, gehaltvolle und vollmundige Weine mit weniger Frucht und höherer Mineralität, die ihre Perfektion erst nach einigen Jahren zeigen. Langstreckenläufer mit Anspruch auf späte Ankunft. Skeptiker (die gibt es freilich auch schon) sagen, diese Weine sind zu „verkopft“. Und an der Kritik ist etwas dran. Dieser „Verkopfung“, dieser Intellektualisierung des deutschen Weins, vor allem des Riesling, kontert jetzt schon eine fröhliche Gegenbewegung: Winzer, die nur mehr Spaßweine machen. Diese freilich auch auf hohem Niveau.

Doch diese neue Winzerbewegung wird das Bild vom deutschen Wein, vor allem das Bild des deutschen Riesling nachhaltig verändern. Deutsche Weine gelten gemeinhin als fruchtig, stahlig und restsüß. Mit brillianter Säure. Doch fast alles, was Spanier-Gillot keltern, entspricht nicht mehr diesem Bild. Hier herrscht das Neue, das man im Ausland noch nicht kennt.

Der Captain hat mit H.O Spanier einen kleinen Film gedreht, wo dieser seine Weine erklärt, Kollege Dirk Würtz hat sich ausführlich mit dem Riesling Rothenberg von Kühling-Gillot beschäftigt. Diesen Beitrag kann der Captain nur empfehlen. Der Motor des Porsche ist ausgekühlt, H.O. Spanier steht wieder in seinen Weinbergen und betrachtet sorgenvoll die Trauben dieses Jahrgangs, der so schwierig wird, wie selten einer zuvor. Morgen mehr zu Wein und Wetter im Jahr 2010.

 

Datum: 16.9.2010 (Update 22.8.2014)
 

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