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Klein, kleiner, Kiemberger. Das Weingut aus Terlan in Südtirol hat gerade mal einen Hektar Weingarten. Da kann der Winzer Norbert Kofler jährlich auch nur knapp 3.000 Flaschen füllen. Das würde zum Leben nicht reichen, hätte er nicht den Obstbau zur Seite – die Butter aufs Brot.
Das Weinmachen ist Koflers enthusiastisch gelebte Passion, er experimentiert mit Ausbaumethoden und autochthonen Sorten und fand sehr schnell zu einem individuellen und mutigen Stil, den man inzwischen in ganz Südtirol kennt. Kofler hat viele Freunde und manch ein Önologe eines großen Weinguts erzählt schon mal ganz offen und ohne Neid von dem nahezu unbekannten Winzer, der da in seiner Garage ganz wunderbare Weine keltert. Wäre Kofler größer, dann würde man ihn wahrscheinlich nicht so freundlich weiterempfehlen. Aber weil Kolfer ganz klein ist, ist er auch kein großer Konkurrent.
Koflers Einstiegswein ist der weiße Terlaner 2012, eine Cuvée aus Chardonnay (etwa 70 %), Sauvignon blanc (etwa 20 %) und Müller-Thurgau. In der Nase gleich das Plastik einer frisch geöffneten Tupperwaredose, dann Veilchen, Mandarine und etwas englische Zitronenmarmelade. Mit etwas Luft folgen Pfirsich und Holunder, danach ein kleiner, aber intensiver Kräutergeruch, vom Sauvignon stammend, der sich in diesem Sortenmix ordentlich breit macht. Nachfrage beim Winzer: „Ja, 2012 ist ein bisschen mehr vom Sauvignon drin.“ Na bitte.
Bisschen Botrytis? Geht schon.
Im Mund dann intensiv fruchtig, wieder Pfirsich, verbunden mit Ribisel und einem kleinen, feinen Zuckerspitz. Der wird wohl von einem geringen Anteil der Edelfäule Botrytis kommen, den Kofler im Lesegut gelassen hat. Am hinteren Gaumen nimmt man einen mittlerer Nachhall wahr, der den Wein leicht konsumierbar macht.
Norbert Kofler ist 31 Jahre alt und hat sich schon vor seiner Volljährigkeit intensiv für den Weinbau interessiert. Die Familie hatte aber andere landwirtschaftliche Interessen und so musste Kofler sein Hobby lange Zeit selber finanzieren. Es entstanden ausschließlich Weine für den Eigengebrauch. 2001 erwarb er ein kleines Grundstück und begann dort Lagrein anzupflanzen, eine bekannte Südtiroler Sorte, die bislang nicht für qualitativ hochwertige Weine berühmt war. Bis Kofler kam.
Sein Lagrein Riserva ist eine gewaltige Überraschung. Dicht, kräftig und substantiell fruchtig, wie kein anderer Wein dieser Sorte. Was macht Kofler anders, dass dieser Lagrein wie ein großer Wein aus dem Valpolicella schmeckt?
Die Antwort: Kofler macht es genauso, wie im Valpolicella. Er kopiert die Methode der dortigen Amarone-Herstellung und legt einen Teil der Trauben für zwei Monate im Stadel auf Gittern zum Trocknen aus. Das andere Lesegut lässt er lange auf der Maische stehen und füllt es dann gemeinsam mit den vergärten Säften der angetrockneten Trauben in 500 Liter-Eichenfässer mit mittlerem Toasting ab. Hier reift der Wein 30 Monate, bevor er nach einigen Wochen Flaschenlager an die Händler geliefert wird.
In der Nase Kirsche, Minze, Kakao, Espresso und Heidelbeere. Dahinter Kohlrabi, Löwenzahn und junge Brennessl. Auch das tiefe, dunkle Rot im Glas ist für einen Lagrein extrem ungewöhnlich und kündigt das Volumen an, das dieser Wein im Mund bekommt. Unmöglich zu erkennen, dass es sich hier um Lagrein handelt.
Koflers Riserva aus 2010 muss sich nicht hinter den großen Weinen Italiens verstecken und zeigt, dass mach unkonventionelle Anbauweise auch außerhalb der tradierten Gebiete Sinn macht. Besonders wenn es sich um problematisch anzubauende und oft unvorteilhaft leichtgewichtige Weine handelt. Ich warte also auf den ersten Trollinger, der aus dem Saft luftgetrockneter Trauben gekeltert wurde.
Passito perfetto!
Und wie auch beim Lagrein trocknet Kofler die Trauben nach der Ernte an, in diesem Fall sogar bis Mitte Februar. So wird Koflers Passito zum Südtiroler Strohwein. Und zu einem regionsfremden Produkt zwischen allen Stühlen.
In der Nase Apfel, Holunder und neuerlich ein paar Gemüsetöne, am Gaumen brilliert eine delikate Kälte gemeinsam mit einer von Säure gekonterten, folglich niemals banalen Süße. Ein extrem individueller Wein, der immer ausverkauft ist und den man beim Händler vorbestellen muss. Ein kurzes Fazit: Nicht auszudenken, wie weit voran es den Südtiroler Weinbau bringen könnte, würde man ein Talent wie Kobler ein großes Weingut leiten lassen. Oder gedeiht Geniales vielleicht doch nur in der Überschaubarkeit des Winzigen?
- Terlaner 2012 von Kiemberger für 10,80 Euro.
- Lagrein Riserva 2010 von Kiemberger für 29,50 Euro.
- Passito 2011 für ungefähr 26,00 Euro.
Hallo,
mit Verlaub: Es gibt eine ganze Reihe von sehr guten Lagrein-Weinen. Wer der erste Winzer war, der “ Lagrein-Amarone“ gemacht hat weiß ich ehrlich nicht. Aber den Lamarein von Josephus Mayr sollte man nicht unter den Tisch fallen lassen. Er macht übrigens einen sehr guten Lagrein Riserva.
Grüsse Wine Nerd
Ebenso hier…ich kenne auch einige sehr ausdrucksstarke (eben gerade dichte und fruchtige) Lagrein Weine und mich wundert die im Text leicht durchschimmernde Lagrein Skepsis (oder habe ich diese nur hineininterpretiert – dann Pardon). Kellerei Bozen, Abtei Muri, Lageder…überall Top Lagrein Weine. Für mich eine tolle Rebsorte – absolut mit dem Potential für große Weine…
Ich habe sie wirklich fast alle porbiert, die südtiroler Lagreins, von Porphyr bis berger gei, aber am besten sind meiner Meinung nach die Lagreins vom Plattner, in der balsamischen Struktur vergleichbar mit den Blaufränkischen von Uwe Schiefer. Vom Kiemberger kenne ich bisher leider nur den 2011er Traminer, der mich nicht überzeugt hat.
Terlaner…
Die meisten Lagrein werden immer noch rustikal und leichgewichtig ausgebaut. Die Sorte, eigentlich ja fast ein Teroldego, hat Potential, dieses Potential hat aber eine Grenze. Ich würde das Potential mit dem Potential des St. Laurent vergleichen. Und ebenda kommt es auf den Winzer an..
@A.Hofer, da muss ein Missverständnis vorliegen, denn Traminer habe ich noch nie ausgebaut, wird aber in 3 Jahren soweit sein.
@kiemberger : glückwunsch!
verkaufen sie ab hof? welche önotheken beliefern sie im meraner raum?