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Tscheppe-Eselböck

Jetzt aber fix, Eduard Tscheppe. Die Blätter sind ja schon ganz braun. (Foto: Gut Oggau)
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Bei diesem Namen kommt Obermaat Mally ins Sülzen. Denn Tscheppe-Eselböck heißt Burgenland at it's best. Und Mally ist Burgenländer. Man verzeiht ihm aber den Regionalpatriotismus, wenn man diese Weine kennt.
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Schnell versammelt sich die Crew zur feierlichen Übergabe des Ordens auf der Brücke. Der ranghöchste Unteroffizier Mally meldet dies an den fetten Ersten, der die Auszeichnung prompt an Stephanie Tscheppe-Eselböck und ihren Mann Eduard Tscheppe vom Gut Oggau übergibt. Der Winzer des Monats ist somit ein Ehepaar. Tscheppe-Eselböck und Tscheppe. Aber das passt hier einfach nicht in die Überschrift rein.

Ihnen zu ehren ein kräftiges: „Haaaabt acht und saluuuutiert!“ Danach wird feierlich zum Saufen abgetreten und ich mach mich mal schnell daran, über das schönste Winzerpaar des Burgenlands und auch ein bisschen über ihre Weine zu berichten.

Ja, die Tscheppes – auch wenn sie es nicht gerne hören – sind ein schönes Ehepaar. Schnell hingeschaut wirken sie etwas BOBO. Eine Zuschreinung, die sie ganz schnell ablegen, sobald man ihnen zuhört. Sie sind zum Glück nicht BOBO.

Beide Tscheppes sind geerdete, freundliche Menschen, die wissen worum es im Leben geht. Ihre zwei entzückenden Kinder grüßen freundlich, sind aufgeweckt und wohl erzogen. Eine kleine Anekdote nebenbei: Stephanie Tscheppe-Eselböck erzählte mir am Abend meines Besuchs: „Ich hab Edi nur geheiratet, weil er den besten Wein der Welt machen kann..“ Dieser zu erst wenig glaubwürdigen Erklärung kann ich inzwischen einiges abgewinnen. Und: ich würde ihn inzwischen auch heiraten.

Das Gut Oggau liegt in…? Erraten, in Oggau am Neusiedlersee. Die legendäre Weinfreistadt Rust liegt in Hörweite und den Neusiedlersee kann man in der Luft fast schmecken.

Zur Mally-Sülze ein Batzen Mally-Senf dazu…

Das Winzerpaar übernahm das traditionelle Gut Oggau mit seinen uralten Rebanlagen im Jahr 2007. Sofort begann man mit fortschrittlicher Bewirtschaftung im biodynamischen Sinn. Dazu muss ich natürlich gleich einen dicken Batzen Mally-Senf dazugeben:

Konventioneller Qualitätsweinbau war gestern. Kunstdünger, Bewässerung und Gift sind das Gegenmittel von bekömmlichen und aussagekräftigen Terroirweinen, die für ihre Gegend stehen. Sie machen die Reben träge und verhindern, dass ihre Wurzeln tief nach unten klettern. Kellertechnische Maßnahmen wie Reinzuchthefen oder Anreicherung mit Zucker nehmen dem Wein Charakter, machen in austauschbar und berauben ihn des Trinkflusses. Zumindest sehe ich das so und die Tscheppes ebenso. Alle Tscheppes (zum Beispiel auch Andreas), mit denen ich bisher zu tun hatte.

Bei Gut Oggau kommt kein Zucker dazu, die Weine werden nicht entsäuert, man verwendet keine Reinzuchthefen. Lediglich ein Hauch von Schwefel wird hinzugefügt. Zur Stabilisierung, bevor die Weine in die Flasche kommen. Aber erst dann und auch niemals mehr als der erwähnte Hauch.

Oberstes Credo ist es, charaktervolle Weine zu schaffen, die gut tun und ein enormes Genusspotenzial besitzen. Das alles schaffen sie bei wenig Alkohol und voller Tiefenkonzentration.

Endlich mal ein geniales Etiketten-Konzept

Nachdem der Fokus auf Weinen mit Persönlichkeit liegt, versuchte man ein eigenes Bild der Weinbeschreibung zu etablieren und ließ die Wiener Niederlassung der Hamburger Werbeagentur Jung von Matt auf der Basis eines Gegengeschäfts (Geistesblitze gegen Flaschenweine) ein eigenständiges wie geniales Konzept dafür entwickeln – wie hier am Schiff in grauer Vorzeit (2009) schon mal genau beschrieben wurde.

Das Konzept: jeder Wein trägt den weiblichen oder männlichen Vornamen einer Person, die es im Gut Oggau tatsächlich gibt oder gab. Das Gesicht dieser Person findet sich auf dem Etikett wieder.

Die jugendlichen, fruchtigen (aber nie einfachen) Weine sind die Kinder der Weindynastie und werden von jungen Gesichtern repräsentiert. Ihre Eltern bzw. ihr Onkel sind gestandene, erwachsene Weine. Die Großeltern sind besonders tiefgründige Weinpersönlichkeiten. Solche, die uns viel erzählen können und die es auch tun, wenn man sie lässt. Kein Wein wird auf herkömmliche blumige Art beschrieben, sondern mit Charaktereigenschaften. Wer wissen will, wie das genau aussieht, klickt hier.

Jahr für Jahr werden immer die gleichen Parzellen im Weingarten für die gleichen Weine verwendet. Somit bleibt der eigenständige Charakter jedes Weins bestehen. Wichtig ist zu sagen, dass die jüngste Generation der Weinfamilie nicht aus jungen Reben stammt.

Auch die alte Baumpresse muss herhalten – für Oma und Opa

Alle Weine stammen aus alten Anlagen und werden besonders schonend und langsam im Holzfass verarbeitet. Die einfachen Lagen werden für die Jugend verwendet und die hochwertigen für die anderen Generationen. Beim langsamen Ausbau geht man zum Teil soweit, dass man für die Pressung von Opa- und Omawein die besonders schonende und alte Baumpresse des Gutes verwendet. Weil die Arbeit mit diesem Gerät jedoch derartig zeitintensiv ist, beschränkt man sich darauf, die rarsten Weine des Hauses – die Großeltern – damit zu produzieren.

Der Erfolg bestätigt das Konzept. Die Weine der Tscheppes sind schwer erhältlich und manche bereits vor ihrer Abfüllung ausverkauft. Selten fand ich eine derartig faszinierende Serie wie hier. Was soll man also empfehlen? Ein Weingut muss an seiner Basis gemessen werden. Darum bespreche ich erst mal Theodora – die Jugend.

Theodora 2010 ist das Nesthäckchen der Weinfamilie und eine kecke Kreuzung aus Welschriesling und Grünem Veltliner, im großen Holzfass ausgebaut. In ihrer verspielten Jugend duftet sie frisch nach Kardamon, Lemongrass und Zitrone-Mannerschnitten.

Ihr Körper entspricht dem eines jungen Teenagers mit Ansatz zur Weiblichkeit. Sie ist fein, samtig und lacht gerne. Theodora ist DER Saufwein des Hauses und das auf wirklich hohem Niveau. Sie ist perfekt und nicht weniger als absolute Weltspitze – in ihrer Gewichtsklasse. Ein Meisterstück von einem Trinkwein, den die (in Österreich sehr populären) TV-Kabarettisten Stermann und Grissemann Woche für Woche in ihrer Sendung „Wilkommen Österreich“ nicht nur trinken, sondern tatsächlich vernichten.

Theodoras Vater heißt Joschuari. Er ist ein kantiger, herber, wortgewandter Blaufränkisch aus 2008, der zu seinen Wurzeln steht. In der Nase duftet er zart und kühl nach eingelegten Weichseln mit Zimtnelken. Mit ihnen schwimmen Orangenzesten, Pfeffer und ein unverkennbar mineralischer Unterton im weiten Burgunderglas. Ein Maul voll steiniger Saftigkeit, das den Gaumen vibrieren lässt und zum Philosophieren anregt.

Komm zu Mama, Mally…

Joschuaris Mutter heißt Mechthild. Sie ist eine raffinierte, grazile Grüner Veltliner-Dame und mit der schonenden Holzpresse verarbeitet worden. Vor mir steht eine Fassprobe des 2009ers, der aktuelle Jahrgang ist schon seit langer Zeit ausverkauft. Auf Mechthild 2009 muss man trotzdem nicht mehr lange warten. Sie wird im Oktober in Flaschen geleert.

Wahnsinn, diese reife Schönheit. Sie hat ein bisschen Parfum aufgetragen, aber nicht zu viel. Das duftet nach reifen Äpfeln und auch etwas nussig. Es sind keine lauten, sondern gediegene Noten, die ruhig und edel durch mein Glas ziehen. Der Körper erscheint üppig, mag es aber kaum sein und wirkte fast schüchtern, als er zuletzt mineralisch den Gaumen zittern lässt. Mechthild ist Understatement und absolute Übertreibung zugleich. Sie ist der Mittelpunkt einer jeden Gesellschaft und versteht es, spielerisch einen ganzen Tisch bei Laune zu halten. Was für eine Persönlichkeit.

Der Heurige des Gutes, der im Sommer von Donnerstag bis Sonntag geöffnet hat, eignet sich besonders gut für die Verkostung der hauseigenen Weine. Und die Wirtsleute Stephanie Tscheppe-Eselböck und Eduard Tscheppe sind sympathische und großartige Gastgeber. Ich danke der Familie für einen der angenehmsten Abende, die ich als Gast erleben durfte. Auf die Winzer des Monats September vom Gut Oggau.

  • Gut Oggau, Theodora 2010 (Welschriesling/ Grüner Veltliner, 12 % Alkohol) für 10,90 Euro.
  • Gut Oggau, Joschuari 2008 (Blaufränkisch, 13 % Alkohol) für 36,00 Euro.

Übrigens: der Gut Oggau-Wein Timotheus 2007 und 2008 wurden hier am Schiff im Sommer 2010 einmal zum Wein der Woche erklärt.

 

Datum: 14.9.2011 (Update 17.9.2014)
 

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