„Carso“ ist ein Weinbaugebiet in Julisch Venetien. Zwischen den Städten Gorizia und Trieste. Das Carso verläuft auf italienischem und slowenischem Gebiet. Historisch gesehen Österreich. Ich will hier nicht den revanchistischen Monarchisten durchblicken lassen, der ich nicht bin. Tatsache aber: das Gebiet fehlt dem Land. Wie die Stadt am Meer.
Der Name Carso kommt aus dem slowenischen Kras, nicht zu verwechseln mit dem deutschen Gras, denn Kras ist das absolute Gegenteil einer grünen Region. Es steht für einen steinigen, unfruchtbaren Boden. Die karge Landschaft zieht sich vom triestinischen Hinterland bis zu den dinarischen Alpen, deren höchste Gipfel in Montenegro zu finden sind. Typisch für Karst sind unterirdische Flüsse und Karsttrichter, so genannte Dolinen, die dann entstehen, wenn der Boden sehr wasserlöslich ist.
Fällt viel Regen, wird der Untergrund ausgespült und gibt nach. Was bleibt sind Löcher mit bis zu 300 Metern Durchmesser und eine karge, ausladende vielleicht sogar unwirkliche Landschaft mit Kalk, Einschlägen und viel Geröll. Eine Mondwelt mit Flechten und Sträuchern. Und Weingärten.
Kalk: Die beste Voraussetzung für Säure
Der Kalk ist die beste Voraussetzung für feinfruchtige und salzig-mineralische Weine. Begünstigt wird dieser Zustand noch mit ein paar der radikalsten, eigenwilligsten und ohne Zweifel intelligentesten Winzerpersönlichkeiten. Hier ist ein Winzer noch kein Agrarmanager, der mit Önologen und Chemikern im perfekten Umfeld theoretischen Wein keltert; hier ist der Winzer ein permanent anwesender Arbeiter und Entscheider in Personalunion.
Die Winzer im Karst keltern Wein ohne viel Zutun. Genauso ungeschminkt und trotzdem reizvoll wie die Landschaft, die sie umgibt. Allen voran natürlich Edi Kante. Doch es gibt manch andere im Hintergrund, wie zum Beispiel Matej Lupinc oder Sandi Skerk. Etwa 100 Winzer für 100 Hektar.
Der große Rotwein der Region heißt Terrano und ist eine Spielart des Refosco. Die Unterscheidung ist nicht unwesentlich weil der Terrano im Karst üppigere Weine ergibt als der Refosco im Collio oder in der benachbarten Emilia Romagna.
Richtig geil
Typisch für den Terrano sind eine tiefdunkle Farbe und seine enorme Säure. Richtig geil wird der Terrano erst bei entsprechender Ertragsreduktion. Die daraus resultierenden Weine können von größtem Ausdruck sein, betörende Fruchtkomponenten mitbringen und zu tollen Speisebegleitern heranreifen. Wenn man sie lässt. Oft brauchen die Weine dieser Sorte einiges an Jahren um ihr Potenzial zu offenbaren. Gewinner ist wie immer der, der die meiste Geduld aufbringt.
Berglandschaften in Miniatur: Die Aufwerfungen im Karst…
Sandi Skerk ist Winzer im Karst und hat vor langer Zeit schon kapiert, dass man mit den regionalen Gegebenheiten sehr viel anfangen kann.
Skerk verfügt über ein überschaubares Weingut in der Nähe von Duino, einer wunderschönen Gegend am Meer, wo Rilke einst wankte und wirkte. Und sicher auch den Wein wirken ließ. Die Weine aus dem Karst galten in der alten Habsburg-Monarchie als Delikatesse, die wöchentlich mit dem Nachtzug von Triest nach Wien gebracht wurde. Der alte Ladeschuppen steht noch im Bahnhof von Aurisina, hier luden viele lokale Winzer auf. Zum Beispiel auch der Urgroßvater von Mario Simcic.
Cabernet meets Pinot: Und nichts davon ist wahr
Der 2008er Terrano DOC von Skerk sieht im Glas aus wie Cabernet-Sauvignon. Ein undurchsichtiger Blick in ein abgedecktes Teleskop. Bei einer verdeckten Verkostung würde dieser Terrano für viel Verwirrung sorgen, denn er riecht nach Kirsche und hellen Beeren. Wie Pinot Noir, in dem sich maximal ein bisschen Cabernet in Form von Cassis findet.
Der Terrano ist in der Nase aber verdammt kühl und duftet nach angequetschten Himbeeren, die darauf warten, mit Joghurt übergossen zu werden. Vielleicht auch etwas wie die Werkstatt eines Schusters. Einer der neue Schuhe macht und unbenutztes Leder verwendet.
Staubtrocken
Dann der erste Schluck. Staubtrocken! Und auf das Allerwesentlichste reduziert. Nein, das Zeug ist nicht dick. Ordentlich viel Säure, die sich erst einbinden muss. Gibt man dem Wein etwas Luft, so zeigt sich viel reifes, ungeschöntes Tannin; Tannin, das wie eine Abrissbirne die Stimmgabel Gaumen anschlägt und über Minuten schwingen lässt. Ein individueller und sehr trinkfreudiger Roter, der zu allem schmeckt, das auf einem Holzgriller endet.
Mein Meister des Terranos sitzt in Slowenien, gleich rechts hinter der Grenze, wenn man von Sandi Skerk kommt: Marko Fon! Und was die Verwandtschaft mit dem Refosco betrifft, konnte ich die weder geschmacklich (brutale Säure) noch optisch (großbeerig vs kleinbeerig) nachvollziehen. Terroir obsiegt ampelographische Verbundenheit!
Auch nicht zu verachten und mir wegen seiner Eigenwilligkeit sogar noch lieber, sind mir die Weine von Josko Rencel aus Dutovlje.
Das hier ist ja Internet. Haben Sie einen Link und ein paar Weine, die Sie empfehlen. Damit wir weiterkommen..
Zwar nicht aus dem Gebiet, aber dafür aus Teran:
http://drunkenmonday.wordpress.com/2010/12/28/weinrallye-40-autochthones-aus-kroatien-teran-von-roxanich/
Geiler Scheiß aus Kroatien!
Ich meinte natürlich den Terrano von Josko Rencel, wie wohl der Vitovska gleichfalls herausragend ist. Josko Rencel produziert auch eine süße (!) Terrano-Spielart. Rencel Weine sind in Österreich bei La Salvia (www.lasalvia.at) erhältlich.
ich vote auch für marko fon, was den teran angeht. so einen teran wie den von marko gibts meines wissens sonst nirgends.
falls auch über vitovska und malvasia abgestimmt werden darf. mein voting lautet gleich wie beim teran (den ich ja eigentlich nicht mag und bis zu herrn fons varianten als regionale eigenheit einer von mir sehr geschätzten region hingenommen hab).