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Sachsen: Gold in der Flasche?

Das Gold nicht immer glänzt in Sachsen. Foto: Fotolia
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Unser Weintester Charles Bugnowski aus Sachsen hat 16 Hektar Gold vor der Haustür: Goldriesling, also Riesling in Gold?
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Warum gibt es Goldriesling?

Ich habe keine Ahnung warum es Beck’s Gold gibt. Gut, ich kann es mir denken. In Werbesprech ausgedrückt soll es „frisch, pur, echt, mild“ schmecken. Mit anderen Worten, wem das normale Beck’s zu normal und zu herb ist, der nehme bitte Gold.

Ähnlich verhält es sich mit manchen Rebsorten. Auch hier habe ich manchmal keine Ahnung, warum es sie eigentlich gibt.

Auf dieser Rebsortenliste steht der Goldriesling ganz weit oben. Wirklich neu ist die Kreuzung aus Riesling und Courtillier Musqué Précoce nicht. Sie bereichert die Weinwelt schon seit Ende des 19. Jahrhunderts.

Trotzdem hat es der Goldriesling nie geschafft, ein Star zu werden. An seinen Eigenschaften im Weinberg kann es eigentlich nicht gelegen haben. Er treibt spät, ist aber früh reif. Das macht ihn frostsicher. Auch bei Klima und Boden hält er sich in seinen Ansprüchen sehr zurück. Trotzdem ertragreich, gedeiht er auch dort noch, wo andere Sorten längst die Segel streichen würden. Das gefällt den Weinbauern.

Während er beim Wachstum das Aschenputtel gibt, entwickelt er sich spätestens im Weinkeller zur Zicke. Er neigt zur Übellaunigkeit, die der Kellermeister – wenn überhaupt – nur mit den größten Anstrengungen im Zaum halten kann. Sonst neigt er dazu, eine dünne Brühe zu werden. Die Ergebnisse schaffen es trotzdem oft nur als Federweißer ins Glas. Zum Trinken und schnell vergessen. Denn selbst die blumigsten Werbetexte beschreiben den Goldriesling höchstens als Terrassenwein mit geringer Lagerfähigkeit.

Ein echter Sachse

Mit diesem Wissen könnte ich den Goldriesling für mich einfach ad acta legen. Mit einer Anbaufläche von knapp 16 Hektar in ganz Deutschland sollte man ihn einfach ignorieren können. Zu dumm nur, dass diese 16 Hektar praktisch nur in Sachsen wachsen. Also genau um mich herum. Sie umzingeln mich sozusagen. Ohne Entkommen.

Ich habe auch lange überlegen müssen, wann ich das letzte Mal einen Goldriesling im Glas hatte. Das ist kein gutes Ohmen. Sei’s drum, ich gebe ihm eine Chance.

Ich greife mir einen Goldriesling. Nicht blind, ich greife zu einem 2011er Qualitätswein vom Weingut Schloss Proschwitz. Ein Weingut, mit dem ich bislang noch keine schlimmen Überraschungen erlebt habe.

Nach dem Öffnen empfinde ich eine gewissen Frische. Hat vielleicht etwas von unreifen Bananen und einem Spritzer Limonensaft. Ich erinnere mich an Weißweinschorle. Ok, Terrassenwein. Höchstens.

Aber sobald er mir durch die Kehle rinnt, kommt der Aha-Effekt. Schon mal versucht eine Tüte Eisbonbons zu keltern? Also diese klebrig-scharfen Dinger mit Fruchtauszügen aus Minze, Birne, Holunder. So schmeckt der Goldriesling. Ein Exot unter den Durstlöschern. Nicht mehr und nicht weniger.

Zugegeben, der Goldriesling macht schon Spaß. An einem schwülen Sommerabend. Oben auf einer Wiese an den Dresdner Elbschlössern, mit Blick auf die Stadt. Zu zweit. Vielleicht.

 

Datum: 24.1.2012 (Update 22.2.2016)