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Russland: Obelix an die Krim?

Der Dicke liest sogar deutsche Zeitschriften. Wenn er auf dem Cover ist... (AP, AFP)
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Russischer Wein ist schlecht. Sagen selbst die Russen. Haben sie Depp-ardieu zu diesem Zweck geholt? Doch das Wrack ist definitiv der falsche Mann. Der Captain hat zwei russisch-ukrainische Weine gefunden, auf die man bauen kann.
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Wer ist der dickste, lächerlichste und berühmteste Steuerflüchtling der Welt? Genau: Gerard Depardieu. Niemand hat seinen Ruf binnen kurzer Zeit derart ruiniert, wie der einst so beliebte französische Volksschauspieler, der vor dreißig Jahren noch ein Held des intellektuellen Autorenkinos war.

Doch nun sind auch die letzten treuen Linken auf Obelix böse. Weil er sich nach Russland abgesetzt hat, wo er nur 13 statt 75 Prozent Einkommensteuer zahlt.

In Russland, so sagen zynische Zungen, könne Depardieu – der ja nebenberuflich auch Winzer ist – gleich zur Sache kommen und besseren Wein keltern. Die Hilfe offizieller Stellen ist ihm dabei sicher.

Doch Gott bewahre! Depardieu ist ein begnadet schlechter Weinmacher. Auf jeden Fall beschäftigt er uninspirierte Önologen, denn sein Prestigeweingut Château de Tigné bringt bloß durchschnittliche französische Weine auf die Flaschen. Und für diese zahlt man auch noch einen stolzen Preis.

Depp-ardieu hat keinen Importeur

In Deutschland haben Depardieus Kreationen nach wie vor keinen namhaften Importeur. Trotz vieler klug lancierter Reportagen in Hochglanz- und Intellektuellenmedien. Das Zeug schmeckt einfach nicht gut genug.

Russlands Weine, so sagen selbst Russen, haben kein hohes Niveau. Russische Weine sind plump, oft schwer und süß und zur Gänze industriell gefertigt. Mag sein, dass es im ehemals wesentlichsten Anbaugebiet, der Krim (heute Ukraine), irgendwo auch einen Nischenwinzer gibt, der individuelle Weine keltert. Nur hat ihn bislang keiner gefunden.

Süße Spitzenweine

Erstaunlicherweise kommen die besten russisch-ukrainischen Süßweine aus einem riesigen Staatsunternehmen. Der letzte russische Zar Nikolaus II ließ Ende des 19. Jahrhundert in der Nähe des Dorfes Massandra das gleichnamige Weingut errichten, das heute etwas mehr als 2.500 Hektar sein Eigen nennt.

Ein Riesenbetrieb also, der seit jeher ganz Russland mit schweren, meist süßen Spitzenweinen versorgen soll. Das Besondere an Massandra: Die Önologenfamilie Yegorow steht seit Beginn an der Spitze der Firma. Das garantiert eine qualitative Stabilität, die auch in Zeiten kommunistischer Mangelwirtschaft gehalten werden konnte. Davon kann man sich im historischen Weinkeller von Massandra überzeugen.

Der Captain hatte zuletzt eher zufällig den Krimski Liwadia im Glas, ein roter Jahrgangsverschnitt aus Cabernet-Sauvignon, mit einer gewissen Restsüße, die manche als aufdringlich beschreiben würden.

Wenn man dieses Vorurteil mit dem ersten Glas hinuntergespült hat und sich leicht angeheitert in einem sibirischen Winterschloss wähnt, dann kann man die Liebe der Russen zu dieser Art Wein gut verstehen.

In der Nase viel reife Pflaume, auch in Rum eingelegte Kirschen und etwas Pfirsich. Danach Minze, dunkler Tabak und ein wenig geräuchertes Fleisch. Im Mund sehr saftig, opulent und nur dezent süß. Der gewaltige Alkohol (19 %) hält sich im Hintergrund. Das zeugt von guter Kellertechnik.

Ebenso als eher dezent einzustufen ist der Schwarze Doktor 2008, eine restsüße Auslese aus einigen autochthonen Rebsorten, etwa Kethessia, Lapa-Kara oder Dzawat-Kara. Nie getrunken? Der Captain bislang auch nicht. Aber jetzt. In der Nase wieder viel reife Pflaume, danach warme, flüssige Schokolade, etwas Wacholder, Hagebutte, Espresso und auch ein sympathischer kleiner Kellermuff, eine wohl gewollte Unsauberkeit, die Charakter geben soll.

Creme und Charakter

Im Mund sehr cremig und bis in die Kehle kräftig. Wieder Pflaume, dann Schokolade und Cassis. Nicht gerade vielschichtig, aber auf elegant getrimmt. Am ehesten mit einem guten Tokajer vergleichbar.

Die wenigen trockenen Rotweine von Massandra sind teuer und können nicht mit gleichwertigen Weinen aus Südeuropa mithalten. Doch sind sie immer noch besser (und mitunter billiger) als der Château de Tigné des Genossen Depp-ardieu. Mein Rat an die Russen (und Ukrainier): Lasst den Dicken nur ja kein Weingut kaufen. Nur weil er Franzose ist, kann er es noch lange nicht besser.

  • Krimski Liwadia Cabernet-Sauviginon Jahrgangsverschnitt für 15,00 Euro.
  • Schwarzer Doktor 2008 für 22,90 Euro.
 

Datum: 16.1.2013 (Update 12.1.2015)
 

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