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VieVinum Wien: Vie wars?

Dicke Mauern, schönes Ambiente, schlechte Luft, scheißegal. Es war super. (Fotos: ÖWM)
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Gut wars. Der Captain spazierte durch Österreichs bedeutendste Weinmesse. Und trank sich klug. Was ist da? Was kommt? Was muss man erwähnen - rein subjektiv? Für Objektivität sorgt dann der Gong der Maate.
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Der Captain in Wien. Schon ein paar Tage lang. Er besucht die wichtigste Weinmesse Österreichs, die VieVinum. Und da gibt es nicht nur Österreichisches zu trinken, auch viele italienische Winzer waren da. Und deutsche. Wie überhaupt die Freundschaft zwischen deutschen und österreichischen Weinmachern in den letzten Jahren zu wachsen scheint. Es ist ein Wunder, dass deutscher Riesling derart gut in Österreich ankommt. Und das hat nicht nur mit der ständig steigenden Qualität zu tun, sondern vor allem mit den sinkenden Vorurteilen der Österreicher.

Doch darum geht es bei der VieVinum nicht, sie soll ein Bild der aktuellen Jahrgänge bieten. Und eine Idee, was osterreichsicher Wein soll und kann. Und das Bild wird immer klarer: Grüner Veltliner und Blaufränkisch. In ihrem Haus lebt Österreich.

Was nicht heißen soll, dass es ein paar absurd gute Ausnahmen gibt, Aber dazu gleich.

Aufheben und niederlegen

Der Captain hasst Gesichtsbäder und Smalltalk. Also ist er bei dieser Veranstaltung denkbar schlecht aufgehoben. Er will sich auch gar nicht lange niederlegen und schickt seine Maate ins Rennen, die deutlich mehr Durchhaltevermögen zeigen. Die Wiener Hofburg mag zwar einer der schönsten Austragungsorte sein (im Vergleich zur Prowein-Halle in Düsseldorf ist das alte Gemäuer einfach unschlagbar), die Luft ist aber trotzdem bald zum Schneiden dick. Und die Gänge zu eng. Nichts wie raus.

Doch vorher trinken. Was ist dem Captain aufgefallen? Was wird er in den nächsten Tagen an Bord schaffen lassen? Welche Weine sind außergewöhnlich? Und welche auffällig? Hier ein kurzer, rein subjektiver Überblick, des Captains persönliche Aufzeichnungen. Für Erweiterungen und Korrekturen sorgen dann die Maate, die mit dem Captain in Wien waren.

Zuerst zur Familie Jurtschitsch nach Niederösterreich. Selten wurde ein Betrieb besser übergeben, als dieser große Weinhof, der schon immer einen progressiven aber allgemein verständlichen Zugang hatte. Bei der VieVinum aber holte man ein paar Experimente mit Veltliner hervor, die allesamt Beachtung verdienen. Und zwar enorme Beachtung. Der für den Captain unfassbar beste Veltliner war Jurtschitschs Sekt „Methode Jurtschitsch“ aus dem Jahr 2007 (ca. 18,50 Euro). Mehr Champagner geht nicht. Lange auf der Hefe, voll, aromatisch, Bisquit, elegant, dicht, druckvoll, schlicht enorm. Für diesen Sekt vergisst der Captain seine alte Liebe zu Bollinger und Co. Näher an der Schaumwein-Wahrheit war selten was. Und schon gar kein Grüner Veltliner. Und nichts aus Österreich. Groß. Über Jurtschists andere Experimente demnächst mehr.

Groß auch der Pinot Gris 2010 von Malat aus Furth. Wie es das Jahr verlangt nicht trocken, sondern mit einer geringen Restsüße (20 g) ausgebaut. Im gebrauchten Holz. Michael Malat kann mit Burgundersorten besonders gut umgehen, sein Chardonnay ist einer der besten im Land. Doch dieser Grauburgunder strotzt vor fast obszöner Delikatesse, er schmiegt sich an den Gaumen wie eine Prostituierte. Vordergründig mit großem Gerüst. Ein idealer Lieblingswein für den Rest des Jahres. Schnell zuschlagen (ca. 22,00 Euro), es gibt nur wenige Flaschen.

Kein Arschloch mit Darscho

Bleiben wir beim Chardonnay, da sticht der Darscho 2010 von Velich hervor (ca. 24,00 Euro). Der kleine Bruder vom Tiglat schließt immer mehr zu den großen Chardonnays des Burgunds auf. Ein zurückhaltender und stets auf Finesse ausgerichteter Holzeinsatz macht den Darscho zum Dauerläufer gegen die Puilly Fuisses dieser Welt. Herrlich.

Danach die Amphore: Grüner Veltliner 2009 von Ott (ca. 40,00 Euro). Schon einmal aus dem Fass gekostet, doch jetzt so richtig schön, reif und im Saft. Der einzige Amphorenwein mit populistischem Charakter. Kein Wunder, bei dem Winzer. In der Nase viel Kohlrabi und Radieschen, im Mund viel Mineralität. Darüber aber eine augenzwinkernde Subtilität, die die Amphore fast vergessen macht. Brot, Germteig, sogar Biskuit. Chapeau.

Captains Seher

Herausragend auch zwei Ausnahmeweine aus dem Weinviertel. Zuerst der knackige und sehr kühle Muskateller Marktweg 2011 vom Pollerhof (ca. 6,00 Euro), einer der süffigsten Trinkweine auf dieser VieVinum, populär, aber mit Anspruch. Und dann auch sehr genau in der Region verortet, nicht mit seinen Aromen herumhurend, sondern zurückhaltend mit Zitrus und Aprikose glänzend.

Dann der Riesling Selection süß 2011 von Seher aus Platt bei Retz (ca. 19,00 Euro), ein Wein, der nur aus Botrytistrauben geerntet wurde, das Gottseibeiuns der neuen Knochentrocken-Winzer. Doch dann weniger süß, vielmehr elegant, herrlich frisch, geradlinig trinkfreudig. Keine deutsche Stilistik, obwohl man daran zuallererst denken würde. Wie der Pinot-Gris von Malat, oder die Amphore von Ott ein Ausnahmewein aus Österreich, der so noch vor 10 Jahren nicht denkbar war und die Weinstilistik des Landes erweitert. Österreich kann viel mehr, als es sich oft zutraut. Das beweist auch der überraschendste und beste Rotwein, den der Captain getrunken hat. Er kommt auch von Seher aus dem Weinviertel. Und kostet fast nichts. Doch davon morgen mehr.

Man möge fachliche Fehler, Fallfehler und sonstige Wirrungen verzeihen. Dieser Artikel wurde mit mindestens 1 Promille geschrieben. Und das hat der Captain heute schon am Nachmittag intus.

 

Datum: 4.6.2012 (Update 7.1.2015)
 

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