Heute um 21 Uhr spielen Belgien gegen Russland. Mal sehen, wer schneller fertig ist. Die Jungs in St. Petersburg oder der Captain in Rom, von wo aus er seinen Trinkbericht über einen ungewöhnlichen Chianti via Newsletter in die Welt verschickt.
Was ist ungewöhnlich an meinem Abendwein → Ulrico Chianti Riserva von Poggio Rozzi – Graf Toggenburg?
Nun, das fängt schon mit dem Winzer an: Eberhard Graf Toggenburg klingt wirklich nicht nach typischem Toskana-Winzer und ist es auch nicht. Erst Anfang der 2000er-Jahre kaufte die Familie Land im Chianti. Die Erfahrung mit Wein beschränkte sich aufs Trinken.
Aber von Landwirtschaft haben die Toggenburgs, deren tausendjährige Geschichte irgendwo im historischen Nebel der Ostschweiz begann, eine Menge Ahnung.
In Südtirol sind sie als Obstbauern bekannt, aber auch als Bewohner eines prächtigen Palais mitten in Bozen. Weil Ulrich Graf Toggenburg (Vater von Eberhard) die Lebenskultur der Toskana so verehrt, begab er sich auf die Suche nach einem Ort, der diesen Genius vorhält. In einem heruntergekommenen Weingut fand er den.
Vater und Sohn, der damals gerade sein Studium der Landwirtschaft in Wien abgeschlossen hatte, packten an. Eberhard machte in Siena noch schnell einen Weintechnologie-Master und 2007 kam der erste Toggenburg-Jahrgang in die Flaschen. Eberhard zum Captain: „Das war eine spannende Zeit. Wir sammelten Erfahrung und zahlten viel Lehrgeld.“
9,5 Hektar Weinland bewirtschaften die Toggenburgs unter Eberhards Leitung, der gerne die Traube in den Vordergrund stellt, wie man auf dem Bild oben sieht. Im Weingut gibt es noch drei Appartements, die man mieten kann, um in der Stille zu entspannen – siehe hier:
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Einmal pro Woche wirft Eberhard den großen Grill an und brutzelt Bistecca alla fiorentina für seine Gäste. Das würzige und durchzogene Fleisch ruft nach der geeigneten Begleitung – da kommt mein Wein, der nach Papa Ulrich benannt ist und im großen Holzfass reifte, wie gerufen.
Ein delikates Getränk aus 100% Sangiovese mit differenzierten Aromen und vor allem: einem angenehm-hellen Geschmacksbild, das im Kontrast zu vielen anderen Weinen der Region steht: Im Glas Rubinrot mit leichtem Cola-Stich. In der Nase herrlich-warme Kirschnoten, sanft geröstete Mandeln, etwas Kakaopulver. Im Mund sensorisch hell und rotfruchtig mit warmen Bitternoten und zarter Extraktsüße, die im Wein Volumen aufbaut. Ich schmecke Kirsche, Mandel, Blutorangenfleisch, Zitrusschalenabrieb, frische Kräuter mit dunkler Kopfnote und ein paar Krümel Bitter-Schokolade. Würzig-saftiger Rotwein, der zur Begleitung von Asia-Speisen und scharf angebratenem Fleisch sehr geeignet ist.
Eberhard zum Captain: „Wir gehen sehr behutsam vor und wollen starke Extraktion vermeiden.“ Das Ergebnis ist viel elegante Leichtigkeit trotz beachtlicher 14,5% Vol. Alkohol und hervorragender Substanz – siehe Weinbeschreibung unten.