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Die Familie Schönborn ist reich, sozial und ordentlich katholisch. Ein Angehöriger der Schönborns sitzt in Wien und leitet dort die Erzdiözese. Fast wäre er Papst geworden. Munkelt man.
Doch auch der göttliche Beistand hätte nicht gegen den Trupp Polizisten geholfen, der vor wenigen Tagen vor den Türen des Weinguts in Hattenheim/Rheingau stand und dort Computer, Unterlagen, sowie auch technische Utensilien beschlagnahmte. Der Grund: Betriebsleiter Peter Barth soll einige Weine mit Weinen aus anderen Gebieten verschnitten haben. Weiters wird behauptet, Barth habe eine unerlaubte Kühltechnik verwendet, um die Weine zu konzentrieren.
Dieser Vorwurf mutetet etwas seltsam an, denn die Weine im Rheingau bedürfen längst keiner Konzentration mehr, die Klimaerwärmung macht sie viel dichter und schmackhafter, als sie vor Jahren noch waren. Selbst im Arschjahr 2010 wäre dies nicht angemessen gewesen. Aber wer weiß?
Barths Arbeitsvertrag wurde von den Schönborns freilich sogleich beendet, sie hatten wohl auch keine andere Möglichkeit. Jetzt ist es natürlich leicht, auf Barth hinzuprügeln, ihn alleine verantwortlich zu machen (was er wohl ist), doch es gilt die Unschuldsvermutung. Und darüber hinaus gilt noch etwas anderes: Barth hat gute, sogar sehr gute Weine gemacht. Schönborn fiel diesem Schiff erst auf, als Barth das Zepter des Weinmachens in der Hand hielt.
Keller vor Weingarten?
Natürlich gab es immer wieder Indizien, die gegen eine gesetzesgerechte Herstellung der Schönborn-Weine sprach. Wer sich die Weingärten der Schönborns ansah, wurde einiger Lässlichkeiten ansichtig, die man bei anderen Weingütern nicht findet. War Barth der Keller wichtiger, als der Weinberg? Hat Barth gegen die gegenwärtig gültige Richtlinie „Weinberg vor Keller“ verstoßen? Und wenn? War das falsch?
Oder wollte Barth nur schnellen Erfolg? Tatsacheist, seine Weine waren besser, manchmal sogar deutlich besser als die seiner Vorfolger. Tatsache auch, kein Mensch wurde durch die eventuell erfolgten Manipulationen gesundheitlich gefährdet. Keine Sekunde lang. Das einzig Verwerfliche ist die Vorteilsbeschaffung gegenüber Winzerkollegen. Wenn es denn so gewesen ist, wie es sich jetzt darstellt.
Uuund Schnitt! Verschnitt.
Was soll geschehen sein? Einigen Grundweinen des Sekts wurde offenbar unerlaubt Schwefel entzogen, viele Spätburgunder der Schönborns wurden oft in hohem Maße mit Spätburgundern und anderen Rotweinen aus anderen Rotweingebieten (man munkelt aus der Pfalz) vermischt – das geschah auch mit Lagenrieslingen, nur kamen die Weine da offenbar alle aus anderen Rheingauer Lagen. Einigen Trockenbeerenauslesen wurde unerlaubt Weindestillat zugesetzt und ein Riesling bekam die böse Kühltechnik zu spüren. So die Vorwürfe der Behörde.
Graf Schönborn hat eine Liste der Weine ins Netz gestellt, die verfremdet und verfälsch sein sollen. Es handelt sich also um eine Rückholaktion. Doch der Captain würde – hätte er die Weine im Besitz – auf die Rückgabe verzichten.
Und das rät er auch allen, die diese Weine besitzen. Es ist doch interessant, verfälschte Weine zu trinken. Vor allem, wenn sie keinen gesundheitlichen Schaden anrichten. Was kann Barth? Was machte er aus Schönborn? Ist das Zeug vielleicht sogar groß? Und erst in ein paar Jahren so richtig gut trinkbar?
Graf Schönborn besitzt nun also eine perfekte Kollektion offenbar manipulierter Weine. Und wenn er klug ist, dann legt er sich diese Weine in den Keller. Etwa den 2009er Spätburgunder aus der Lage (oder nicht) Assmannshäuser Höllenberg. Der 2008er soll auch betroffen sein. Weg damit. Und ab in den Keller.
Genialer Arschjahr-Wein?
Gleiches gilt für die vorgeblich mit Weindestillat verfälschte Trockenbeerenauslese Erbacher Marcobrunn aus 2010. Das könnte ein genialer Arschjahr-Wein sein. Der Captain hätte kein Problem, das Zeug genüsslich runterzuschlürfen. Es sollte aber noch ein paar Jahre in Frieden ruhen.
Und ganz spannend müssen die vermeintlichen Riesling-Lagenverschnitte sein. Etwa die trockene 2011er Spätlese aus der Lage Lorcher Schlossberg. Oder Riesling trocken aus der Lage Rüdesheimer Berg Schlossberg. Her damit!
Bitte, danke!
Doch leider wird der Graf weder dem Captain noch anderen Weintrinkern diese Weine kosten lassen. Sie gelten als infiziert, als untrinkbar und reif für den Ausguss. So wird es wohl auch kommen. Man kann den Grafen also nur bitten, einige Weine aus der Fertigung Barths einfach wegzulegen. Und in ein paar Jahren – wenn sich die Aufregung gelegt hat – zu einer exklusiven Verkostung einzuladen. Bitte, Herr Graf, bitte!
Danke.
Ach, ärgerlich, um die Sache aus der Welt zu schaffen würde ich die Etiketten ablösen und den Wein neu als Tafelwein etikettieren, ab damit zum Restpostenverwerter, die glücklichen Käufer dürften sich freuen sowas Gutes mal probieren zu dürfen.
Natürlich nur sofern das gesetzlich zulässig ist, selbstverständlich, aber, dass der gute Saft jetzt weggekippt wird, fände ich auch übertrieben.
Danke.
Alles gängige Praxis.
Peter Barth hat m. E. absolut branchenüblich gearbeitet.
Er versteht sein Handwerk.
Ich würde ähnlich handeln in dieser Positon und mit dieser Verantwortung für viele Mitarbeiter.
Ich sehe keinen Skandal.
Jeden der Weine trinke ich gerne wenn ich Sie in die Finger bekomme.
Das teutsche Weinrecht ist faszinierent bürokratisch und buchstabenfixiert.
Teilweise sogar nur noch lachhaft.
Ob der Wein in der Flasche grotte/genießbar/gut/umwerfend ist stört die Weinprüfer nicht.
Die Liste der Mittelchen die weingesetzlich erlaubt im Keller zugesetzt werden dürfen, ist ein Kabinett des Grauens.
Über die Segnungen, die die Chemieindustie für den „Pflanzenschutz“ anbieten breiten wir an dieser Stelle gerne einen Mantel des Schweigens.
Liebe Weinexperten, bevor Ihr hier böse Kommentare schreibt, probiert die entsprechenden Weine. Dann könnt Ihr gerne meckern.
Also, ich bin über diesen Artikel erstmal glücklich. Zumal: Medien sind ja immer gepolt, in dem Fall ist es freilich so, dass die „Massenmedien“ einen Skandal wittern. Liest sich einfach besser als ein neutraler Tatsachenbericht.
Das der Capitain jetzt auch nicht gerade ein Graumaler ist, ist mir natürlich ebenfalls bewusst. Und wie wir es von ihm gewohnt sind, beleuchtet er es von der gegenüberliegenden Seite der „Massenmedien“. Eben der andere Pol.
Aber: Das ganze zu verharmlosen ist von Grund auf Falsch. Wenn auf einer Lasagne nicht drauf steht das sie Pferdefleisch enthält, sind schließlich auch alle panisch, obwohl das genauso wenig gesundheitsgefährdend ist, wie ein Herkunftsbetrug oder eine Falsch Deklaration bei Wein. Und solche Vergehen sind meiner Meinung nach auch hart zu bestrafen. Denn der Vorteil, den man sich zb. über unerlaubte Konzentrationsverfahren oder ins besondere über den Verschnitt mit Trauben aus anderen Regionen, die teilweise nur einen Bruchteil des heimischen Traubenmaterials kosten, ergattert, ist schwer zu unterschätzen. Werden solche vergehen nicht ausreichend geahndet oder gar verharmlost, wird das langfristig dazu führen, das solche Verfahren gängige Praxis werden. Einmal abgesehen davon, das es denen, die wirklich ehrlich sind, das Leben schwer macht.
Man weiß natürlich nicht, um wie viel es hier mengenmäßig geht, denn das ist natürlich nicht unwesentlich. Allerdings lässt die Liste nicht vermuten, das es hier um eine Kleinigkeit geht.
Ob der Wein gut schmeckt oder nicht hat mit dem ganzen herzlich wenig zu tun. Wenn man einem Süßwein Wasser zusetzt, tut man auch nichts gefährliches, viele Süßweine würden auch bestimmt einen kräftigen Schuss Wasser vertragen, ohne das das geschmacklich jemandem negativ auffallen würde. Und bei Preisen von 50 € und mehr (aufgerechnet auf einen Liter), kann man sich da ganz schön was rausholen. Jetzt ist nur die Frage, würden sie sich als Konsument darüber aufregen wenn sie eine Flasche Süßwein gekauft hätten und erfahren würden, das in dem Preis auch ein teil Leitungswasser enthalten ist?
Ob der Herr Schönborn die Weine weglegen wird ist auch eher zu hinterfragen. Das hängt stark davon ab, was damit passiert ist. Jedenfalls wird die BKI die Weine beschlagnahmen, bis die Umstände geklärt sind. Wenn es sich um ein vergehen handelt, das auch den Landweinstatus ausschließt, darf der Wein nicht in Verkehr gebracht werden. Dh. er kann ihn dann maximal selber trinken. (Inverkehrbringung=Gewinnen, Herstellen, Behandeln,
Lagern, Abfüllen, Verpacken, Bezeichnen, Ankündigen, Feilhalten, Verkaufen, Befördern,
Werben, Ein- und Ausführen sowie jedes Überlassen an andere zu verstehen, sofern es zu
Erwerbszwecken oder für Zwecke der Gemeinschaftsversorgung geschieht )
Trotzdem ist das grenzwertig. Wer eine TBA mit Weindestillat verfälscht sollte eigentlich an den Pranger gestellt werden und nix anderes. Es gibt einen Haufen Menschen die noch versuchen auf ehrliche, natürliche Weise Qualität zu erzeugen und nur weil ein Betrieb bessere Verbindungen in den Handel und in die Fachmedien hat, soll es einfach nicht so schlimm sein? Weil die „Qualität“ dafür spricht? Recht muss Recht bleiben, alles andere ist lächerlich. Und mit Qualität hat sowas aber überhaupt nix zu tun. Verschnitt mit anderen Lagen von mir aus, aber Wein aus anderen Weinbaugebieten? Fasswein zukaufen, kellertechnisch herrichten und dann schönes Etikett draufkleben ist in der Tat schon Usus in der Branche geworden, gibt zig Beispiele dafür. Und trotzdem – so what? Es ist nicht legal, und bleibt Verbrauchertäuschung. Auch wenns ach so nette Leute sind, und es nicht gesundheitsschädlich ist.
Was soll das denn jetzt, mein lieber Klimek? Werfen wir alle Vorsätze über Bord und schreiben für Panscherei? Hast Du mal die Weingärten gesehen? Die waren ganz und gar nicht bio, wie du das gerne hast. Verbrauchertäuschung ist auch Verbraucherverhöhnung. Dass du dich da nicht mal verrudert hast mit diesem komischen Artikel. Muss dich einer deiner Maate auf Kurs bringen?
Eins ist klar: Peter Barth hat es geschafft, eins der Rheingauer Schlossgüter zur Qualität zu bringen. Das ist in etwa so, als wäre Baden-Baden wieder mondän geworden.
Der Mann kann was und ich wünsche ihm und uns noch viele gute Jahrgänge.
Die Geschichte ist fast 1 Jahr alt.
http://www.yoopress.com/de/weinnews/weinszene/affaeren/10528.Weingut_Graf_Schoenborn_im_Rheingau_trennt_sich_von_Betriebsleiter_Barth_Unerlaubte_Konzentration.html
Wann ist denn hier die letzte saure Sommergurke serviert? 😉
Die Geschichte mag zwar alt sein, doch die Rückholaktion von Schönborn hat sie unnötig wieder ans Licht geholt. Das hätte sich der Graf sparen können, denn jetzt wird geredet, wie man sieht. Den Anfang hat keiner mitbekommen. Generell bin ich der Meinung, dass das mit der Entlassung schon ok war. Man macht solche Sachen einfach nicht. Und tschüss.
Was haben der Sommer, der Barth-Wein und das hier neulich angekündigte Meursault-Paket gemeinsam?
https://www.captaincork.com/Weine/bordeaux-veneta-und-lambrusco-po-fratta-maculan-lambrusco-caviccioli-weinempfehlung?Seite=1
Wurden gespannt erwartet, fanden aber nicht statt. 😉
Vom 2009er Spätburgunder konnte ich evtl. gerade noch vier Flaschen ergattern!
Für mich macht es den Wein auch ungemein spannend!
Mir ging es nicht um das Verteidigen einer Tat. Und schon gar nicht um die Schmälerung der Werke anderer Winzer. Hierzu habe ich heute schon zwei ernste Telefongespräche geführt. Mir ging es darum, diese Weine zu sichern und später zu beurteilen. Die Geschichte kam zustande, weil der Winzer die Weine zurückruft – eine wohl einzigartige Aktion..
Der Artikel muß so verstanden werden, dass es doch unerheblich ist, ob gepanscht , betrogen, gelogen wird. Hauptsache der Wein schmeckt und es nimmt niemand gesundheitlichen Schaden.
Diese Ansicht ist mir fremd und findet hoffentlich keine Anhänger.
Der Artikel wirkt auf mich mehr als unglücklich! Es liegt Betrug vor, wenn was drauf steht, hat auch das drin zu sein, erzeugt nach den entsprechenden Regeln. Und es gehört bestraft. Habe fertig.
Betrogen und gelogen wird schon genug in der Weinwelt. Fleisch aus Massentierhaltung, genetisch verändertes gemüse usw. kann auch gut schmecken, deswegen lehne ich es dennoch strikt ab; genau so wie gepanschter Wein, ob er gut schmeckt oder auch nicht, tut nichts zur Sache. Weg mit dem Zeug aber sofort!
Für all jene, die das wieder als Captains Beitrag zum Sommerloch abgetan haben: Der VDP hat – wohl auch wegen dieses Berichts hier und weiteren Berichten – heute eine Stellungnahme abgegeben, die wie folgt lautet:
VDP. Prädikatsweingüter nehmen Stellung
zum Stand der strafrechtlichen Ermittlungen
gegen einen ehemaligen Mitarbeiter im Weingut Schloss Schönborn
Die VDP.Prädikatsweingüter Deutschlands sind über den Umfang der jetzt vorliegenden,
erhobenen und eingeräumten weinrechtlichen Verstöße im Weingut Schönborn
erschüttert.
Der VDP prüft nun, wie auf die Vorgänge zu reagieren ist und welche Konsequenzen
für die Mitgliedschaft gezogen werden. Satzungsgemäß bestehen endgültige Handlungsmöglichkeiten
bis hin zu einem Ausschluss erst, wenn eine rechtskräftige Verurteilung
wegen eines erheblichen Verstoßes gegen weinrechtliche Bestimmungen erfolgt ist
(in dubio pro reo). Außerdem muss in Betracht gezogen werden, dass sich die Ermittlungen
derzeit ausschließlich gegen einen von den Aufgaben entbundenen Mitarbeiter
des Weinguts richten.
Präsident Steffen Christmann sieht eine besondere Schwere in der Beurteilung des Falles
gegeben, da für den VDP gerade die Besonderheit und Authentizität der großartigen
Herkünfte von zentraler Bedeutung ist und die eingeräumten Vergehen dieser Zielsetzung
des Verbandes diametral entgegen stehen: „Dieser Fall ist alles andere als eine
Bagatelle für uns, und wir werden alles in unseren Händen stehende tun, um Schaden
vom Verband und der deutschen Weinkultur abzuwenden.“
@charlie:
Sie waren wohl schon lange nicht mehr in Baden-Baden?
Was bedeutet Gentechnik oder Biodynamie für Sie? Sie, ich unsere Eltern Großeltern und so weiter – mit was ernähren wir uns denn? Was machen staatliche Saatzuchtanstalten? Und wer ist eigentlich dieser Gregor Mendel? 🙂
Der Zweck heiligt eben nicht die Mittel. Die Weinpanscherei mag gang und gäbe sein, für mich ist das Beschiss.
Ich möchte als Kunde wissen, was ich in der Flasche habe. Ich persönlich hätte keine Probleme mit „gemachten“ Weinen, wenn dies auf dem Etikett deutlich würde. Kaufen würde ich jedoch diese Weine nicht, da ich es spannender finde, was der Winzer unter den Bedingungen des jeweiligen Jahrgangs zustande bringt.
Ich wäre zutiefst enttäuscht, wenn ich mich nicht mehr auf die Winzer meines Vertrauens verlassen könnte, egal wie gut der Wein schmeckt.
Stimmt. Aber wenn es jetzt mondän wäre, würde ich es nicht merken.
Ich jedenfalls bin gegen diese Pantscherei…