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Unser Winzer des Jahres 2009: Jörg Bretz

Klein, fein, enzigartig: Jörg Bretz in seinem Keller
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Ein Deutscher in Österreich. Jörg Bretz ist Captains Winzer des Jahres. Weil er unglaublich dichte Weine macht, fern aller Moden, selbstverpflichtet und weltvergessen, jenseits ökonomischer Zwänge. Die Ruhe selbst.

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Eigentlich wollten wir hier an Bord mit dem Winzer (der Winzerin) des Monats beginnen, jede erste Woche ein neuer Weinmacher(in), der (die) uns mit seinen (ihren) Weinen und seiner (ihrer) Philosophie überzeugt. National wie international. Riesen wie Zwerge. Alles egal, die Performance muss perfekt sein.

Am Ende eines Jahres soll dann immer der Winzer (die Winzerin) des Jahres bestimmt werden, der nicht notwendigerweise Winzer (Winzerin) des Monats gewesen sein muss. Und es soll ihn (sie) auch keine hochkarätige Jury wählen, sondern die kleine Mannschaft des Captain, die sich besprochen hat. So war es auch gleich beim ersten Fall, man ist am Frühstückstisch gesessen und hat gestritten. Wie so oft. Doch es ging um viel: Unser erster Winzer des Monats ist zugleich unser erster Winzer des Jahres.

Viele mag die Wahl verwundern, doch Jörg Bretz verkörpert genau das, wofür der Captain steht. Bretz macht sein Ding, zieht es durch und schaut nicht nach links oder rechts. Bretz hat es im Blut, das weiß er, das spürt er, daher kommt er manchen auch unnahbar, ja sogar arrogant vor. Seine individuelle Wahrheit kann nicht die Wahrheit jedes Winzers sein, denn Bretz ist keiner, der sich dem Geschmack der Massen anpasst. Und auch ökonomischen Zwängen nicht. Er ist ein Einzelkämpfer.

Und so sieht alles aus bei Bretz. Nach Einzelkämpfer. Ein schnell zusammengestellter Keller, das Notwendige in bester Verfassung, Zierrat und Design ganz weggelassen. Der Winzer selbst in einfacher Kleidung, ein mächtiger Körper, sanfte Rundungen, doch ein harter Kerl. Kein Luxus, nirgendwo. Sein Kapital ist sein Gespür für das Richtige.

Was ist das Richtige? Für Bretz ist es richtig, mit den Sorten der Region (Carnuntum und Burgenland) zu arbeiten, von der Natur zu lernen, die Weine ausdauernd reifen zu lassen und sie erst im Idealzustand auf den Markt zu bringen – sie so zu keltern, dass sie lange trinkreif bleiben.

Das klingt einfach, ist aber verdammt schwer. Verdammt schwer ist es, dieses Gefühl zu erklären, zu wissen, was es jetzt braucht, zu wissen, einen großen Wein zu machen. Auch zu wissen, dass man diesen Prozess nicht immer in Worten ausrücken kann. Deswegen muss man Bretz manche Sätze auf seiner Homepage verzeihen. Floskeln, die so ganz und gar nach Klischee klingen. Doch es gibt für dieses Gespür wenig Worte. Der Captain, selber jedes Jahr am Machen seines eigenen Weines, weiß, dass man weiß, das man es jetzt beisammen hat. Und dass man dafür keine Worte findet.

Was die Weine von Bretz so einzigartig macht, sind Vinifikation und Ausbau. Der Blaufränkisch Reserve 1997 beispielsweise kommt von sehr alten Rebstöcken, lag 24 Tage auf der Maische und wurde nicht gepresst. Der Wein lief frei ab.

Nach der Gärung kam er 12 Monate in ein großes Holzfass zur natürlichen Sedimentation. Erst danach wurde der Blaufränkische 60 Monate lang (!) in kleine, gering getoastete Eichenfässer gefüllt, um in Folge erneut 22 Monate (!!!) im großen Holz zu reifen. 24 weitere Monate ließ Bretz dem Blaufränkischen Zeit, sich in der Flasche zu fassen. Das macht insgesamt 118 Monate Ausbau, etwas über neun Jahre. Unglaublich.

Den „einfacheren“ Blaufränkischen aus dem Jahr 2000 hat Bretz 12 Tage auf der Maische stehen und dann sechs Monate im großen, 40 Monate im kleinen und erneut 16 Monate im großen Fass reifen lassen. Zuletzt lag er 12 Monate auf der Flasche. Eine irre lange Zeit.

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Ebenso verfährt Bretz bei seinen weißen Lageweinen, dem Chardonnay und dem Grünen Veltliner Buschberg. Sie bleiben vier Jahre in diversen Holzfässern und reifen ein Jahr auf der Flasche nach. So kann man nur arbeiten, wenn man kein Geld braucht. Oder erst gar keines hat. Bei Bretz war es letzteres, bis 2005 besaß er gar kein eigenes Land und hatte nur seinen Experimentierkeller, wo er die Zukäufe, deren Zucht und Ernte er überwachte, pressen und keltern konnte.

Dieser Fanatismus in Sachen langer Ausbau (der Captain kennt Vergleichbares nur aus Spanien) mag die Weine ja außergewöhnlich und trinkfertig machen. Gut müssen sie deswegen noch lange nicht sein. Oft, so denkt der Captain, sollte ein Winzer von seiner Ideologie lassen. Und ganz einfach guten Wein machen. Das muss er sich bei Bretz nicht denken.

Wie schmecken die Weine von Bretz? Der 97er Blaufränkisch Reserve riecht wie eine Torte, eigentlich wie ein feuchter Tortenboden, auf dem gerade noch ein paar gelierte Beeren gelegen sind. Dann ein bisschen weißer Pfeffer und Minze in der Nase. Im Mund dann sofort Süffigkeit und Trinkfreude. Dennoch komplex. Und auch kompliziert. Etwas schwarze Bitterschokolade. Und wieder Kräuter. Eleganz ohne Druck. Und total, wirklich total, das Gegenteil moderner, so genannter Parker-Weine.

Der leichtere 2000er riecht nach einem Bounty-Riegel und Disteln. Dann nach Brombeeren und ein bisschen nach der Kathedrale in Santiago de Compostella. Am Gaumen Holunder und gut eingebundenes Holz. Bei beiden Weinen bleibt ein präziser und langer Eindruck stehen, obwohl der Nachklang nicht allzu lange anhält. Der Captain kann sich aber beide Weine (wie auch den Chardonnay und den Veltliner von Bretz) noch immer am Gaumen wachrufen. Getrunken hat er sie zuletzt im September.

Diese Liste an Außergewöhnlichem ist es, die den Captain bewogen hat, Bretz zum Winzer des Jahres zu machen. Selbst seine einfachen Weine, die nur ein Jahr im Fass bleiben, tragen eine erkennbare Handschrift. Die Weißweine sind ein wirklich außergewöhnliches Experiment (vor allem der Veltliner Buschberg), das Bretz aber noch konkretisieren sollte. Der Captain und seine Besatzung sind der Meinung, dass Jörg Bretz eine ähnliche Aufmerksamkeit verdient hätte, wie Nicolas Joly in Frankreich. Hier keltert ein Großer. Holt Euch, was von ihm zu holen bleibt.

Weine von Jörg Bretz muss man direkt ab Weingut bestellen, dort werden auch die deutschen Bezugsquellen (alle in München) genannt und es gibt Angaben zur Biographie des Winzers. Die Mengen sind leider sehr begrenzt.





 

Datum: 3.12.2009 (Update 17.8.2011)
 

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