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Südtirol: Drei Gläser Blau

So lange wie diese Flaschen sollten die Südtiroler Blauburgunder nicht im Keller liegen bleiben...
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Der Captain poliert sein Chiantiglas, die Maate den großen Kelch. Denn Stylemaat Küblbeck hat aus Südtirol drei blaue Pinots mitgebracht. Und die sind anders, als man denkt.
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Der Gambero Rosso ist Italiens derzeit einflussreichster Restaurantführer. Und er hat – ähnlich wie der Gault-Millau – einen Weinführer im Gepäck. Die ersten Meldungen und Gerüchte zum Gambero Rosso 2013 zeichnen das gewohnte Bild: in vielen Regionen werden genau jene Weine hoch bewertet, die schon in den Jahrgängen zuvor gut ankamen.

Das ist auch nicht zwingend falsch, doch natürlich hat die Sache immer einen schalen Beigeschmack. Nämlich dann, wenn in der Top-Kategorie – die mit den begehrten „tre bicchieri“ (drei Gläser) ausgezeichnet wird – gepflegte Langeweile herrscht.

Gambero Rosso 2013: wohl nichts neues

Der Gambero Rosso steht mit diesem Problem freilich nicht alleine, doch das ist ein anders Thema. Gewohnte Namen liest man auch in der Südtirol-Abteilung des Gambero: von Muri-Gries über die Genossen aus Terlan und Tramin bis hin zu Alois Lageder – wenig neues, wenig seltenes.

Überraschend – und besonders auffällig – aber ist, dass kein einziger Blauburgunder oder Pinot Noir mit der Höchstnote geadelt wurde. Und das, obwohl man bisher davon überzeugt war, dem Pinot Noir gehöre Südtirols rote Zukunft. Diesmal nicht.

Blauburgunder: jetzt erst recht!

Dabei fange ich mittlerweile sogar an, den ewigen Sermon vom großen Südtiroler Blauburgunder zu glauben. Kurzentschlossen schnüre ich aus meinen Notreserven, gut versteckt in den hintersten Winkeln des Schiffsbauchs, ein kleines Blauburgunder-Jetzt-erst-recht-Paket und schaffe es hoch in die Kombüse.

Die versammelte und durch die Bank hungrige und durstige Maate-Meute staunt nicht schlecht. Schmeckt das denn? Wie Burgunder? Nein, sage ich, das tut es nicht. Wer einen Südtiroler Blauburgunder sucht, den man blind ins Burgund verorten würde, sucht ohne Sinn und Hoffnung.

Was Südtiroler Blauburgunder aber kann, ist einen Beitrag zur Vielseitigkeit von Pinot beizutragen. Die Zeiten von krampfhafter Überholzung sind in Südtirol zum Glück lange vorbei und was manche Kellerei und einige Winzer heute auf die Flasche bringen, zeigt Profil, Charakter und Können. Drei Gläser soll es heute geben. Drei Gläser voller Blauburgunder, zum Trotz und zum Trost.

Hie und da kleine Speckpölsterchen

Der Captain angelt über die Schulter sein Chiantiglas vom Regal, zu dem er eine Beziehung pflegt wie Erna Koschnitzke (jetzt mal „gugeln“, Matrosen) zum Dorfpostboten. Der übrigen Mannschaft setze ich je ein bauchiges Burgunderglas vor die Nase.

Denn die Weine aus meinem Survival-Kit sind eher vollschlank, hie und da mit kleinen Speckpölsterchen versehen. Aber nicht so, dass man um eine gefährliche Verlagerung der Körperschwerpunkts fürchten muss. Der erste Wein kommt aus dem bekannten Klosterweingut Muri-Gries, das sonst vor allem für seine Lagrein Riserva bekannt ist. Immer gut gemacht, immer spaßig, immer ausverkauft. Nicht so die Blauburgunder Riserva oder gar der einfache Blauburgunder.

Und genau um diesen geht es jetzt. Der Wein aus 2010 fließt dicht und relativ dunkel ins Glas. In der Nase gleich viel Stallgeruch und kleine, überreife Erdbeeren, dazu etwas Brot.

Insgesamt ein fast schon deutsches Profil, allerdings etwas wärmer und breiter. Der Gaumen zeigt sich mollig, mit einem dunklen, leicht süßlichen Kern, guter Länge und einem sehr salzigen Nachhall. Ein guter Speisenbegleiter im Herbst ein echter Bringer, der auch noch das eine oder andere Jahr aushalten dürfte.

Nach dem Schluck ist vor dem Schluck. Und so sind die Gläser schneller leer als irgendjemand an Bord Arschjahr sagen kann. Und wieder voll. Mit einem Blauburgunder, den es kaum zu kaufen gibt.

Nicht für ewig sondern für jetzt

Das Weingut Schmid-Oberrautner füllt insgesamt nur etwa 100.000 Flaschen jährlich. Ein Bruchteil davon entfällt auf den Wein, den wir jetzt im Glas haben. Die Trauben für die 2009 Villa Schmid Riserva stammen aus der Lage Mazzon und wurden im großen Holzfass und gebrauchten Barriques ausgebaut.

Die Nase gibt sich zunächst sortentypisch und mineralisch-würzig. Dazu kommt ein kräftiger Schwall warmer Kuhrücken und Preiselbeeren. Der Wein kommt im Mund sehr rund daher, eine passende Säure beschleunigt den Trinkfluss. Nicht ewig aufzuheben, aber jetzt perfekt. Für kleines Geld.

Viel kernige Kühle

Der Dritte im Bunde stammt ebenfalls aus 2009 und kommt von der Kellerei Girlan. Die Blauburgunder Riserva Trattmann verbrachte 12 Monate im Barrique und weitere 12 im Tonneau. In der Nase ist er mit Abstand der frischeste der drei mit saftiger Herzkirsche und einer kernigen Kühle. Der Gaumen kommt sauber und ausgewogen daher und zeigt einen traumhaft mineralischen Griff. Enorm extraktreich, enorm tief, enorm lagerfähig. So darf und so muss er sein, Blauburgunder aus Südtirol. Drei Gläser? Egal.

  • Bluaburgunder 2010 von Muri-Gries für 8,90 Euro.
  • Villa Schmid Blauburgunder 2009 für 12,70 Euro.
  • Blauburgunder Riserva Trattmann 2009 von der Kellerei Girlan für 16,90 Euro.
 

Datum: 26.9.2012 (Update 8.1.2015)
 

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