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Wer an deutschen Rotwein denkt, hat meistens Spätburgunder im Kopf. Im schlimmsten Fall noch den Massenträger Dornfelder. Ach ja, und in letzter Zeit wird häufiger über den Lemberger gesprochen, der traditionell oft in Schwarzriesling. Aber der wurde bis jetzt gern übersehen.
Es gibt einige Erzeuger, bei denen diese Rebsorte alles andere als ein Schattendasein fristet. Die württembergische Weingärtnergenossenschaft Lauffen ist so ein Fall. Hier nimmt der Schwarzriesling fast 60 Prozent der Anbaufläche ein. Grund genug, sich bei diesen Spezialisten mal durchs Portfolio des Betriebes zu trinken. Vor allem, wenn man die Gelegenheit hat, dies vor Ort zu tun. Der Anblick der 54 Hektar terrassierten Steillagen der Lage Lauffener Katzenbeißer am Neckar lässt einem schon vor Verkostung das Wasser im Mund zusammenlaufen.
Das breite Überangebot macht einen – wie so oft bei Genossenschaften – zunächst ziemlich hilflos. Über ein Dutzend Schwarzriesling-Abfüllungen weist der Prospekt auf. Naja – don’t drink & write – ich habe mich auf ein paar Flschen beschränkt, um die Bandbreite des Schwarzrieslings dieser Genossenschaft zu demonstrieren.
Ein Katzenbeißer, der nicht in Katzen beißt
Schon beim 2009er Katzenbeißer Schwarzriesling Spätlese trocken „Friedrich Hölderlin“ bekommt man einen satten Wein geliefert, der auf selektiver Handlese, strenger Ertragsreduzierung durch Traubenteilung, Maischevergärung und Ausbau im großen Holzfass mit kleinen Anteilen von gebrauchten Barriques basiert. Neben der sortentypischen Sauerkirche steigen milde Röstaromen in die Nase, am Gaumen dann Anklänge an rote Johannisbeeren und Pflaumen. Ein zweifellos gelungener Einstieg.
So richtig geht die Post dann aber beim 2009er Schwarzriesling „Joshua“ aus der 4-Sterne-Kategorie ab. Mit 0,3 Gramm Restzucker pro Liter wurde er konsequent durchgegoren – mit diesem Wert gilt er nicht als trocken, sondern als knochentrocken!
Bitte warten – aber nicht unbedingt…
Der zunächst etwas knarzige Geschmackseindruck fächert sich bald in einen wunderbaren Aromencocktail auf: trockene Orangenschalen, Bitterschokolade und ein wenig Rauch verwöhnen die Geschmacksnerven, wobei sich das Holz angemessen dezent im Hintergrund hält. Säure und Gerbstoffe wirken zunächst etwas rau, die Kräuternoten noch etwas isoliert; der Kellermeister sieht seine optimale Trinkreife frühestens 2013 erreicht. Ein kleiner Nachtrunk aus der geöffneten Flasche ca. eine Stunde später demonstrierte aber, dass man sich diese Zeit lassen kann, aber nicht muss. Schon jetzt macht dieser Wein einen Riesenspaß und ist vom Sturmlotsen bereits fest für die nächste Hirschkeule vorgemerkt!
Nicht unerwähnt lassen sollte man den Top-Schwarzriesling der Weingärtnergenossenschaft Lauffen. Es lohnt sich, diesem Wein einige Jahre der Reifung im Keller zu gönnen. Denn der überwiegend in neuen Barriquefässern ausgebaute 2009er Schwarzriesling „Vinitiative“ zeigt sich noch arg verschlossen. Sein Potenzial lässt sich im jetzigen Stadium nur erahnen. Neugier auf großes Schwarzriesling-Kino weckt er allemal. Drum empfehle ich dringend: zuschlagen! Auf das Abenteuer „Wein mit Perspektive“ darf man sich bei diesem Schwarzriesling freuen.
Genossenschafts-Chef Ulrich Maile sieht im Schwarzriesling ein Riesenpotenzial – nicht nur, aber besonders in Lauffen. Schluck für Schluck wächst meine Zustimmung zu dieser Einschätzung. Auf Muschelkalk mit Kies- und Schotteranteilen entstehen dort enorm extraktdichte Weine, die längst ihren Siegeszug jenseits der schwäbischen Grenzen begonnen haben. Sorgen bereitet dem Obergenossen Maile allerdings der Jahrgang 2011. Spätfröste im Mai und Hagel im Hochsommer haben für empfindliche Einbußen gesorgt, bei einigen Parzellen sind gar Komplettausfälle zu verzeichnen. Im kommenden Jahr wird man eher zu wenig Wein im Lager haben. Noch ein Grund mehr, sich einen kleinen Vorrat Schwarzriesling von der WG Lauffen zu besorgen.
- Den 2009er Katzenbeißer Schwarzriesling Spätlese trocken „Friedrich Hölderlin“ gibt es für 6,50 Euro.
- den 2009er Schwarzriesling „Joshua“ für 14 Euro.
- den 2009er Schwarzriesling „Vinitiative“ Bestes Fass für 30 Euro (nur 300 Flaschen).