X
Newsletter
X
X
Login
Passwort vergessen?


Konto erstellen

Johannisberg, lack mich!

Flieg nicht zu hoch, mein kleiner Freund...
Kommentare
Ähnliche Weine
Ähnliche Artikel
So schöne, leichte und filigrane Rieslinge hat der Captain schon länger nicht getrunken. Schloss Johannisberg bleibt ein zuverlässiger Vertreter des alten und neuen Rheingau. Ein Wein sticht besonders hervor.
Anzeige

Immer wenn die Rede auf Schloss Johannisberg und den Rheingau kommt, dann gibt es manche, die das Gesicht verziehen. Öde. Immer das Gleiche. Und der Einstiegsbereich, der Riesling Gelblack – zu teuer. Da gibt es besseres für weniger Geld.

Das hört der Captain oft. Und kann es auch verstehen.

Doch neulich verkostete der Captain wieder mal die Rieslinge von Schloss Johannisberg, diesem einzigartigen Weingut, das einst der österreichischen Familie Metternich gehörte und (kein Witz) bis heute noch jährlich fix vereinbarte Beträge an die Habsburger abliefert.

Doch Johannisberg gehört seit vielen Jahren schon dem Nahrungsmittelkonzern Dr. Oetker, der hier so gut wie nichts falsch macht.

Schloss Johannisberg ist eine geniale Konstruktion. Oben das Schloss, darunter die Hänge, eine grandiose Monopollage, die ihresgleichen sucht. Genial auch die Bezeichnungen der Weine. Sie sind lackiert. Und jeder Lack hat seine eigene Bedeutung. Das Konzept stammt aus Achtzehnhundertirgendwas. Heute würden Jung von Matt mit der Idee prahlen.

Gelblack ist der Gutsriesling. Und der ist – zugegeben – immer ein sehr guter, doch selten ein richtig besonderer Wein.

Der Captain wäre aber froh, wenn er den Gelblack öfter mal auf einer Weinkarte finden könnte. Sein Favorit aber ist der Rotlack. Die Kabinett-Variante. Und da vor allem der feinherbe. Der ist echt klasse.

Bei Schloss Johannisberg reagierte man auf das Verlangen der Konsumenten nach Verwirklichung neuer Trends im Weinbau. 50% des Lesematerials wurde spontanvergoren, die anderen 50% mit Reinzuchthefe zur Gärung gebracht.

Reinzuchthefe ist meist für sehr saubere Weine verantwortlich, die freilich schnell mal konform wirken. Johannisberg hat für den Rotlack feinherb eine leicht raue Komponente gewählt. Kein schlechter Weg.

Das Wesentliche an allen Rotlack-Weinen (und an vielen anderen Weinen Johannisbergs) ist eine frische Leichtigkeit, ein subtiles Aromenspiel ohne gigantischen Druck am Gaumen. Der Rotlack ist also ein anspruchsvoller Spaßwein, um diese eigentlich dumme Bezeichnung aufzuwärmen. Aber hier stimmt sie.

Der Auflageboden für den Rotlack ist nur 80 cm tief. Dann trifft die Wurzel schon den Fels. Er unterscheidet sich von den anderen Farben, ist der Jüngling der Familie, das verspielte Kind, der Springinsfeld, der gefallen will. Nicht anecken, aber auch nicht langweilen.

In der Nase Pfirsich, Birne, Zitrone, Brioche, ein Drops, dann nasser Kalk, etwas Pflaumenwasser, etwas Banane, aber ganz wenig. Im Mund dann absolut leicht, absolut tänzelnd, kein unnötiger Ballast. Und wenig Alkohol. Aber – ganz wichtig – das Feinherbe trägt keine Boxhandschuhe, drängt nicht ins Scheinwerferlicht, will nur da sein, präsent sein, elegant sein, nicht weiter wichtig sein. Absolutes Trinkvergnügen mit einer ausrecheichenden Lagerkomponente. Spaß pur.

Übrigens, im Schlossweingut wurde 1775 durch Zufall die Spätlese erfunden, als man gezwungenermaßen zu spät zur Weinlese schritt und bereits angefaulte Trauben in den Keller brachte. Ein mutiger Mönch beschloss, das vergammelte Zeug trotzdem zu keltern. Der Rest ist Geschichte…

 

Datum: 16.9.2017
 

Ähnliche Weine

 

Ähnliche Artikel