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Verschluss-Sache: Die Korken knallen!

Umstritten unumstritten...
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In Deutschland tobt ein Kampf um den Weinverschluss. Es gibt nur ein Entweder. Oder ein Oder. Der Captain findet das dämlich. Und begibt sich auf ein Terroir, das schnell ins Rutschen kommt. Die Analyse einer absurd anmutenden Gegenüberstellung.

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In Deutschland tobt ein Krieg um den Weinverschluss. Da wird bei manchen Weinschreibern getan, als handle es sich beim Korkverschluss um einen gefährlichen Pfropfen. Eine Kompanie von Weininquisitoren macht sich im Netz breit, nur um über den Weinkorken und seine Hersteller herzuziehen. Als wäre diese uralte und lange erprobte Möglichkeit Weinflaschen zu verschließen ein Attentat auf den Rebensaft selbst. Diese Weininquisition macht sich fast durchgehend für den Schraubverschluss stark. Und hebt diesen in den Himmel. Zukünftig soll es nur mehr Schraubverschluss geben. Für alle Weine. Lächerlich.

Wenn es Krawall gibt, muss man an die Wurzel des Krawalls. Ein Krawall, der nur in Deutschland so lärmt, weil Deutschland eine ganz eigene Empörung kreiert. Der Aufruhr ist Teil einer Alarmgesellschaft, die sich von heftigen Postulaten nährt.

Kork war eine Katastrophe

An die Wurzel kann sich noch jeder Weintrinker und Weinsammler gut erinnern. Die Unzufriedenheit mit dem Korkverschluss begann etwa vor 10 bis 12 Jahren. Da machte jeder Weinenthusiast, jeder Gastronom, aber auch fast jeder normale Weintrinker die Erfahrung, dass die Qualität der Korken rapide schlechter wurde. Und das führte zu Korkfehlern. Bei vielen Weinen.

Dem Captain ist ein Extremerlebnis noch gut in Erinnerung, als er vor acht Jahren sieben Flaschen F.X Pichler Riesling Kellerberg öffnen musste, bis er eine Flasche ohne Korkfehler gefunden hatte. Soll heißen: Der Captain hat 300 Euro in den Gully gekippt. „Da geht einem“, wie der Österreicher gerne sagt, „der Feitel (das Klappmesser) in der Hosentasche auf“.

Andere Matrosen des Captain berichten Ähnliches. Es gibt quasi keinen Weintrinker, der in dieser Dekade keine negative Erfahrung mit Naturkork gemacht hätte. Und jedem dieser Weintrinker – und in der Folge auch jedem Gastronomen und jedem Winzer – hat dieser Qualitätsverfall Geld gekostet. Der Ruf nach Alternativen wurde immer lauter. Und die gab es rasch. Sehr simple Alternativen.

Plastik, Glas und Schraubverschluss

Schnell war der Plastikkorken auf dem Vormarsch, erfunden war er schon seit vielen Jahren. Er kam entweder als Korkimitat. Oder als bekennender Kunststoffpfropfen in bunten Farben. Nach dem Plastik geriet der Glasverschluss in Mode, eine edle und nobel anmutende Verschlussart, die auch elegant knackt, wenn man sie betätigt. Der Vorteil: Glasverschluss ist wiederverwendbar Der Nachteil: Glasverschluss ist teuer. Und die Winzer haben immer weniger Geld. Zeitgleich mit dem Glasverschluss kam noch ein vierter Flaschenkopf auf den Markt, ein Verschluss, dem niemand zuvor auch nur den leisesten Hauch einer Chance eingeräumt hätte: Der Schraubverschluss.

Doch gerade diese einfache und bei Massenprodukten wie Mineralwasser oft eingesetzte Methode schaffte es, sich in großem Umfang auch beim Wein zu etablieren. Heute stört es keinem mehr, wenn er eine Flasche „aufdreht“. Oder wenn der Sommelier das tut. Ganz im Gegenteil, der Schraubverschluss ist auch ein Zeichen önologischer Moderne geworden. Manche hippen Winzer pfeifen auf Naturkork. Insbesondere bei den jungen und frischen Weinen. Wieso, fragt man sich heute, ist der Naturkork vor zehn Jahren quasi über Nacht so schlecht geworden? Warum hat dieser doch recht sympathische Pfropfen tausende Weine vernichtet? Was hat ihn zum Täter gemacht. Die Antwort ist recht einfach: Es war die Bequemlichkeit.

Gute Korken, schlechte Korken

Jahrelang hatten die Korkerzeuger eine annähernd gleich große Anzahl Weinproduzenten zu versorgen. Sie hatten zudem das Monopol, denn Weinflaschen wurden fast ausschließlich mit Kork verschlossen. Eine Monopolstellung, das wissen wir, führt immer zu einer gewissen Gelassenheit. Und Nachlässigkeit.

Als dann plötzlich Mitte der Neunziger-Jahre die Weinproduktion rapide anstieg und Millionen Korken zusätzlich gebraucht wurden, da waren die Korkhersteller von dieser Nachfrage völlig überrumpelt. Sie hatten schlicht nicht geahnt, was da kommen würde. Und als die Bestellungen dann eintrafen, hat man in Portugal, Griechenland, Spanien, Italien und Marokko nicht lange über Qualitätssicherung nachgedacht. Sondern produziert, was die Wälder hergaben. Und neue Gebiete erschlossen. Zu schnell erschlossen. So kam es zum Desaster.

Es ist anzunehmen, dass die Korkproduzenten aus dem Dilemma gelernt haben. Und es ist merkbar, dass die Zahl der Korkfehler drastisch zurückgegangen ist. Das ist ja logisch, sagt die Weinblogger-Inquisition, weil es freilich viel weniger Flaschen mit Korkverschluss am Markt gibt, als früher. Da muss es ja weniger Korkfehler geben. Das, mit Verlaub, ist polemischer Blödsinn. Den Schraubverschluss nach knapp zehn Jahren zum einzig möglichen Verschluss hochzujubeln, ist angesichts der geringen Erfahrung mit Reifeprozessen arg übertrieben. Der Captain behauptet, dass der Konsument auf Flaschen mit gehaltvollen und teuren Weinen keinen Schraubverschluss sehen will. Sondern nur Kork. Der Captain will das eigentlich auch, er will keinen Léoville im Schrauber. Und auch keinen Riesling Auslese von der Saar.

Egal, im Laufe der nächsten Wochen wird der Captain sich in der Verschlusssache umhören. Und nachsehen, ob die „Naturkork-Mafia“, der „Schraubverschluss-Kamarilla“ etwas entgegensetzen kann. Nichts macht mehr Spaß, als ein Kulturkampf in Deutschland.

 

Datum: 10.9.2010 (Update 15.9.2010)
 

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