Spätburgunder Holzfass trocken
Der Captain trinkt Abendwein von OPEL. Ja, richtig gelesen. Das Weingut Schloss Westerhaus bei Ingelheim im nördlichen Rheinhessen gehört seit 121 Jahren der Autofamilie. Beziehungsweise auch dem eingeheirateten Grafen Johannes von Schönburg-Glauchau aus einer weitverzweigten Sippe, die ursprünglich aus Sachsen kommt.
Fürstin Gloriaaus Regensburg entstammt demselben Familienast wie Graf Johannes, der dem Captain eine Kiste mit Weinen schickte und fragte: Wie hat’s geschmeckt?
Ziemlich gut, antwortete der Captain und so kamen beide ins Gespräch. Erste Frage: Kann man ein so gewaltiges Anwesen mit Geld aus dem Weinverkauf erhalten?Alte Gemäuer sind schön, aber ständig geht was kaputt und das verursacht gigantische Kosten.
Geht so, sagte der Graf etwas nebulös und verwies auf eine weitere Geldquelle: die Vermietung als Filmkulisse. Sie glauben gar nicht, in wie vielen Krimis unser Zuhause schon zu sehen war.
Das stimmt. Grausamkeiten lassen sich in edlem Milieu einfach besser inszenieren. Im Bild unten siehst du die Schlossanlage. Ca. 30 Meter vor der Hauptfassade beginnt die Monopollage (leider nicht im Foto) des Weinguts namens Ingelheimer Schloss Westerhaus, die gen Osten ausgerichtet ist und in Zeiten der Erderwärmung ihre Stärken ausspielt.
Schloss Westerhaus ist das größte Hofgut Rheinhessens. Es steht auf dem Westerberg nahe Großwinternheim bei Ingelheim am Rhein. 1900 erwarb Heinrich Opel aus Rüsselsheim, einer der fünf Söhne Adam Opels, das Anwesen, um es zum Mustergut auszubauen. Zum Besitz gehört ein Gestüt mit markanter Reithalle. In den 1930er Jahren war Irmgard von Opel die damals wohl beste Reiterin der Welt im Military- und Springsattel. Seit 2006 führen in vierter Generation Ivonne Gräfin von Schönburg-Glauchau (geb. von Opel) und ihr Mann Johannes das Weingut.
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Ingelheim war früher ein hot spot der deutschen Rotweinkultur und schickt sich seit ein paar Jahren an, das wieder zu sein. Dazwischen lag eine Ära gnadenloser Terroir-Vergewaltigung für die Zucht von charakterlosen Massenweinen, die bis heute den Ruf Rheinhessens als Anbaugebiet prägen. Dabei drängt sich der hiesige Untergrund als Spielwiese für Winzertalente geradezu auf.
Kalk in allen Erscheingungsformen gibt es hier. Vom kargen Muschelkalk bis hin zu kalkhaltigem Löss voller Nährstoffe. Man muss halt damit umgehen können und das tun immer mehr Weinmacher der Gegend, über die der Captain gerne berichtet.
Dass der Graf irgendwann im Weinkeller stehen würde, hat er sich früher nicht gedacht. Von der Deutschen Bank über die Energiewirtschaft führte ihn der Weg aus dem Standesamt direkt ins OPEL-Weingut, wo man bislang eher nebenbei mit Weinen rummachte.
Die von Opels (der Adelstitel wurde ihnen 1917 verliehen – kurz vor dem letzten Zapfenstreich der Monarchie) waren umtriebige Menschen, die mit Nähmaschinen, Fahrrädern, Autos aber auch ganz anderem Zeug reich wurden. Zum Beispiel mit den ersten Kartoffelchips, die in Deutschland maschinell hergestellt wurden. Händler, welche die Marke Chio-Chips in ihr Sortiment aufnehmen wollten, wurden „überredet“ gleichzeitig einen Schwung Weinflaschen aus dem Familiengut zu bestellen.
Als Grafin Ivonne und Graf Johannes die Herrschaft auf Westerhaus antraten, waren sich beide einig: Wenn Wein, dann richtig. Ein talentierter Weinmacher wurde engagiert: Karsten Peter krempelte den Laden um und weihte den jungen Chef in seine Kunst ein. Graf Johannes: Er führte mir vor Augen, was man machen und wo man investieren muss.
Zwei Jahre lang half Peter beim Relaunch von Schloss Westerhaus mit, bis er weiterzog, um Gut Hermannsberg zu einem der besten Weingüter Deutschlands zu machen. Mit einem kleinen Team machte Graf Johannes weiter, entrümpelte die Weinberge und modellierte ein völlig neues Weinguts-Profil, das von Burgundersorten geprägt ist.
So ein Burgunder-Getränk ist auch der überraschend zartfühlige → Spätburgunder Holzfass trocken von Schloss Westerhaus, so feinwürzig, leichtfüßig und frisch kommt er daher und rinnt mir durch den Hals. Für diese Preisklasse ein wirklich erstaunlich delikater Burgunder mit niedrigem Alkohol: 12,5% Vol. Das ist Weißwein-Niveau! Im Glas sattes Rubinrot, durchscheinend. In der Nase rote Kirsche und frische Kräuterwürze wie von Frankfurter Grüner Soße mit zarten Eisen-Noten, dann etwas alter Balsamico und Bio-Kakaopulver. Im Mund würzige Mineralik und zarte Bitternoten von Blutorangensaft, kandierte Kirsche und viel Leichtfüßigkeit. Seine filigrane und frische Art macht diesen Wein zu einem rotfruchtigen Frühlingsbächlein, das die Kehle runterrutscht. Am Gaumen Thai-Basilikum und ein bisschen schwarzer Pfeffer.